Im Bild (v.l.): Gerald Burger (Geschäftsführer Ferienregion Reschenpass), Peter Habeler und Armin Plangger, Leiter der CNSAS-Bergrettungsstelle Melag-Langtaufers.
Reinhold Messner und Peter Habeler 44 Jahre nach der erstmaligen Besteigung des Mount Everest ohne zusätzlichen Sauerstoff.
Rund 200 Personen aus nah und fern sind zum Vortragsabend mit Peter Habeler in das Vereinshaus von Reschen gekommen.

„Gott sei Dank sind die Berge noch analog“

Gut besuchter Vortragsabend mit Peter Habeler in Reschen. „Zehre heute noch von meiner Kindheit.“

Publiziert in 8 / 2023 - Erschienen am 24. April 2023

Reschen - Wie alt oder jung er ist, hat für ihn keine Bedeutung. Er ist mit allen per Du, lässt den Humor nie außen vor und ist immer auf dem Boden geblieben. Seine Begeisterung für die Berge und die Natur ist ungebrochen und von seiner Kindheit zehrt er bis heute. „Gott sei Dank sind die Berge noch analog und haben nichts mit Künstlerischer Intelligenz zu tun“, sagte der Extrembergsteiger und Bergführer Peter Habeler aus dem Zillertal, als er am 12. April vor rund 200 Personen aus nah und fern im Vereinshaus in Reschen besondere Geschichten und Erlebnisse aus seinem Leben erzählte. Die Idee, Peter Habeler nach Reschen einzuladen, war von Armin Plangger, dem Leiter der CNSAS-Bergrettungsstelle Melag-Langtaufers ausgegangen. Organisiert wurde der Abend gemeinsam mit der CNSAS-Bergrettungsstelle Reschen und dem Tourismusverein Reschenpass. 

„Es kann dich wegputzen“

Auf einfache, ehrliche, unverblümte und bodenständige Art ließ der 80-jährige Zillertaler das Publikum an „Berg-Geschichten“ teilhaben, „bei denen ich Gott sei Dank immer unbeschadet blieb.“ Er habe oft „Schwein gehabt“. Natürlich kann es passieren, „dass es dich einmal wegputzt.“ Trotz allen Könnens und aller Erfahrung sei es in der Natur und speziell in den Bergen auch gefährlich. „Man muss die Natur spüren und sich von der Schönheit und Ruhe der Berge begeistern lassen. Viel Verständnis für die Natur geht verloren“, sagte Peter Habeler. Nicht zu fassen sei, „was heute am Mount Everest los ist. “ Er bezog sich auf die Menschenschlagen, die im Stau stehen, um auf den höchsten Gipfel der Erde (8.848 Meter) zu gelangen. Als er den Mount Everest 1978 zusammen mit Reinhold Messner erstmals ohne zusätzlichen Sauerstoff bestieg, „waren wir unter dem Gipfel allein.“ Die „Geburtsstunde“ für die Everest-Erstbesteigung ohne Sauerstoff reicht laut Habeler auf das Jahr 1975 zurück, als er in einer Zweierseilschaft mit Reinhold Messner den Hidden Peak (8.068 m) ohne zusätzlichen Sauerstoff bestieg. Es war dies die erste Besteigung eines Achttausenders im Alpinstil. „Reinhold war der Beste. Er hat einfach gedacht, aus dem Stegreif entschieden, nur das Notwendigste mitgenommen und nicht lange geredet: „Mit Reinhold brauchte man nicht reden. Es war unglaublich. Ich wusste: wenn er vorausgeht, fliegt er nicht herunter. Wer vorausging, gab die Richtung vor. Es gab keine Diskussionen über links oder rechts.“

„Scheitern gibt es nicht“

Nie anfreunden konnte sich Peter Habeler mit dem Begriff des Scheiterns: „Scheitern gibt es nicht. Wenn ich es nicht bis auf einen Gipfel schaffe, drehe ich einfach um. Umkehren heißt nicht Scheitern.“ Bis auf den heutigen Tag dankbar ist Peter Habeler dafür, dass ihm seine Mutter den Humor mit auf den Weg gegeben hat und dass ihn die Bergführer im Zillertal schon sehr früh unter ihre Fittiche genommen haben. „Ich habe den Beruf des Bergführers von der Pike auf gelernt. Die Bergführer brachten mir bei, immer achtsam zu sein und immer zu schauen, was um mich herum passiert.“ Peter Habeler, geboren am 22. Juli 1942 in Mayrhofen, wurde bereits 1965 Bergführer. Von 1972 bis 1979 war er Ausbildungsreferent im Verband Österreichischer Berg- und Skiführer. In Reschen erzählte er u.a. auch, wie er 1975 mit der italienischen Kletterin Tiziana Weiss die Mauk Westwand im Kaisergebirge bestieg und dabei einen rund 50 Meter langen Sturz überlebte. Auch diese Erzählung war mit Humor bespickt: „Humor braucht es immer, auch in verkorksten Situationen.“ Insgesamt hat Peter Habeler nicht nur 5 Achttausender bestiegen, sondern noch mit vielen weiteren Extremleistungen auf Bergen und in Wänden weltweit aufhorchen lassen. So gelangen ihm unter anderem spektakuläre Erstbegehungen in den amerikanischen Rocky Mountains. Peter Habeler war der erste Europäer an den Big Walls im Yosemite-Nationalpark in Kalifornien (USA) und kletterte als zwölfte Seilschaft, gemeinsam mit Doug Scott, die Route Salathé Wall in der El-Capitan-Südwestwand, die damals eine der schwersten Mehrseillängentouren der Welt war.

Zum 75. die Eiger-Nordwand

Dass er nicht mehr der Jüngste ist, stört den Zillertaler überhaupt nicht: „Natürlich ist man mit 80 etwas langsamer, aber die Freude und Begeisterung am Klettern und Bergsteigen sind bei mir immer noch voll da.“ Kurz vor seinem 75. Geburtstag hat er übrigens gemeinsam mit David Lama die Eiger-Nordwand durchstiegen. Er war mit 74 Jahren der bis dahin Älteste, dem das gelang. Der österreichische Sportkletterer und Alpinist David Lama, der weltweit als Ausnahmetalent galt, ist am 16. April 2019 im Banff-Nationalpark in Kanada zusammen mit Hansjörg Auer und Jess Roskelley bei einem Lawinenabgang gestorben. Neben David Lama fielen beim Vortrag noch viele weitere Namen von Bergsteigern, mit denen Peter Habeler unterwegs war und die nicht mehr leben. Viele davon sind in den Bergen verunglückt. Solo ist Peter Habeler oft geklettert, Free-Solo aber nie: „Wenn du beim Free-Solo fällst, dann bist du ‚hin’“.  Zum 80. Geburtstag hat Peter Habeler übrigens zusammen mit Nirmal Purja den Ex-Formel 1-Fahrer Mark Webber auf den Großglockner geführt. Der Nepalese Nirmal Purja (auch als Nims bekannt) hat 2019 alle 14 Achttausender erklommen, und zwar im Zeitraum vom 23. April bis zum 29. Oktober unter Verwendung von Flaschensauerstoff.

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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