Es lebe der Frieden!
Gedenkfeier bei „Maria Schmelz“ in Martell.
Martell - Neben der Gedenkfeier am Soldatenfriedhof in Spondinig wurde am Seelensonntag auch bei der Kapelle „Maria Schmelz“ in Martell der Gefallenen der beiden Weltkriege und aller Kriege gedacht. Mitgewirkt haben die Vinschger Schützen mit Bezirksmajor Hansjörg Eberhöfer an der Spitze, Vertreter des Vinschgauer Kameraden Verbandes, eine Abordnung der Musikkapelle Goldrain-Morter, der Wortgottesdienstleiter Anton Pirpamer und der Marteller Bürgermeister Georg Altstätter, der die Grußworte im Namen der Gemeinde überbrachte. Zu Ehren der Gefallenen wurden eine Ehrensalve abgefeuert sowie ein Kranz niedergelegt. Die Gedenkrede hielt Manfred Haringer, der das Leid und die Opfer der Soldaten in den Mittelpunkt seiner Ausführungen rückte: „Von dieser Kapelle führte der Weg zum 10 Kilometer entfernten Abschnittskommando Zufall, wo ein ganzes Barackendorf mit 16 kriegswichtigen Bauten entstand.“ Eine der wichtigsten Kriegseinrichtungen war das Badhaus. Wie berichtet (der Vinschger Nr. 15/2022) wurde das Badhaus, wo einst Soldaten entlaust wurden, im Rahmen eines Leader-Projektes neu aufgebaut und in ein Museum umfunktioniert. Manfred Haringer dankte dem Marteller Bürgermeister, der maßgeblich zur Umsetzung des Projektes und zur Sicherung der Finanzierung beigetragen hatte. Es sei gelungen, die „berüchtigte Entlausungsstation“ mit Gelmitteln der EU, des Staates, des Landes und der Gemeinde Martell im originalen Baustil wiederherzustellen. Einzigartig sei auch das im Gebäude untergebrachte Museum: „Es werden die Schicksale von Menschen im Hochgebirgskrieg der Cevedale-Front dokumentiert.“
Das Badhaus soll mit seinen neuen Inhalten eine Mahnung für den Frieden sein. Auch mit vielen Einzelheiten zum einstigen „Lausoleum“ wartete der Gedenkredner auf. Errichtet hatte man es bereits zu Kriegsbeginn, in Betrieb ging es Anfang August 1915: „Im Erdgeschoss wurde die Entlausung mit Arzt und Friseur vorgenommen. Im Obergeschoss war der Bademeister mit seiner Sanitäts-Truppe einquartiert.“ Die Bade-Kapazität wurde mit Hilfe dreier Wasserboiler auf 700 Mann pro Monat erhöht. Einmal pro Monat musste jeder Soldat die Reinigungsstation aufsuchen und erhielt bei seinem Besuch eine ärztliche Bescheinigung, die er bei sich tragen musste. Ziel war es, Seuchen, die von Kleiderläusen verbreitet wurden, einzudämmen. Die Entlausung erfolgte genau nach Plan: „Zuerst wurden meist schmerzende Zähne gezogen, dann Nägel, Haare und Bart geschnitten, aber meist wegen Läusebefall die ganzen Körperhaare abrasiert. Dann zog man sich splitternackt aus und gab seine Uniform ab. Die Unterwäsche wurde verbrannt, dann kam man in den Duschraum, wo man sich gründlich abzuwaschen hatte.“ Je nach Läusebefall wurde der Kopf für 20 Minuten mit Petroleum oder Benzin eingerieben. Dann folgte ein rund 40-minütiges Sitzbad (mit Kresollösung) bis zum Hals. Während der Entlausung wurden die Uniform von Frauen aus dem Martelltal nebenan gewaschen. Die noch feuchten Uniformen wurden mit Formalindampf desinfiziert, was zu starkem Augenbrennen, Kopfschmerzen und anderen Leiden führte. Der Mangel an Lebensmitteln und anderen notwendigen Dingen erhöhte die Infektionsgefahr. „Im letzten Kriegsjahr fielen ca. 50 Prozent der österreichisch-ungarischen Streitkräfte durch Krankheit aus“, so Haringer. Als der Sanitätssoldat Martin Forcher vom Forcherhof in Tschars der Sanität in Martell seinen selbstgebrannten Schnaps zur Verfügung stellte, wurde er mit dem Ehrenzeichen des Roten Kreuzes ausgezeichnet.
Für Verständigung und Frieden
Neben der Gefallenen beider Weltkriege, der Katakomben-Lehrer, der Widerstandskämpfer der 1960er Jahre und aller Landesverteidiger gedachte Haringer auch der unzähligen zivilen Opfer, speziell des Holocaust. Alle Kriege, auch der derzeitige in der Ukraine, können nur mit Verständigung, Liebe und Einsatz für den Frieden beendet werden: „Tragen wir dazu bei, dass der Friede nicht versandet, sondern täglich in uns gelebt, erhalten und weitergegeben wird. Es lebe der Frieden!“