„Es gibt keinen Plan, Europa zu islamisieren“
Schlanders - Einen Einblick in den Islam vermittelte am 12. November Paolo Renner im Kulturhaus in Schlanders. Der Vortrag des Professors für Fundamentaltheologie und Religionswissenschaft gehörte zum Rahmenprogramm der Ausstellung „Weltreligionen – Weltfrieden – Weltethos“. Paolo Renner holte weit aus. Er spannte einen Bogen von der Zeit in Arabien vor dem Islam und des Wirkens von Mohammed, dem Religionsstifter des Islam, bis hin zu den verschiedenen Strömungen im Islam. So gibt es nicht nur die Sunniten und Schiiten, sondern noch viele weitere Glaubensgruppen. Allen Strömungen gemeinsam sei der Glaube an den barmherzigen Gott: „Der Muslim bekennt sich zum Gott des Erbarmens.“ Wer Unschuldige tötet, ist laut dem Islam kein Märtyrer. Der Islam lehre, Andersgläubige zu respektieren. Auch über gegenseitige kulturelle und religiöse Einflüsse zwischen dem Judentum, dem Christentum und dem Islam berichtete Renner. Wie es in der Vergangenheit auch innerhalb des Christentums geschehen ist, sei es auch innerhalb des Islam zu Trennungen, Spaltungen und Konflikten gekommen, die viel größer seien als die Auseinandersetzungen mit anderen Religionen bzw. Weltanschauungen. „Wir dürfen der islamischen Religion nicht Dinge zuschreiben, die nicht zum Islam gehören“, mahnte Renner. Extremisten und Fanatiker gebe es in allen Religionen. Der Ku-Klux-Klan z.B. habe ebenso wenig mit dem wahren Christentum zu tun wie extreme Bewegungen, die im Namen des Islam töten und Anschläge verüben: „Es gibt eben überall solche und solche. Im Islam, im Judentum und im Christentum gibt es gleichermaßen Friedens- und Kriegsstifter.“ Als nicht angebracht findet es Renner, „über andere Religionen ironisch und satirisch zu schreiben oder zu zeichnen: „Damit wird das religiöse Gefühl von Millionen von Menschen verletzt. Was würde z.B. geschehen, wenn jemand die Bibel als ‚Scheiße’ bezeichnen würde, wie das mit dem Koran in Frankreich geschehen ist?“ Man sollte sich grundsätzlich nicht über andere Religionen lustig machen, sondern einander akzeptieren und in den Dialog miteinander treten. Im Dialog können viele Vorurteile abgebaut werden. Das heiße aber nicht, „dass wir auf unsere Traditionen verzichten sollen. Wenn jemand aus freier Entscheidung ein Kopftuch tragen will, ist das für mich in Ordnung. Andererseits kann mir niemand vorschreiben, auf das Kreuz zu verzichten.“ Es sei falsch, „auf etwas zu verzichten, nur um andere nicht zu stören.“ Renner warnte davor, bestimmte Begriffe zu missbrauchen, wie das nicht selten mit dem Begriff Dschihad geschehe. Dschihad sei im religiösen Sinne die Anstrengung und Bemühung der Selbstüberwindung auf dem Wege Gottes. Zu den Religionen insgesamt meinte Renner: „Niemand kann sagen: ich habe Recht. Niemand von uns hat die vollkommene Vision der Dinge.“ Würden sich alle Christen an das Evangelium halten und alle Muslime an den Koran, „hätten wir das Paradies auf Erden.“ Bei der Diskussion wurde u.a. das Thema der Islamisierung Europas aufgeworfen. Renner dazu: „Es gibt keinen Plan, Europa zu islamisieren. Die Islamisierung ist aber teilweise eine Tatsache und vor allem darauf zurückzuführen, dass wir zu wenig Kinder machen.“ Seitdem viele Muslime in Europa leben, „fragen sich viele Europäer, was Christsein wirklich heißt, und das finde ich nicht schlecht.“