„Die Erlöse aus dem Apfelanbau seit über 20 Jahren rückläufig“, gibt Andreas Leiter Reber zu bedenken.
Andreas Leiter Reber

„Fördergelder direkt weitergeben“

Leiter Reber: „Erlöse aus dem Apfelanbau sind seit Jahren rückläufig.“

Publiziert in 11 / 2025 - Erschienen am 11. Juni 2025

Vinschgau - Der Südtiroler Obstbau wird gerne als Erfolgsmodell dargestellt, vor allem, was wie Wirtschaftlichkeit angeht, sprich die Erlöse. Dass es genau in diesem Punkt Probleme unter der „Schale“ gibt, auch im Vinschgau, und die Landespolitik gut daran täte, sich dieser anzunehmen, mahnt der Landtagsabgeordnete Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion) schon seit Monaten an. Inflationsbereinigt seien die Erlöse aus dem Apfelanbau seit über 20 Jahren rückläufig: „Auch bei den Top-Qualitäten ist die Wirtschaftlichkeit aufgrund der hohen Produktionskosten und einer anhaltend schwierigen Marktsituation oft kaum noch gegeben.“ Eine der größten Herausforderungen sieht Leiter Reber in der Tatsache, dass es sich bei den meisten Obstbaubetrieben um Klein- und Kleinstbetriebe handelt, „die längst über einen Zuerwerb wie der Zimmervermietung oder einen Zweitjob des Bauern oder der Bäuerin querfinanziert werden müssen, um das Einkommen für die Familie sicherstellen zu können.“ Zahlen und Daten, die der Abgeordnete mit Anfragen beim Landwirtschaftsressort eingefordert hatte, ergaben, dass die rund 5.800 Obstbauern, die in den Verbänden VOG und VIP genossenschaftlich organisiert sind, „in den letzten Jahren vielfach keinen betriebswirtschaftlichen Gewinn gemacht haben.“ Hatte sich der durchschnittliche Hektarerlös 2019 auf knapp 25.000 Euro belaufen, so sei er bei der Ernte 2022 auf 22.700 Euro gesunken. „Und die vom Beratungsring für Obst- und Weinbau berechneten Kosten pro Hektar belaufen sich inklusive Arbeit und Abschreibungen auf rund 25.000 Euro“, gibt Leiter Reber zu bedenken.

Viele Klein- und Kleinstbetriebe

Im Durchschnitt seien die rund 6.000 Obstbaubetriebe in Südtirol laut jüngster Landwirtschaftszählung nur 2,4 Hektar groß, wobei über 3.000 Betriebe unter 2 Hektar klein sind. 5.767 sind derzeit Mitglied bei einer Obstgenossenschaft und im Schnitt 2,8 Hektar klein. Habe sich der durchschnittliche Hektarerlös im Jahr 2006 auf rund 21.000 Euro belaufen, so liegt er heute, bald zwei Jahrzehnte später, immer noch bei rund 22- bis 23.000 Euro. Zeitgleich seien die Kosten für Maschinen, Erntehelfer oder Neuanlagen konstant gestiegen. Hinzu kämen Probleme beim Pflanzenschutz, neue Schädlinge und Lagerkrankheiten, was insgesamt den Anteil der Qualitätsware mindert. Alle diese Umstände sind nach Ansicht des freien Abgeordneten für das einstige Erfolgsmodell „Südtiroler Apfel“ mehr als alarmierend und „müssen aus volkswirtschaftlicher und sozialer Sicht auch die Landespolitik zum Handeln zwingen.“ Es sei höchste Zeit, „dass die für den Obstbau nach Südtirol fließenden EU-Gelder auch gezielter bei den Bauern ankommen, denn ansonsten haben Genossenschaften und Verbände bald weniger Mitglieder und schlechtere Produkte zu verwalten.“ Ein Beschlussantrag, den Leiter Reber im Herbst 2024 zur Thematik eingebracht hatte, wurde Ende November vom Landtag mit 17 zu 15 Stimmen abgelehnt. Die Landesregierung hätte unter anderem beauftragt werden sollen „die derzeitige Verwendung der verschiedenen Agrargelder, welche an Südtirols Landwirtschaft gehen, aufzuschlüsseln und jene Anteile, welche direkt und indirekt an den Südtiroler Obstbau fließen, offenzulegen und Maßnahmen zu ergreifen, damit die Fördergelder vermehrt direkt an die Obstbäuerinnen und Bauern weitergegeben werden.“ Die derzeitigen Gelder für die Operationellen Programme der Obstgenossenschaften hätten verpflichtend so gestaltet werden sollen, „dass ein Teil der Förderung für die Investitionen auf den Mitgliedsflächen eingesetzt werden und dadurch innovative Sorten, Stützgerüste sowie nachhaltige Bewässerungssysteme gefördert werden.“ Auch eine finanzielle Unterstützung des Umstiegs auf und den Vertrieb von Nischenprodukten hatte Leiter Reber vorgeschlagen.

der Vinschger: Herr Leiter Reber, gibt es auch im Vinschgau Obstbauern, die Ihre Ansichten und Forderungen teilen?

Andreas Leiter Reber: Ja und es sind vor allem Vollerwerbsbauern, also jene, die ausschließlich von den Erlösen aus dem Obstbau leben und jene, die eine ehrliche Betriebsanalyse machen. Es gibt auch Bauern, die ihren landwirtschaftlichen Betrieb mit dem Tourismus oder einem Nebenberuf querfinanzieren und auch solche, die schon zufrieden sind, wenn sie mit der Landwirtschaft kein Minus machen. Wer nicht vom Äpfelgeld lebt, dem sind ein paar Cent auf oder ab beim Goldenpreis relativ egal.

Wie werden Sie in Zukunft am Thema weiterarbeiten?

Vernünftig und konsequent. Mit Anträgen und Gesetzesinitiativen fordere ich die Umlegung der derzeitigen Agrargelder auf die Bauern bzw. auf die Wiesen für Sortenerneuerung, Neuanlagen und Tropfbewässerungen, einen Güllekreislauf oder die Wiedereinführung der Erschwernispunkte für Steillagen im Obst- und Weinbau. Denn ob ich am Trumsberg zum Heumachen mähe oder einen Weinacker oder eine Obstwiese am Kortscher Sonnenberg mähe - steile „Ruaner“ bringen mehr Handarbeit und gehören gleich gefördert. Mit diesen Vorschlägen konfrontiere ich den Landtag, wissend, dass sie für gewöhnlich erstmal von den Regierungsparteien abgelehnt werden. Aber allein durch diese öffentliche Diskussion gären die Ideen außerhalb des Landtags bei den Bauern weiter. Dadurch steigt der Druck auf die bäuerlichen Verbandsfunktionäre und da diese bei uns meist auch SVP-Funktionäre in Personalunion sind, bringen in 1 bis 2 Jahren die gleichen Abgeordneten, die heute noch dagegen sind, die notwendigen Reformen selbst vor. Ich helfe den Anliegen sozusagen auf die Sprünge, wobei dieses politische Geplänkel völlig überholt ist und wertvolle Zeit und Ressourcen kostet.

Ist es mit dem Klischee der „reichen Apfelbauern“ endgültig vorbei?

Die Realität straft sowohl dieses Klischee als auch so manche Rekordmeldung und Hochglanzbroschüre der Südtiroler Obstwirtschaft Lügen. Auch so mancher Obstbauer scheint die Realität nicht wahrhaben zu wollen, dabei gehört so mancher neue Traktor der Bank oder muss dem Händler zurückgegeben werden. Unter Druck geraten vor allem die kleineren und mittleren Vollerwerbsbetriebe. Im Vinschgau stehen aktuell über 200 ha Apfelwiesen zum Verkauf. Im Etschtal, in Schlanders, Lana oder Tramin wurden vor 15 Jahren oft 100 Euro pro Quadratmeter Obstwiese bezahlt - heute gerade noch die Hälfte. In jedem anderen Sektor würde so ein Preisverfall und Wertverlust zu einem öffentlichen Aufschrei führen. Größere Betriebe, die alles maschinell bearbeiten und ihre Maschinen auch amortisieren können, werden auch künftig im Vollerwerb positiv wirtschaften. Das sind auf Landesebene aber die Minderheit.

Wie begründen Sie vor den Bergbauern Ihre Forderung, vermehrt auch die Bauern im Tal zu unterstützen?

Einmal mit Zahlen und Fakten, denn der durchschnittliche Milchviehbetrieb mit 10 Hektar Grünland hat aktuell einen Bruttoerlös von rund 55.000 Euro. Damit befindet er sich auf einem vergleichbaren Level mit dem durchschnittlichen Obstbaubetrieb von 2,8 ha. Unterschiede bestehen aber bei den Betriebskosten sowie den Beiträgen und Fördergeldern – diese Schieflage gilt es anzugleichen. Und ich baue auf die Solidarität und den Zusammenhalt, denn wir müssen endlich aufhören Berg und Tal oder Arbeitnehmer und Bauern gegeneinander auszuspielen. Etwas mehr Verständnis für die Anliegen des Anderen und eine Prise mehr Solidarität und Gerechtigkeitssinn würde uns Südtirolern guttun.

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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