Gemeinden müssen immer am Ball bleiben
Politik und Fachleute diskutieren bei Dreiländertagung in Schluderns und messen sich im Torwandschießen.
SCHLUDERNS - Man sei hier am passenden Ort, betonte der Schludernser Bürgermeister und Gastgeber Heiko Hauser bei seinen einleitenden Worten im Rahmen der Dreiländertagung zur Gemeindeentwicklung am 13. September. Man befinde sich im Rätischen Dreieck und habe gute Beziehungen, unter anderem nach Nordtirol. So waren zahlreiche Gäste aus dem Bundesland Tirol, dem Schweizer Kanton Graubünden und ganz Südtirol ins Kulturhaus gekommen. 4 Themenschwerpunkte standen auf dem Programm: Nachhaltigkeitsmanagement, Gemeindekooperationen, Frauen in der Gemeindepolitik und die Gemeindeentwicklung selbst. Fachleute sowie Lokalpolitikerinnen und -politiker befassten sich damit auf der vom Institut für Public Management von Eurac Research organisierten Tagung. „Es sind 4 große Themen. Nachhaltigkeit ist das Gebot der Stunde. Wenn man Experten hört, ist es hierbei 5 nach 12“, sagte Bezirkspräsident Dieter Pinggera. Auch die Gemeindekooperationen seien ein bedeutendes Thema unserer Zeit, „und bei uns im Vinschgau alternativlos“. Der demografische Wandel und der akute Mangel an Fachkräften stelle die Gemeinden vor große Herausforderungen. Ohne Zusammenarbeit sei vieles kaum mehr zu bewältigen. „Ich glaube, wir im Vinschgau haben dies schon verstanden und versuchen die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden zu leben“, so Pinggera, der dabei auf die vielen gemeindeübergreifenden Einrichtungen hinwies. In Südtirol gebe es immer mehr Frauen in der Gemeindepolitik, freute sich Pinggera in Bezug auf den weiteren Themenschwerpunkt, das Thema sei aber freilich nach wie vor sehr wichtig. Wie aktuell das Thema hinsichtlich Frauen in der Gemeindepolitik noch ist, brachte der aus Nordtirol stammende Kurt Promberger, der Leiter des Instituts für Public Management bei der Eurac Research, in einem bedenklichen Beispiel auf den Punkt: „In meiner Gemeinde trat bei den Wahlen nur eine Partei an, es gab nur einen Bürgermeisterkandidat und somit auch keine Alternativen. Schlussendlich gibt es auch keine Frau im Gemeinderat“. Dies sei im Vinschgau bzw. in ganz Südtirol jedoch besser als im österreichischen Bundesland Tirol, meinte Promberger. Der Gemeindeentwicklung sei eines der wichtigsten Themen in der laufenden Amtsperiode, „es gilt die Weichen für die nächsten Jahre zu stellen“, so Pinggera. Mit den Gemeindeentwicklungsprogrammen gelte es vor allem auch auf das Instrument der Bürgerbeteiligung zu setzen.
Bei Nachhaltigkeit „Akzente setzen“
Die Gemeinden in Südtirol seien durchaus bemüht, in Sachen Nachhaltigkeit „Akzente zu setzen“, unterstrich die Bürgermeisterin der Gemeinde Hafling, Sonja Plank. Sie ist die Sprecherin der Nachhaltigkeitsbeauftragten in Südtirol. Zur Erinnerung: Infolge der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes galt es für jede Gemeinde, einen Nachhaltigkeitsbeauftragten zu ernennen. Plank mahnte, dass es ein gutes Miteinander brauche, die Zusammenarbeit mit Institutionen und Vereinen sei wesentlich, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Vieles gehe zudem oft zu langsam, es brauche mehr Kompetenzen vor Ort, aber auch mehr Ressourcen in den Gemeinden, vor allem personelle, um die Initiativen umzusetzen und die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.
In einer offenen Podiumsdiskussion sprach der Naturnser Bürgermeister Zeno Christanell gemeinsam mit Nora Saratz Cazin, der Gemeindepräsidentin von Pontresina im Engadin, sowie Helmut Mall, dem Bürgermeister von St. Anton am Arlberg, über Nachhaltigkeit in den Gemeinden. Christanell nannte für Naturns unter anderem die „sanfte Mobilität“, man setze auf mehr Radwege und versuche den Verkehr im Dorf zu minimieren. In den drei Tourismusgemeinden treffen generell durchaus oft verschiedene Interessensgruppen, Stichwort Wirtschaft, zusammen. Man müsse „die Interessen der Gemeinden verteidigen“, betonte Mall. Es gelte Lösungen zum Wohle der Gemeinschaft und der Nachhaltigkeit zu treffen. „Wer nachhaltige Politik machen will, muss auch oft kleine Schritte gehen, man muss Kompromisse eingehen, um die großen Ziele zu erreichen und akzeptieren, dass es auch verschiedene Meinungen gibt“, erklärte Christanell seinen Standpunkt. Roselinde Gunsch, die Bürgermeisterin von Taufers im Münstertal, sprach in einer weiteren Podiumsdiskussion mit dem Kurtatscher Bürgermeister Oswald Schiefer und Günther Botschen von der Universität Innsbruck über Gemeindeentwicklungsprogramme.
Drei Länder, eine Torwand
Für gute Unterhaltung war zur „Halbzeit“ der Dreiländertagung, kurz vor der Mittagspause gesorgt. Als „Halbzeitüberraschung“ hatte Josef Bernhart von der Eurac Research zu einem Torwandschießen geladen. Für Südtirol trat Gastgeber Heiko Hauser an, seine beiden Kontrahenten wurden nach bester Turniermanier ausgelost: Für Tirol Patrik Wolf, Bürgermeister der Gemeinde Pettneu, für Graubünden Gabriella Binkert Becchetti, Gemeindepräsidentin von Val Müstair. Der Sieg ging an Heiko Hauser, der von Christian Stricker, dem Trainer der Südtiroler Bürgermeistermannschaft gecoacht wurde, damit den Heimvorteil optimal nutzen und sich über 2 VIP-Karten für ein Heimspiel des FC Südtirol freuen durfte. Für einen regelkonformen Ablauf sorgte kein Geringerer als Konrad Plautz, FIFA-Schiedsrichter bis 2009. Bei der EM 2008 hatte er zwei Gruppenspiele gepfiffen: Spanien gegen Russland (4:1) und Schweiz gegen Portugal (2:0). Vor einigen Wochen wurde der heute 58-Jährige in seiner Heimatgemeinde Navis zum Diakon geweiht. Dabei wurde Josef Bernhart, selbst Pastoralrat in der Diözese Bozen-Brixen, auf ihn aufmerksam und schlug ihn als „Torwand-Schiedsrichter“ und als Nordtiroler Testimonial für die Aktion vor. Plautz war sofort begeistert. Als Südtiroler Testimonial konnte Bernhart den ehemaligen Profi und heutigen Fußballlehrer an der Sportschule Mals Arnold Schwellensattl gewinnen. „Fußball verbindet und Gemeinden müssen immer am Ball bleiben“, unterstrich Bernhart die Idee hinter der Aktion.
