In Rom „öffnet sich ein Fenster“
Sonderlösung für Südtiroler Nationalpark-Anteil eingefordert. Vielversprechendes Treffen mit Umweltminister Gilberto Pichetto Fratin.
Rom/Vinschgau - Ein vielversprechendes Treffen mit dem Umweltminister Gilberto Pichetto Fratin (Forza Italia) fand am 11. Februar in Rom statt. Mit dabei waren neben dem Umweltlandesrat Peter Brunner, seinem Ressortdirektor Alexander Gruber und der Abteilungsdirektorin Virna Bussadori auch der Marteller Bürgermeister und Präsident des Nationalpark-Führungsausschusses, Georg Altstätter, der ehemalige Kammerabgeordnete und SVP-Bezirksobmann Albrecht Plangger sowie die Parlamentarier Renate Gebhard und Meinhard Durnwalder, die das Treffen organisiert und gut vorbereitet hatte. Ebenso am Tisch saß Francesco Tomas, Generaldirektor der ministeriellen Abteilung „Direzione generale tutela della biodiversità e del mare (TBM)“. Es war Tomas, der dem Land Ende Oktober 2024 in einem Schreiben sinngemäß mitgeteilt hatte, dass die gesamte, in den vergangenen Jahren geleistete Arbeit bezüglich der Durchführungsbestimmungen und des Nationalparkreglements sozusagen für die Katz gewesen sei. Mit im Rucksack hatte Landesrat Peter Brunner auch konkrete Lösungsvorschläge rund um die Urbanistik und die Rechtssicherheit für die über 200 ganzjährig bewirtschafteten und bewohnten landwirtschaftlichen Betriebe in der sogenannten C-Zone, für über 40 Wohnhäuser sowie Almen und Schutzhütten in der sogenannten B-Zone (Bewahrungszonen) und A-Zone (Kernzone).
Endlich Klarheit schaffen
Albrecht Plangger hat der Bezirkszeitung der Vinschger folgenden Bericht über das Treffen mit dem Minister zukommen lassen: Es sollte endlich Klarheit geschaffen werden, ob auch für die zumeist geschlossenen Höfe unter Aufsicht des Parkes die Entwicklungsmöglichkeiten des neuen Landesgesetzes zur Urbanistik „Raum und Landschaft“ zur Anwendung kommen oder ob die intensive landwirtschaftliche Tätigkeit, Wald und Bergwiesen ausgenommen, als „Wirtschaftstätigkeit“ definiert wird und somit der Schutz - wie in den D-Zonen der Ortskerne - an die Gemeinden ausgelagert werden soll, wie es im Trentino und in der Lombardei vorgesehen ist und vorgeschlagen wird.
Unterschiede zu Südtirol
Allerdings beginnt das Parkgebiet im Trentino und in der Lombardei erst ab einer Meereshöhe von 1.400 Metern, in Südtirol aber schon ab 700. Zudem gibt es dort keine ganzjährig bewirtschafteten und bewohnten Höfe, sondern nur vereinzelte zweimahdige Wiesen. Diese Flächen sind im Trentino und in der Lombardei im Vergleich zur gesamten Parkgröße verschwindend klein. Nicht so in Südtirol, wo die C-Zone riesige Flächen umfasst. Außerdem sollte ein- für allemal definiert werden, in welche Zone die meisten Schutzhütten und Almen anzusiedeln sind. Im bestehenden Vorschlag sind Almen und Schutzhüten in der B-Zone und 2 Schutzhütten (Payer-Hütte und Hintergrathütte) in der A-Zone angesiedelt. In der B-Zone sind laut dem staatlichen Rahmengesetz Nr. 394/1991 nur Instandhaltungs- und Konservierungstätigkeiten erlaubt, aber keine weiteren Eingriffe („È vietato costruire nuove opere edilizie, ampliare le costruzioni esistenti, eseguire opere di trasformazione del territorio ...“). Das Treffen in Rom hat jetzt klargestellt, dass das staatliche Rahmengesetz so gut wie „heilig“ ist, dass es von den Umweltverbänden mit allen Mitteln verteidigt würde und dass es somit diesbezüglich zu einer Neuzonierung im Bereich dieser Schutzhütten und Almen (von B-Zone in C-Zone) kommen muss, wenn man diesem Gesetz entsprechen müsse. Da helfen auch die 2017 erarbeiteten „linee guide per la predisposizione del Piano Parco“ nichts, die ganz andere Möglichkeiten bieten würden. Diese sind aber kein Gesetz.
Sonderlösung gefordert
Die Strategie des Landesrates und seiner Abordnung war klar: Ein- für allemal den Römern im Ministerium klar zu machen, dass der Südtiroler Parkanteil ganz besonderen Spezifitäten hat, die es im Trentino und der Lombardei nicht gibt. Es ist daher durchaus angebracht und billig, Sonderverhandlungen und Sonderlösungen für Südtirol zuzulassen: In Südtirol liegen zwei Gemeinden (Martell und Stilfs) zu 100% im Park, in der Lombardei oder im Trentino gibt es diese Situation nicht; der Park beginnt in Südtirol auf 700 Höhenmetern mit Apfel-, Kleinobst- und Erdbeeranbau (der höchst gelegene ganzjährig bewirtschafte Hof (Stallwies) liegt auf 1.950 Höhenmetern), im Trentino und in der Lombardei beginnt der Park erst auf 1.400 Metern, wobei das Klima im Vinschgau noch sehr viel günstiger ist); in Südtirol gibt es im Park über 200 ganzjährig bewirtschaftete und bewohnte Höfe, während es keine in den Parkgebieten im Trentino und in der Lombardei gibt, dort sind die Höfe auf bestimmten Höhen längst verlassen und werden teilweise nur noch als Kleinst- Almen genutzt, wobei die Gebäude aber zumeist als Wochenendhäuser für die ehemaligen Eigentümer dienen; in Südtirol sollen sich die Höfe weiterentwickeln dürfen, damit eine Abwanderung verhindert werden kann; die Almen in Südtirol sind großflächig und befinden sich zum Großteil in Gemeinschaftsbesitz, die Almwirtschaft wird noch traditionell ausgeübt und bedarf immer wieder technischer Erneuerungen und Erweiterungen. Alle diese Unterschiede wollte man in Rom bisher nicht anerkennen und hat alles „in den gleichen Topf geworfen“.
„Volle Anwendung
auch in Südtirol“
Dass das staatliche Rahmengesetz Nr. 394/1991 - trotz vieler autonomer Befugnisse des Landes in diesen Bereichen - auch in Südtirol volle Anwendung finden müsse, hat die Staatsadvokatur erst auf Anfrage aus dem Ministerium klargestellt. Demnach müsse bzw. könne der Parkplan nur gemeinsam mit Trient und der Lombardei erstellt und vom Ministerium genehmigt werden, obwohl die Lombardei einer Alleinbehandlung für Südtirol und das Trentino schriftlich zugestimmt hat und man mittlerweile auch in Rom wissen müsste, dass man in der Lombardei vor allem wegen der Olympischen Spiele 2026 keine Einschränkungen durch einen neuen Parkplan wolle. Ohne gültigen Parkplan schaut man dort zu, wie z. B. die Casati- Schutzhütte in der A-Zone abgerissen und neu gebaut wird, während man auf der Payer-Hütte aufgrund des Staatsgesetzes Nr. 394/91 jegliche Erweiterungsmaßnahme für neue Sanitäranlagen kategorisch verbieten will.
Es braucht zeitnahe Lösungen
Dann kam die Stunde des Marteller Bürgermeisters. Dieser musste dem Minister und dem Generaldirektor glaubhaft erklären, dass es die aufgezeigten Unterschiede tatsächlich gibt und dass man zeitnah für die vielen Bergbauern und Almbetreiber eine Entwicklungsmöglichkeit brauche, damit diese weiterhin im Park arbeiten können und ihre Höfe nicht wie im Trentino und der Lombardei verlassen, mit gewaltigen negativen Auswirkungen für die Biodiversität im Park. Der Minister und sein Generaldirektor waren sichtlich beeindruckt. Der Landesrat und seine Ressortdirektorin schlossen sich der Argumentation von Georg Altstätter vollinhaltlich an. Minister Gilberto Pichetto Fratin verwies auf die gute Zusammenarbeit und das Vertrauensverhältnis mit den Parlamentariern Gebhard und Durnwalder und wies den Generaldirektor an, umgehend einen technischen Arbeitstisch mit Südtirol einzurichten und die Bau- und Entwicklungsprobleme der Höfe, Almen und Schutzhütten im Park einer Sonderlösung zuzuführen, auch unabhängig vom definitiven Parkplan mit dem Trentino und der Lombardei. Der Generaldirektor - selbst ein General der Umweltpolizei - wolle dem „indirizzo politico“ des Ministers Folge leisten und sich zeitnah um eine einvernehmliche Problemlösung bemühen. Es liege an Südtirol, ihm nun die entsprechenden Unterlagen und Vorschläge zum Gesetz Nr. 394/91 zu liefern. Die „specificità e particolarità“ Südtirols sind nun endlich in Rom angekommen. Jetzt besteht wieder Hoffnung auf einen Durchbruch.