„Ich kann die Miete nicht mehr bezahlen“
Barbara Gutgsell: „Nur Versprechungen helfen uns nicht weiter. Lasst uns endlich arbeiten.“
Schlanders - Die Hotellerie und Gastronomie gehören zu jenen Bereichen, die von der Corona-Pandemie und den damit zusammenhängenden Einschränkungen und Maßnahmen besonders hart betroffen sind. Wie Barbara Gutgsell, die Pächterin der „Alten Post“ (Bar, Cafè und Eissalon) in der Fußgängerzone in Schlanders dem der Vinschger in einem Gespräch am 30. März bestätigte, ist die Lage mehr als prekär. Sie macht keinen Hehl daraus, dass sie nicht mehr imstande ist, die Miete zu zahlen. Barbara ist Gastwirtin mit Leib und Seele: „Ich liebe meine Arbeit, weiß aber so langsam nicht mehr, wie es weitergehen soll.“ Die Nachricht, wonach die Gastbetriebe möglicherweise auch nach Ostern nicht öffnen dürfen, „hat das Fass zum Überlaufen gebracht.“ Nach über einem Jahr voller Tiefen und nur weniger, kurzer Lichtblicke sei die Situation gelinge gesagt untragbar geworden. Einen ersten großen Rückschlag gab es während des ersten Lockdowns von Mitte März bis Mitte Mai 2020. Während des Sommers 2020 durfte man zwar mit Einschränkungen und Vorschriften arbeiten, „aber der Sommer war anders als in den Jahren zuvor. Es waren grundsätzlich weniger Menschen unterwegs, und zeitgleich mit dem Beginn der Sperrstunde standen oft die Ordnungshüter vor der Tür,“ erinnert sich Barbara.
Kleiner Familienbetrieb
Sie hatte 2002 als Angestellte in der „Alten Post“ begonnen. 2015 hat sie den Betrieb gepachtet und führt ihn seither mit ihrer Tochter Sabrina in Eigenregie. „Wir sind ein kleiner Familienbetrieb. Das, was wir mit harter Arbeit verdienen, erlaubt es uns, in normalen Zeiten relativ gut über die Runden zu kommen“, stimmen Barbara und Sabrina überein. Jedenfalls sei es in der Zeit vor Corona noch möglich gewesen, einmal im Jahr für gut zwei Wochen mit der gesamten Familie auszuspannen, ohne dabei irgendwelchen Luxus zu genießen.“ Sei es im Vorjahr noch möglich gewesen, eine Hilfskraft für 4 Arbeitsstunden pro Tag zu bezahlen, „müssen wir uns diese Mithilfe heuer wohl abschminken und selbst von der Früh bis zum Abend im Betrieb arbeiten, wenn das denn überhaupt möglich sein wird,“ geben Barbara und Sabrina zu bedenken.
Kein Geld für Hilfskraft
Sabrina hat zwei Kinder und ihr Mann, der ebenfalls im Gastgewerbe arbeitet, ist derzeit ebenfalls ohne Job. „Es ist schon traurig, wenn man sich unverschuldet verschulden muss, um überhaupt arbeiten zu können“, blickt Barbara zurück. Sei dem Spätherbst 2020 bis jetzt sei so gut gar nichts hereingekommen. Nicht gefehlt haben allerdings die Spesen und Ausgaben: „Miete, Strom, Wasser und Abwasser, Versicherungen und andere Rechnungen und Gebühren.“ Über die Frage, wie es mit den bisherigen betrieblichen Unterstützungen seitens des Staates und des Landes aussieht, braucht die Gastwirtin nicht lange nachzudenken: „Vom Staat gab es zweimal diese famosen 600 Euro und vom Land bisher nichts.“ Sie könne es nicht mehr ertragen, wenn von Seiten des Landes Versprechungen gemacht und Hilfen angekündigt werden, „denen dann aber keine Taten folgen.“
Wo bleiben die Taten?
Buchstäblich zur Weißglut treibe sie dann Diskussionen und Debatten um die Erhöhung von Politikergehältern: „Ist das noch Solidarität? Ist das noch gerecht? Was ist von Schlagwörtern wie ‚Wir werden niemanden im Regen stehen lassen’ übriggeblieben?“ Mit Aufschüben und Aussetzungen von Gebühren und Zahlungen lasse sich der Kern des Problems nicht lösen, „denn was helfen mir die Aufschübe, wenn dann später alles auf einmal kommt? Muss ich dann erneut Schulden machen, um den Zahlungen nachzukommen?“ Einen wirklichen Ausweg aus diesem Kreislauf sehen Barbara und Sabrina nur in einer baldmöglichsten Öffnung der Gastronomie: „Lasst uns arbeiten und wir werden uns schon wieder selbst so langsam aufrappeln.“ Wenn bestimmte Regeln eingehalten werden, seien die Bereiche Gastronomie und Schulen keineswegs als „Infektionsherde“ einzustufen. Da sei die Infektionsgefahr in anderen Bereichen merklich höher. So manche Maßnahmen und Einschränkungen hätten weder Hand noch Fuß und widersprächen dem Hausverstand. Zur Diskussion rund um den Impfpass gibt sich Barbara kategorisch: „Ich werde nie bereit sein, in meinem Betrieb die ‚Polizistin’ zu spielen und die Kunden zu fragen, ob sie geimpft oder getestet sind. Ist es überhaupt gerecht, dass nur Geimpfte eintreten können und alle anderen nicht?“ Insgesamt gesehen habe die Corona-Pandemie die Gastronomie ein weiteres Mal stark geschwächt, „denn es ist nicht zu vergessen, dass wir schon vor Corona neue Herausforderungen stemmen mussten, Stichwort Rauchverbot, strenge Alkohol-Kontrollen und anderes mehr.“ Die „Alte Post“ in Schlanders ist nur ein Beispiel etlicher Gasthäuser und Betriebe im Vinschgau, denen die Corona-Pandemie arg zusetzt und sie an die Grenzen bringt. Was überall besonders fehlt, ist eine sichere Perspektive. Barbara: „Obwohl wir bisher vieles geschluckt und hingenommen haben, kann uns bis zum heutigen Tag (30. März, Anmerkung der Redaktion) noch immer niemand verbindlich sagen, was ab wann und wie möglich sein wird.“ *
* Wie es am 30. März seitens des Landes hieß, wolle man Mitte April Restaurants und Bars öffnen, „wenn es die Zahlen zulassen.“ HGV-Chef Manfred Pinzger gab sich bitter enttäuscht. Die Gastronomiebetriebe würden erneut auf der Strecke bleiben, obwohl speziell Restaurants sicher seien. Auch mit Kritik an der Corona-Politik des Landes sparte Pinzger nicht.