Der Landesverband der Handwerker hofft, dass sich die Situation im Bausektor - ein Scharnier für das Handwerk - möglichst bald bessert, zumindest auf kleineren Baustellen.
Die zwei lvh-Bezirksobmänner Günther Platter (links) und Hermann Raffeiner-Kerschbaumer bei einer Veranstaltung im Mai 2019 in Laas

Im Normalitäterhaltungsmodus

„Wir müssen uns erst daran gewöhnen, nichts zu tun.“

Publiziert in 12/13 / 2020 - Erschienen am 7. April 2020

Prad/Latsch - Zwischen 10. und 26. März hatte der Landesverband der Handwerker (lvh) auf seiner Internetseite 25 Aussendungen zum Thema „Covid 19“ angeführt. „11 nützliche Dokumente“ waren als Vorlagen, Vordrucke, Leitlinien einzusehen. Weitere 11 Mitteilungen betrafen Anweisungen und Empfehlungen. Zur Verfügung gestellt hatte er auch sieben Dekrete und Verordnungen. 21 Berichte zur Corona-Krise standen ebenfalls abrufbereit. Für sieben Berufsgruppen lagen Checklisten vor, die von den Mitarbeitern abgearbeitet werden mussten. Für lvh-Mitgliedsbetriebe war zudem eine Broschüre „Sicheres Verhalten bei Covid 19“ aufgelegt und eine eigene „Hotline“ eingerichtet worden. Die Verbandsspitze mit Präsident Martin Haller, Direktor Thomas Pardeller, die Bezirksbüroleiter, sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Zentrale hatte sich dafür in eine Tag-, Nacht- und Wochenendarbeit gestürzt. 

Verband gibt Halt

Beide Vinschgauer Bezirksobmänner - Günther Platter (Prad) für den Oberen und Hermann Raffeiner-Kerschbaumer (Latsch) für den Unteren Vinschgau, die gemeinsam fast 3.300 Beschäftigte im Handwerk vertreten – hatten nur anerkennende Wort für so viel Einsatz. „Spätestens jetzt wissen wir, wie gut wir aufgehoben sind“, meinte der Schmied Raffeiner-Kerschbaumer. „Ich ziehe den Hut vor Bezirksbüro und Zentrale mit Direktor Pardeller“, sagte Platter. Beide Obmänner empfanden diese „Fürsorge“ als wichtigen Halt in einer Situation, die viele Handwerker zu Betroffenen und Opfern macht und deren Folgen nicht absehbar sind.

Stimmung im Keller

„Die Stimmung ist im Keller“, stellte Raffeiner-Kerschbaumer fest. „Wir können nicht mehr arbeiten und die Lohnausgleichskasse wird nicht lange reichen. Mehr als vor dem Virus graut uns vor der Zeit danach.“ Alle hätten sie geschmettert, der Staat und die Sanität, wie sehr sie vorbereitet seien. Vieles habe man schon seit Jänner gewusst, aber der Stillstand sei abrupt verordnet worden. Vor allem für Betriebe, die auf das Tagesinkasso angewiesen sind, sieht er schwere Zeiten anbrechen. Wenn sich die Situation im Bausektor - ein Scharnier für das Handwerk - nicht wenigstens auf kleineren Baustellen bessere… Er setzte den Satz nicht fort und meinte ironisch resigniert: „Besser gar nicht daran denken und nur von Tag zu Tag leben.“

Hemmschuh Bürokratie

Als Karosserietechniker gehört Günther Platters Betrieb mit Werkstatt und Tankstelle zu den „systemrelevanten Betrieben“, aber er habe schon anfangs März die abnehmende Frequenz auf den Straßen festgestellt und sich ab 14. März entschlossen, alle Aktivitäten zurück zu fahren. Zu groß sei ihm das Risiko einer Infektion vorgekommen; für Notreparaturen stehe er selbstverständlich bereit. Er ist der Meinung, dass der Staat zwar konsequent gehandelt habe, aber wie so oft sei die Bürokratie im Spiel. Mit Dekreten und Bestimmungen habe man gezögert, sagte auch der Untervinschgauer Kollege. Dadurch konnte auch der Verband nicht noch früher reagieren. Plötzlich - von einem Tag auf den anderen - wurde dann der Stillstand verordnet. „Wir müssen uns erst daran gewöhnen, nichts zu tun“, meinte Platter fast schon sarkastisch. Nun sei die Politik gefordert; sie müsse sich über Folgen und „Ausstiegsszenarien“ jetzt schon Gedanken machen. Mehr als kritische Worte fanden beide Obleute auch zur Vorgangsweise oder genauer Untätigkeit der Europäischen Union. „Nicht mal den Warenverkehr über die Binnengrenzen brachte sie zum Laufen“, waren Raffeiner-Kerschbaumer und Platter einer Meinung. Versagen auf der ganzen Linie nenne man so etwas. Im Gegensatz dazu versucht die Abteilung „Innovation und neue Märkte“ im lvh, die „unproduktive Zeit“ mit neuen Ideen zu überbücken. Aus „Web“, Netz, und Seminar entstand eine neue Form der Fort- und Weiterbildung. Die kostenlosen „Webinare“ fanden großen Anklang. Etwas Positives habe das Virus aber auch gebracht, erklärten unisono die Bezirksobmänner des Westens. Am 27. März habe eine Videokonferenz mit dem Vorstand, den Rechtsmitgliedern und den Bezirksobmännern stattgefunden. Sie habe wunderbar funktioniert; außerdem habe man sich die Fahrstunden nach und von Bozen erspart. Vermisst habe man höchstens das anschließende, persönliche Gespräch „bei einem Glasl“.

Günther Schöpf
Günther Schöpf

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