Seit 3 Jahren befasst man sich bei den Wirtschaftsbeirats-Treffen der Raika Obervinschgau mit der Entwicklung des Gebietes.
Gottfried Niedermair, Geschäftsführer des Bonifizierungskonsortiums Vinschgau (links)
Bürgermeister Heinrich Noggler.

Flaggschiff Tourismus

Graun ist die tourismusstärkste Gemeinde im Vinschgau. Wie kann man die Landwirtschaft stärken?

Publiziert in 33 / 2018 - Erschienen am 2. Oktober 2018

St. Valentin a.d.H. - Die Gemeinde Graun als Wirtschaftsstandort und Wirtschaftsfaktor sowie die Bedeutung des Bonifizierungskonsortiums Vinschgau für die Landwirtschaft waren die zwei Themenschwerpunkte des 14. Treffens des Wirtschaftsbeirates der Raiffeisenkasse Obervinschgau. Als Referenten konnte Raika-Direktor Markus Moriggl vor zahlreichen Zuhörern im Kulturhaus in St. Valentin den Bürgermeister Heinrich Noggler und den Geschäftsführer des Bonifizierungskonsortiums, Gottfried Niedermair, begrüßen. 

Tourismus wächst

Der Bürgermeister zeichnete ein insgesamt positives Bild der wirtschaftlichen Entwicklung seiner Gemeinde in den vergangenen Jahren. Speziell im Bereich Tourismus, von dem 30% der Bevölkerung leben, habe es positive Steigerungen gegeben. „Wir sind mit fast 373.000 Nächtigungen die tourismusstärkste Gemeinde im politischen Bezirk Vinschgau“, sagte Noggler. Die Zahl der Vollbelegungstage ist im Zeitraum von 2012 bis 2017 von 120 auf 134 gestiegen. Die Bettenanzahl hat sich im selben Zeitraum kaum verändert und liegt bei knapp 2.800. Als wichtige Meilensteine nannte der Bürgermeister die Fusion der Skigebiete Schöneben und Haider Alm und den Bau der skitechnischen Verbindung St. Valentin-Schöneben. Es handle sich hierbei um die derzeit größte Baustelle im Vinschgau. Noggler: „Es ist zwar ein Eingriff in die Umwelt und Landschaft, aber für uns als Tourismusgemeinde ist es ein enorm wichtiger Schritt.“

In jeder Fraktion ein Kindergarten

Auch auf viele weitere getätigte und noch geplante Vorhaben und Projekte ging der Bürgermeister ein. Froh sein könne man u.a. darüber, dass es neben den 4 Grundschulen, der Erlebnisschule in Langtaufers und der Mittelschule in St. Valentin „noch in jeder Fraktion einen Kindergarten gibt.“ Als besonders wichtige Entscheidungen und Investitionen nannte Noggler u.a. auch den Ankauf des Stromnetzes, wobei die EGO (Energie-Genossenschaft Oberland) den Großteil der Kosten übernahm, die Errichtung des Glasfasernetzes in Zusammenarbeit mit der EGO sowie Maßnahmen zur Aufwertung der Seen im Oberland. Zu den noch geplanten Vorhaben gehören u.a. neue Erweiterungszonen in Graun und Pedross, die Erweiterung der Erlebnisschule, der Umbau des Hallenbades und des Mu-
seums in Graun sowie das Projekt „Turm-Areal“.

Viele Herausforderungen

Nicht kurz ist auch die Liste der Herausforderungen, denen sich die Gemeinde laut Noggler stellen will: Verkehrsproblematik; Erhöhung der Bettenanzahl und Vollbelegungstage; Bauland, um der Abwanderung Einhalt zu gebieten; Maßnahmen, um die Gemeinde als Standort für Unternehmen interessanter zu machen; Erhalt der Schulen und Kindergärten. In punkto Landwirtschaft gelte es, „eine ertragreiche Zukunft sicherzustellen.“ Zum Thema Haushalt und Finanzen konnte Noggler auf nicht unerhebliche Einnahmen aus der Beteiligung an der Reschenstausee-Konzession und an mehreren Wasserkraftwerken verweisen.

Neuen Wassernutzungs-Bestimmungen

Mit Daten und Zahlen zum Bonifizierungskonsortium Vinschgau, dessen Einzugsgebiet von der Gemeinde Partschins bis zur Gemeinde Mals reicht, wartete Gottfried Niedermair auf: 70 Beregnungsanlagen auf ca. 8.000 ha, 65 km Gräben, 80 km Güterwege, 60 Wasserkonzessionen, jährliche Ausgaben und Einnahmen in Höhe von je ca. 9,5 Millionen Euro. Zu den größten Bauvorhaben der vergangenen 10 Jahre gehörten die Beregnungsanlage „Untere Malser Haide und Kriegwaal“ sowie Frostbewässerungs-Anlagen im Gebiet von Laas bis Glurns. Derzeit wird vor allem in den Bau von Tropfbewässerungs-Anlagen und Tagesspeicherbecken investiert. Auch Maßnahmen für eine bessere Bewässerung in Berggebieten (Wasseraustausch) werden umgesetzt. Die größten Herausforderungen sieht Niedermair in den neuen Wassernutzungs-Bestimmungen für die Landwirtschaft (Wassermessungen, periodische Überprüfungen, Tarifgestaltung) und in der Sicherung der Wasserkonzessionen.

„Es braucht baureife Projekte“

In Bezug auf den Bau neuer Beregnungsanlagen wies Niedermair darauf hin, dass seitens des Staates zwar mit einer 100-prozentigen Finanzierung der Hauptleitungen zu rechnen sei, „dass aber baureife und genehmigte Projekte vorzulegen sind.“ Die Fördersätze seitens des Landes für Beregnungs-Nebenleitungen im Grünland seien mittlerweile auf 60 bis 70 Prozent gesunken, „sodass die Bauern hohe Restkosten zu tragen haben.“ Bei der von Matthias Theiner moderierten Diskussion wurde mehrfach das Thema einer Beregnungsanlage auf der Oberen Malser Haide angesprochen. Auch Sebastian
Felderer, der sich vor Jahren um eine Beregnungsanlage im Einzugsgebiet des Bodenverbesserungskonsortiums „Oberes Vinschgau“ eingesetzt hatte, meldete sich zu Wort. Es sei darauf zu achten, dass Wasserkonzessionen, die für die Landwirtschaft in Zukunft wichtig sein könnten, nicht verfallen. Für eine Beregnungs-
anlage brauche es „den Willen und Einsatz vor Ort.“ In der Landwirtschaft sind in der Gemeinde Graun derzeit nur 5 Prozent der arbeitstätigen Bevölkerung beschäftigt. Wurden 1982 noch 293 Landwirtschaftsbetriebe gezählt, so belief sich die Anzahl bei der jüngsten Zählung nur noch auf 221.

Josef Laner
Josef Laner

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