„Es gibt immer eine Lösung“
Der 3. Sektor: Was ist das? Wer darf, wer darf nicht hinein? Wer hat Vorteile, wer Nachteile?
Latsch - Es wäre wohl der Idealfall, wenn am Ende des Info-Abends die Zuhörer wie das Strichmännchen auf der 1. Folie einen Luftsprung machen und freudig die Arme hochstrecken würden. Die Überfülle an Informationen ließ es nicht zu. Auf die Einstiegsfolie zum Vortrag „Wir fördern das Ehrenamt“ mit Ulrich Seitz, Direktor des Dienstleistungszentrums für das Ehrenamt (DZE) Südtirol, und Thomas Girotto, Experte des 3. Sektors und Wirtschaftsberater, schauten 42 Zuhörer, darunter Bürgermeister, Gemeindereferenten, Vereinsfunktionäre, Obfrauen und -männer im CulturForum von Latsch. Zum Vortrag geladen hatten der Parlamentarier Albrecht Plangger, SVP-Bezirksobmann, Dieter Pinggera, Bürgermeister in Schlanders und Bezirkspräsident, die Gemeinde Latsch und das DZE Südtirol. Es sollte ein Info-Abend werden zum Thema „Ehrenamt und staatliche Reform ‚Dritter Sektor‘“.
Südtirols Nervensystem
Es ging sozusagen um das Südtiroler Nervensystem schlechthin, wenn man bedenkt, dass jeder 3. Südtiroler ehrenamtlich engagiert ist. Allerdings ruft der Ausdruck „staatliche Reform“ in den Köpfen vieler Südtiroler das Bedürfnis wach, eine Kerze anzuzünden: „Gott schütze uns vor staatlicher Bürokratie!“ Abgesehen davon, dass die landeseigene Bürokratie der staatlichen in nichts nachsteht, wussten auch die Vortragenden über diese Situation Bescheid und bemühten sich, kompetent aufzumuntern, zu beruhigen – „es gibt immer eine Lösung“, motivierend und aufklärend zu wirken. Es mussten nach Zwischenrufen aus dem Publikum immer wieder die erheblichen, steuerrechtlichen Vorteile für jene betont werden, die Anrecht haben, in das staatliche Einheitsregister des Dritten Sektors (Registro unico nazionale del terzo settore, RUNTS) eingetragen zu werden. Die Rede war von bis zu 35% Absetzbarkeit der Spenden, Befreiung von GIS, Stempelsteuer und Registergebühren, vom Entfallen der Mehrwertsteuerpflicht und Möglichkeit der vereinfachten Buchführung. Um nur einige der Vorteile zu nennen. Viele Minuten des knapp dreistündigen Vortrages wurden aufgewandt, um zu erklären, wie „öffentliche Spendensammlungsaktionen“ (Fundraising) ablaufen könnten. Damit wurde der übliche Festbetrieb angesprochen, durch den sich viele Vereine finanziell über Wasser halten.
Erträgliche Nachteile
Schonungslos wurden auch die Nachteile der oben genannten Eintragung aufgelistet. Es müsse eine Ehrenamtlichkeit, also Tätigkeit von Freiwilligen feststellbar sein. Transparenz müsse vorherrschen. Zweckfremde Tätigkeiten müssten limitierbar sein. Kontrollen seien möglich; aber sicher nicht aus Rom, sondern wenn schon vom DZE in Bozen. Immer wieder wurde auf die Tatsache hingewiesen, dass alle Kompetenzen in Südtiroler Hand bleiben würden. Albrecht Plangger wies auf die Rolle der Verbände hin, die für die Mitgliedsvereine die Eintragung ins Register erledigen würden. Ein konkreter Vorschlag, das DZE könnte eine wöchentliche Sprechstunde im Bezirk Vinschgau abhalten, kam vom Josef Trafoier, Schluderns. Am Ende des Vortrages bedankte sich die Latscher Kulturreferentin Maria Kuppelwieser als Gastgeberin „für mehr Klarheit“ und brachte die Beziehung der Vereine mit der SIAE zur Sprache. Laut Bezirkspräsident Pinggera sei der Vinschgau derzeit ein „SIAE-Niemandsland“ und die Agentur in Schlanders nicht besetzt.
