Kortsch
Publiziert in 1 / 2004 - Erschienen am 14. Januar 2004
[K] Fotos: Florian Peer, Text: Andrea Perger [/K]
[F] An der Weingrenze [/F]
Ortsnamensbedeutung
Urkundlich erwähnt wurde Kortsch erstmals im Jahre 931 als "chorces", Mundart: "Kourtsch", amtl. ital. Name: "Corzes". Herkunft und Bedeutung des Namens sind unklar, vermutet wird jedoch ein Ursprung im lateinischen CORTES, was "Höfe" bedeutet.
Quellen
"Die Zeit des Umbruchs, Kortsch, Die Geschichte seiner Landwirtschaft" herausgegeben vom Meliorierungskonsortium Kortsch, 1986
"Schlanders und seine Geschichte Band 1"herausgegeben von der Marktgemeinde Schlanders 1999
"Kortsch 1945-1990" herausgegeben vom Bildungsausschuss Kortsch 1990
"Die Ortsnamen Südtirols und ihre Geschichte, Band 1" von Egon Kühnebacher, herausgegeben vom Landesdenkmalamt Bozen
Informationen: Konrad Lechthaler, Raimund Rechenmacher
[F] Historisches [/F]
Die Geschichte wie auch die Gegenwart von Kortsch sind eng mit der Landwirtschaft verbunden. So mag die "ackerbaufreundliche" Lage, wie Prof. Dr. Rainer Loose sie bezeichnet, ein ausschlaggebender Faktor für die ersten Siedler gewesen sein, sich genau hier niederzulassen. Dabei wird vermutet, dass die ersten Niederlassungen in Kortsch bereits vor 3000 Jahren entstanden. Die Herrschaftsverhältnisse und die Gerichtsbarkeit in Kortsch teilen sich im 12./13. Jahrhundert unter anderem die Grafen von Moosburg, die Grafen von Tirol und die Grafen von Eppan, aber auch das Hochstift Chur hatte Herrschaftsansprüche in Kortsch. Im 13. Jahrhundert bemühte sich Graf Meinhard II um eine geschlossene Landesherrschaft und bereitete dem vielfältigen Herrschaftsrecht auch in Kortsch ein Ende.
Der größte wirtschaftliche Zweig war in Kortsch, wie auch in anderen Vinschger Orten die Landwirtschaft. Bereits damals zeichnen sich die Anfänge des heute so intensiv betriebenen Obstbaus ab. Daneben wurde auf den eher kargen Böden Getreide, in erster Linie aber Futter für die Viehhaltung angebaut. Aber auch Weinbau taucht urkundlich bereits um 1167/1175 auf. Die meisten Bauern hatten nur zwei bis sechs Stück Rinder im Stall, die Milchleistung lag bei nur rund 2 bis 3 Litern weit unter dem heutigen Schnitt. Neben der Bauernschaft sind uns für Kortsch folgende Berufe überliefert: Sattler, Wagner, Rädermacher, Schmied und Gerber, die direkt mit der Landwirtschaft in Verbindung stehen, andere Berufe wie Maurer, Weber und Schuster sind dagegen selten.
[F] Dorfzahlen [/F]
Am 31.12.2002 zählte Kortsch 1112 Einwohner (584 männliche und 528 weibliche). Insgesamt leben zu diesem Zeitpunkt 372 Familien in Kortsch. In der Zeit nach dem ersten Weltkrieg stiegen die Bevölkerungszahlen rasant, so dass sich die Anzahl der Hausnummern von 100 in der ersten Jahrhunderthälfte auf 238 im Jahre 1990 erhöht hat.
[F] Dorfleben [/F]
Kortsch liegt am Ausläufer des Gadriaschuttkegels in geschützter Lage an der Sonnenseite. Besser könnte die Lage gar nicht sein und doch waren die heute so ertragreichen Kortscher Wiesen zwischen Kortsch und Allitz alles andere als lukrative Besitztümer. Durch die extreme Trockenlage vertrocknete hier trotz Waalsystem so manche Ernte, denn das Wasser reichte nicht aus. So erzählt uns ein alter Bauer, dass sein Vater oft gar nicht zum "Wassern" ging, da das Wasser noch vor Ablauf der zugeteilten Zeit nicht die Wiese erreichte, sondern unterwegs von den ausgetrockneten Böden aufgesaugt wurde. Seit dem Bau der Bewässerungsanlagen allerdings zählen die Kortscher Wiesen wohl zu den ertragreichsten Anlagen des Tales. Vielleicht eine Wiedergutmachung vergangener Entbehrungen?
Oberhalb von Kortsch verläuft eine Klimagrenze. In Kortsch gedeihen noch Reben und Edelkastanien, im nahen Laas, das nur knapp 80 Meter höher liegt, ist die Durchschnittstemperatur um bis zu 5 bis 6 Grad niedriger als in Kortsch. Der Eigenbauwein des Dorfes ist bei Kennern und Liebhabern bekannt und beliebt, doch leider viel zu rar. Aber nicht wegen des Weines kam es in der Vergangenheit mit dem Nachbardorf Laas immer wieder zu Streitigkeiten, sondern wegen des Wassers. Ein ganzes Jahrhundert dauerten die Zwistigkeiten an. So sicherten sich die Kortscher früh die Rechte über das Gadriawasser, das für die Bewässerung der Kortscher Wiesen unentbehrlich war. Um 1890 wurde von der Obrigkeit entschieden den Gadriagraben genau in der Mitte (etwa bei Lourdes) verlaufen zu lassen. Die Kortscher Delegation, die bei dieser Tagung wohl versuchte sich gegen diesen Beschluss zu wehren, jedoch nichts gegen die Order von oben ausrichten konnte, wurde im eigenen Dorf bei ihrer Rückkehr mit Schmach empfangen. Umgekehrt war es, als zu einem späteren Zeitpunkt eine ungenutzte Trinkwasserquelle auf Laaser Gemeindegebiet gegen deren Willen den Kortschern zugesprochen wurde. So sträubten sich früher auch Laaser Väter ihre Töchter nach Kortsch heiraten zu lassen. Diese Streitigkeiten entwickelten sich zu wahren Fehden, deren Ausläufer bei älteren Leuten heute noch in Gesprächen zu spüren sind. Doch sowohl die Kortscher Seite, als auch die Laaser versichern mir, dass man heutzutage ein gut- nachbarschaftliches Verhältnis zueinander pflegt. Es wäre auch bei weitem falsch, die Kortscher in einem streitlustigen Licht erscheinen zu lassen. Viel eher sind sie frei denkende und eigenständige Menschen, mit denen das Auskommen leicht ist, solange man nicht versucht, sie um ihre Rechte zu bringen.
Die Landwirtschaft hat sich in Kortsch, dank der Umstellung auf ertragreichen Obstbau gehalten. So gibt es in Kortsch heute circa 120 landwirtschaftliche Betriebe, von denen 70 von Haupterwerbsbauern geführt werden. Die meisten Handwerksbetriebe in und um Kortsch wurden in den 60er Jahren gegründet.
Vom Erscheinungsbild präsentiert sich Kortsch gepflegt. Durch behutsame Erneuerungen und den Bestrebungen der Baukommission unter Karl Grasser alte Bausubstanz zu erhalten und zu renovieren, entstand ein stimmiges Gesamtbild, das Atmosphäre und Charakter ausstrahlt. Doch einige Kortscher befürchten, dass dies sich durch die Ausweisung der neuen Zone in Zukunft ändern könnte.
Weit über Kortsch hinaus ist dessen Theaterverein bekannt. Neben kleineren Auftritten wird ein abendfüllendes Stück pro Jahr produziert. Bei der Auswahl der Stücke wird versucht "billigen Klamauk" zu vermeiden und dem kulturellen Anspruch gerecht zu werden. Dazu besucht der Verein unter anderem auch regelmäßig Aufführungen in Salzburg, Innsbruck und Verona. Der Theaterverein ist nun schon seit etwa 80 Jahren ein fixer Bestandteil des Dorflebens.
Früher hatte in Kortsch das Gregorispiel, das sich über Jahrhunderte zurückverfolgen lässt, Tradition. 1939 gab es die letzte große Aufführung. Aber auch andere Traditionen wie die Wallfahrten nach St. Martin am Kofel oder nach Göflan, oderr auch Bauernfeste wie um Laurenzius oder Rochus existieren nicht mehr.
Uns präsentierte sich das Dorf als überaus gastfreundlich, der gereichte Eigenbauwein konnte uns jedenfalls von seiner Qualität überzeugen. Wir haben die Musikkapelle beim traditionellen Rundgang zu Silvester ein Stück begleitet und so auch einen alten Steinkeller besucht. Ein Musikant verrät uns, dass die Kortscher die Musikkapelle immer bereitwillig empfangen und üppig bewirten. Auch wir werden überall freundlich empfangen und erinnern uns gerne an den Besuch in diesem Dorf zurück.
[F] Wanderung [/F]
Von Kortsch führt am Bergfuß ein sehr alter Weg entlang nach Allitz. Durch die geschützte Lage ist diese Wanderung auch im Winter empfehlenswert. Es ist erstaunlich, wie warm es hier bei windstillem Wetter sogar in den kältesten Monaten um die Mittagszeit sein kann. Oberhalb Kortsch folgt man ab dem Sportplatz dem gut erkennbaren Weg und erreicht Allitz bei gemächlichem Spaziertempo in einer guten dreiviertel Stunde. Der Weg wurde vor ein paar Jahren wieder in Stand gesetzt, ist breit und auch für Familien mit Kleinkindern durchaus geeignet.