Flächenfraß einschränken
Publiziert in 32 / 2014 - Erschienen am 17. September 2014
Rege Diskussion über künftige Raum- und Landschaftsentwicklung
Schlanders - Im Bereich Raumordnung hat der ehemalige Vinschger Landespolitiker Alfons Benedikter (1918 – 2010) Nägel mit Köpfen gemacht, um einer Zersiedlung unseres Landes vorzubeugen. Seit 1970 bis heute hat sich aber sehr viel verändert. Nicht zuletzt auch in der Gesetzgebung. Die heutigen Raumordnungsbestimmungen sind äußerst kompliziert, undurchsichtig und enthalten viele Ausnahmen. „Und auch Ausnahmen zu den Ausnahmen“, wie Landesrat Richard Theiner am 11. September im Kulturhaus in Schlanders unterstrich. Dort hatten sich Gemeindeverwalter, Architekten, Bauamtsleiter, Vertreter von Verbänden wie z. B. des hds und des HGV, Rechtsanwälte, Vertreter von Umweltschutzorganisationen und anderer Interessensgruppen sowie Private eingefunden. Alle waren gekommen, um sich über die Vorgangsweise zu informieren, mit der die Landesregierung die Bereiche Raumordnung und Landschaftsschutz in ein neues, organisches Gesetz gießen will. Bei der von Eberhard Daum moderierten Diskussion wurden viele Kritiken, Anregungen, Vorschläge und Wünsche geäußert. „Die heutige Diskussion ist nur der Auftakt dieses hehren Vorhabens. Es geht uns zunächst darum, die Meinungen möglichst vieler Interessensvertreter und Bürger einzuholen“, schickte Theiner voraus. Voraussichtlich im Winter werde die Landesregierung die Eckepunkte festlegen. Anschließend daran wird eine interne Arbeitsgruppe einen Gesetzesentwurf ausarbeiten. 2017 wird der Entwurf dem Landtag vorgelegt. Fest steht laut Theiner, „dass wir uns einen Flächenverbrauch im derzeitigen Ausmaß nicht mehr leisten können.“
Eingriff in alle
wichtigen Politikfelder
Von großer Bedeutung ist die Neuregelung der Bereiche Raumordnung und Landschaftsentwicklung auch deshalb, „weil das neue Gesetz in alle wesentlichen Bereiche der Politik einschneidend eingreifen wird“, und zwar weit über die Themen wie etwa Wohnbau und Gewerbezonen hinaus. Viele Faktoren spielen eine Rolle. Es gehe darum, eine einheitliche gesetzliche Grundlage zu schaffen, „die den künftigen gesellschaftlichen Herausforderungen Rechnung trägt und Südtirol auch für nachfolgende Generationen lebenswert erhält.“ Über derzeitige Stärken und Schwächen der Raumordnungs- und Landschaftsschutzbestimmungen informierten Anton Aschbacher (Leiter der Landesabteilung für Natur, Landschaft und Raumentwicklung) sowie Adriano Oggiano (Direktor des Landesamtes für Landschaftsschutz). Ein sparsamer und effizienter Umgang mit dem immer knapper gewordenen Boden sei unerlässlich.
„Auf Lobbys und Personen zugeschnitten“
Mehrfacht kritisiert wurde, dass Ausnahmebestimmungen bisher nicht selten nur deshalb erlassen wurden, um die Wünsche bestimmter Lobbys oder gar Einzelpersonen zu erfüllen. Stark darunter gelitten habe die Landschaft. Dabei sei die offene Landschaft, wie wir sie außerhalb der Monokulturen vorfinden, nicht nur ein besonderer Wert für die Bewohner, sondern auch im Sinne des Tourismus von großer Bedeutung. Viele Diskussionsteilnehmer wünschten sich, dass endlich Maßnahmen gesetzt werden, damit leer stehende Bausubstanz wieder genutzt wird, ja genutzt werden muss. Im Vinschgau gebe es viele „halbleere“ Dörfer. Viele neue Wohnbauzonen seien schlichtweg „schiach“. Harsche Kritik wurde an den Bagatelleingriffen geübt. Der Einzelhandel müsse weiterhin in den Ortskernen stattfinden. In diesem Punkt brauche es absolute Rechtsicherheit, damit unliebsame „Einzelfälle“ ausbleiben. Weitere Versiegelungen von Böden seien zu vermeiden. Auch das Thema Baukommissionen kam aufs Tapet. Wäre es möglich, mit den Bauwerbern im Vorfeld der Kommissionssitzungen zu sprechen, könnten oft viel Geld und Ärger erspart werden. Ein Bürgermeister meinte, dass die Gemeindeverwalter in der Zeit bis zur Verabschiedung des neuen Gesetzes großem Druck ausgesetzt sein werden, „denn viele wollen diese Zeit jetzt noch rasch zum Bauen nutzen.“ Eine Architektin regte an, dass bei der Überarbeitung von Bauleitplänen Freiberufler miteingebunden werden sollten. Wirtschaftsvertreter sagten, dass die Wirtschaft auch in Zukunft Platz brauchen wird. Naturschützer plädierten dafür, die biologische Vielfalt und die Natur stärker zu schützen. Auch Kurioses war zu hören: ein großer Wolkenkratzer für alle Landesbeamten in Bozen.
Online mitreden
Bis zum 15. Oktober besteht auch die Möglichkeit, die eigene Meinung online zu äußern (www.provinz.bz.it/natur-raum/land-raum-mitdenken.asp). Sepp

Josef Laner