Freuten sich über eine gelungene Veranstaltung (v.l.): Florian Pircher (Abt. Innovation SBB), Edwin Pircher (Arbor Insights), Michael Chang (Arbor Insights) und Christian Stolcis (Feldfühler)

KI in der Landwirtschaft

Zwei Start-ups aus dem Vinschgau zeigen, wie KI die Landwirtschaft nachhaltiger machen kann.

Publiziert in 21 / 2025 - Erschienen am 18. November 2025

Schlanders - Wie verändert künstliche Intelligenz die Landwirtschaft? Welche Chancen bietet Automatisierung für nachhaltigere, effizientere und zukunftsfähige Produktionsweisen? Diesen Fragen widmete sich die erste Ausgabe der neuen Veranstaltungsreihe „Startbase Stories“ in der BASIS Vinschgau. Im Mittelpunkt standen zwei Start-ups, die zeigen, wie Technologie und Landwirtschaft Hand in Hand gehen können: Feldfühler und Arbor Insight. Dass die Premiere der „Startbase Stories“ ausgerechnet der Landwirtschaft gewidmet war, ist kein Zufall. Kaum eine andere Branche ist für den Vinschgau so prägend und gleichzeitig so sehr im Wandel. Klimatische Herausforderungen, zunehmender Kostendruck und der Ruf nach Nachhaltigkeit fordern neue Wege. Genau hier setzen die beiden Jungunternehmen an: mit moderner Sensorik, Drohnentechnologie und Künstlicher Intelligenz.

Feldfühler – Daten, die Entscheidungen erleichtern 

Christian Stolcis, Gründer und Geschäftsführer von Feldfühler, ist im Vinschgau auf einem Bauernhof aufgewachsen. Nach Informatikstudium und Promotion in Deutschland kehrte er mit seiner Familie zurück und gründete 2023 in der BASIS das Unternehmen Feldfühler GmbH. Sein Ziel: Landwirt:innen sollen nicht mehr zu jeder Tages- und Nachtzeit aufstehen müssen, um ihre Bewässerung zu steuern, sondern mithilfe intelligenter Sensoren genau wissen, wann der richtige Zeitpunkt ist, und diese dann über Fernsteuerung ein- und ausschalten. Das System von Feldfühler misst Bodenfeuchte, Temperatur, Luftdaten und Wetterparameter direkt auf dem Feld. Eine App bereitet die Informationen verständlich auf und liefert konkrete Handlungsempfehlungen: Wann muss bewässert werden? Wann droht Frost? Wann ist der optimale Zeitpunkt für Pflanzenschutzmaßnahmen? Das Besondere: Die Sensoren sind modular aufgebaut und lassen sich individuell kombinieren, je nach Betriebsgröße und Kultur. „Ein bis zwei Fühler pro Hektar reichen meist schon aus“, erklärt Stolcis. Über die Jahre hat das Team umfangreiche Vorarbeiten geleistet, sodass neue Nutzer:innen nicht erst jahrelang Daten sammeln müssen, bevor die KI verlässliche Empfehlungen geben kann. In Zusammenarbeit mit der Laimburg und der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) wurden Modelle entwickelt, die selbstständig Vorhersagen treffen. Etwa darüber, wann der Boden zu trocken ist, wann Frostgefahr besteht oder wann bestimmte Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen erfüllt sind, um Pflanzenschutzmaßnahmen einzuleiten. „Die KI beantwortet heute schon viele dieser Fragen automatisch und hilft so, Ressourcen zu sparen und die Arbeit zu erleichtern“, sagt Stolcis. Mittlerweile beschäftigt Feldfühler sieben Mitarbeitende im gesamten DACH-Raum. Die Mission: Hightech einfach machen. So, dass sie in jedem landwirtschaftlichen Betrieb funktioniert und nicht zusätzliche Arbeit schafft, sondern Arbeit erleichtert.

Arbor Insight: Den Bäumen zuhören

Während Feldfühler den Boden im Blick hat, schaut Arbor Insight in die Baumkronen. Das Start-up, gegründet von Michael Chang und Edwin Pircher, setzt auf Drohnen, multispektrale Bildgebung und KI-gestützte Datenanalyse, um Obstplantagen und Wälder digital zu erfassen. „Mehr Daten – weniger raten“, bringt Pircher die Philosophie auf den Punkt. Die Drohnen erfassen Flächen auf den Zentimeter genau, vermessen Höhenprofile, Baumgrößen und Dichten und analysieren Farb- und Wärmespektren, die das menschliche Auge gar nicht wahrnehmen kann. So werden selbst feine Unterschiede im Stresszustand der Pflanzen sichtbar – etwa bei Trockenheit oder Nährstoffmangel. Die so gewonnenen Daten werden in automatisierten Pipelines zu umsetzbarem Wissen verarbeitet: Wann sollte gedüngt, bewässert oder geschnitten werden? Welche Bereiche der Anlage entwickeln sich abweichend? Durch wiederholte Flüge können Veränderungen im Jahresverlauf dokumentiert und verglichen werden. Arbor Insight arbeitet derzeit vor allem in Apfelanlagen, doch auch Weinbau und Forstwirtschaft sind im Fokus. Ein wichtiger Punkt für viele Landwirt:innen ist der Datenschutz: „Die Daten bleiben im System und werden nicht weitergegeben“, betont Pircher. Sie werden ausschließlich genutzt, um die eigene KI zu trainieren und so die Analysen künftig noch präziser zu machen. Auch die rechtlichen Fragen rund ums Fliegen sind geklärt: Arbor Insight verfügt über die nötigen Lizenzen und kümmert sich um Genehmigungen, auch in sensiblen Zonen. Selbst Hagelschutznetze stellen kein Hindernis dar.

Innovation und Energie 

Wie Innovationen in der Praxis Fuß fassen können, erklärte Florian Pircher von der Abteilung Innovation & Energie des Südtiroler Bauernbunds. Die Abteilung begleitet landwirtschaftliche Betriebe von der Idee bis zur Umsetzung, etwa bei Digitalisierungsprojekten, Energieeffizienzmaßnahmen oder Förderanträgen. Ziel sei es, praxisnahe Lösungen zu fördern, die Betriebe nachhaltig und zukunftsfähig machen. „Viele innovative Ideen entstehen auf den Höfen selbst“, sagt Pircher. „Unsere Aufgabe ist es, die richtigen Partner zusammenzubringen und Wege zu finden, wie aus guten Ideen reale Projekte werden können.“

Vernetzen, austauschen, weiterdenken

Nach den Präsentationen blieb noch viel Raum für Fragen und für Vernetzung. Wie viele Sensoren braucht ein Betrieb wirklich? Wie lässt sich KI sinnvoll in bestehende Arbeitsabläufe integrieren? Welche neuen Kooperationen können daraus entstehen? Beim abschließenden Aperitivo im Kasino der BASIS wurde deutlich: Die Landwirtschaft steht an einem Wendepunkt. Automatisierung und Künstliche Intelligenz sind dabei die Werkzeuge, um die Landwirtschaft resilienter zu machen. Sie helfen, Ressourcen zu sparen, Erträge zu sichern und Arbeit menschlicher zu gestalten. Was bleibt, ist die Erkenntnis: KI ist kein Widerspruch zur Natur, sie kann ihr Verbündeter sein. Und vielleicht ist sie tatsächlich der Gamechanger, den die Landwirtschaft für die Zukunft braucht. 

Elisabeth Tappeiner

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