Im Bauch von Stilfs
Der Montanarchäologe Thomas Koch Waldner präsentierte am 3. September die Ergebnisse eines zweijährigen Forschungsprojektes des Bergbaumuseums Bochum.
Stilfs - Der Montanarchäologe Thomas Koch Waldner grub sich in den letzten zwei Jahren mit Hilfe des Forschungsprojektes vom Bergbaumuseum Bochum durch die jahrtausendalte Geschichte der Kupferverhüttung im Oberen Vinschgau. Etliche Funde, neue Erkenntnisse sowie der Wunsch nach weiterer Forschung liegen unter anderem auch im Bauch von Stilfs. Um ca. 1.700 v. Chr. beginnt die große Zeit jener Technologie, die sich die Nutzung sulfidischer Erze zu eigen gemacht hat; und die bald danach dafür sorgt, dass ganz Europa mit Metallen versorgt wird. Der komplexe und mehrphasige Prozess der Kupferherstellung sei aufwändiger als jener des Eisens, sagte Koch Waldner, obwohl - und das mag verwundern - sie vorher entwickelt wurde. Auch bei der bekannten Himmelscheibe von Nebra stammt das Gold aus Cornwall, das Kupfer jedoch aus den Ostalpen, ganauer aus dem Mitterberggebiet, das gemeinsam mit dem Pongau und Kitzbühel zu den großen Kupferverhüttungsorten Europas zählt. Doch während, erklärte Koch Waldner im Haus der Dorfgemeinschaft (auch Kulturhaus genannt) vor rund 40 Interessierten, die meisten Errungenschaften prähistorischer Zeit von Osten nach Westen gereist seien, gehe das Wissen der Kupfertechnologie teilweise auch andere Richtungen: „Die ostalpine Kupferrechnologie verbreitet sich von 1.600 bis 1.200 v. Chr. vom Salzburger und Tiroler Raum bis ins Trentino und nach Graubünden, aber auch in die Karpaten und das Burgenland“. Aber genau dieser Weg vom Ostiroler Raum nach Graubünden führe über den Vinschgau: Der Obere Vinschgau spielte verkehrsgeographisch „die wichtigste Rolle für wirtschaftliche und kulturelle Entwicklungen, wobei dem Reschenpass eine große Bedeutung zukommt“, wie Koch Waldner erklärte.
Endlich Forschung fortgeführt
1864 stellte Schönherr durch den Fund eines Bronzebeils bei Prettau fest, dass dort eine Kupferverhüttungsstätte zu vermuten sei, 1972 konnten bei Barbian und Reinswald Schmelzplätze gefunden werden (Dal Ri), der mittel- und spätbronzezeitliche Schmelzplatz in Fennals/Kurtatsch wurde 1986 von Nothdurfter und Hauser ermittelt. Doch erst mit Hilfe des Projektes von Koch Waldner in den letzten zwei Jahren wurde ein Schmelzplatz im Oberen Vinschgau (2020 Vellnair) sowie die prähistorische Siedlung Kaschlin durch archäologische Sondierungsgrabungen untersucht; erste Beweise für die prähistorische Kupferverhüttung am Prader Berg waren die Funde der Kupferschlacke. Alles deute darauf hin, erklärte Koch Waldner, dass von der mittleren Bronze- über das Ende der Eisenzeit bis hin zu den Römern eine überaus dauerhafte und sehr dichte Besiedlung des Vinschgau zu verzeichnen sei. Die Elemente Bergbau und Reschenpassroute seien dabei extrem wichtig gewesen. Träger des Wissens können, so die Annahme, die Menschen der Laugen-Melaun-Kultur gewesen sein, die die Kupferverhüttung vom „Oberlauf der Etsch, über den Oberen Inn, in das Oberhalbstein und weiter nach Westen, bis an den Rhein brachten“. Bis die Möglichkeit einer weiteren Forschungsfinanzierung gefunden ist, könnte es noch dauern. Bis dahin können Besucher und Besucherinnen im kleinen Ausstellungsraum „Der Einstieg – Bergbau und Siedlungen am Ortler“ in Stilfs Wissenswertes über den Kupferabbau am Ortler erfahren.
![Katharina Hohenstein](/grafik/resize/100x100_upload-newspaper-editor--katharina-hohenstein--54_17983.jpg)