Die Gesprächsrunde in der Tschenglsburg mit David Frank (IDM), Silke Raffeiner, Karl Perfler und Markus Riedl (1.,3.,4. und 5. v.l.)
Silke Raffeiner hatte „das Wissen im Gepäck“.
Ein Dinkelfeld Rotkorn in Tschengls.

Es ging um „unser täglich Brot“

Nach der Kritik an den Nahrungsmittelkonzernen ein Seminar über Getreide und Ernährung

Publiziert in 3 / 2023 - Erschienen am 14. Februar 2023

Tschengls - Karl Perfler wollte sich möglichst viel Fachwissen über Getreide und Getreideanbau aneignen und hatte zum Thema „Ernährung im Allgemeinen und zu Getreide im Besonderen“ Interessierte und Fachleute in die Tschengslburg eingeladen. Am Vormittag stellte Perfler die „multinationalen Konzerne“ an den Pranger – auf seine Art - und ließ nicht nur am umsatzgrößten Nahrungsmittelproduzenten Nestlè in der Schweiz kein gutes Haar. Er hatte sich kundig gemacht über die Industrialisierung der Landwirtschaft und die Ausbeutung von Ressourcen, Tieren und Menschen als Folgen dieser Machtstellung. „Eines ist klar“, begann sein Schlusswort, „unser derzeitiges Ernährungssystem führt uns in eine Sachgasse. Es ist für die Umwelt auf Dauer untragbar und schließt einen großen Teil der Menschen aus. Für eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Agrar- und Ernährungswende müssen die Erzeugung und der Verbrauch von Lebensmitteln wieder regionaler werden.“

Planetarische Ernährung

Für den Nachmittag hatte sich eine Gesprächsrunde gebildet, der mit Gemeinderat und Kleintierzüchter Markus Riedl auch ein Tschenglser angehörte. Als Expertin hatte Karl Perfler die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale, Silke Raffeiner, verpflichten können. „Es ist wichtig, möglichst viel Fachwissen im Gepäck zu haben“ meinte Perfler. Zumindest Raffeiner scheint sich das zu Herzen genommen haben, denn sie wartete mit einer ganzen Tasche voller Fachliteratur auf. Eingeleitet wurde die Runde mit einem Film, in dem der Gastgeber Perfler seine 4 Säulen erklärte mit dem Getreidebauer, dem Bäcker als Handwerker, den Geschäftsleuten, die die Idee an die Menschen weitergeben, und als 4. und wichtigste Säule - den Konsumenten. Silke Raffeiner begann ihre Ausführungen mit einem Test. Die Teilnehmer mussten 9 Getreidesorten unterscheiden. Danach ging sie auf das 2013 erfundene Konzept der „planetarischen Ernährung“ ein. Um 2050 sollten für 10 Milliarden Menschen Nahrungsmittel vorwiegend auf pflanzlicher Basis produziert werden, ohne dass der Planet Schaden nimmt. Es fiel der Begriff Vollkorngetreide. Die essentiellen Aminosäuren wurden angesprochen, ebenso Proteine und Vitamine. Dazwischen erzählte Perfler über sein Getreide-Projekt auf Unterfrinig (Tanas) und erklärte den Niedergang der Bäcker durch verbilligte Industrieprodukte. Die Runde staunte, als die Vortragende auf die Widerstandskraft des Roggens und auf dessen Wurzelwerk einging. Man sprach über die Vorteile dieser anspruchslosen Getreideart, die in kalten Höhen gedeiht, und über den Anbau von Gerste als Zweitfrucht. Es wurde erwähnt, dass alte Sorten einen höheren Mineralgehalt haben als neuere Züchtungen. Behandelt wurden die Ballaststoffe und deren vorbeugende Wirkung auf Darmkrebs und Cholesterinspiegel. Dazwischen wieder ein typischer Satz von Karl Perfler: „Ich habe das Gefühl, wer mit Getreide zu tun hat, hat mit Emotionen zu tun“. Wer die Produkte einer bestimmten Region esse, bekomme einen Bezug zur Region. Es kam eine Episode mit der Finanzpolizei zur Sprache. Man habe sich an Karl Perfler gewandt, um Erfahrungen über gestörte Identitäten von Jugendlichen auszutauschen. Dann sprang man zurück auf den Ballaststoffgehalt von Vollkornweizen. Man sprach von Histamin-Intoleranz, Zöliakie und Hafer, der mit seinen speziellen Ballaststoffen besonders wirksam den Cholesterinspiegel senkt. Schließlich war wieder der Roggen im Gespräch, der mit seinem Gehalt von Eisen und durch seine Folsäure die Blutbildung fördere. Daraus erkläre sich der Spruch: „Roggenbrot macht Wangen rot.“ Der Vortrag endete mit den Funktionen des Sauerteigs und Silke Raffeiners Versprechen, mehr zu den angeschnittenen Themen zu recherchieren.

Günther Schöpf
Günther Schöpf
Vinschger Sonderausgabe

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