Vor dem Filmclub in Bozen (v.l.): Gottfried Oberstaller, Georg Stillebacher, Leo Tiefenthaler, Maria Gufler Leiner und die zwei Historiker und Filmemacher Hansjörg Stecher und Martin Hanni.

Landwirtschaft einst und jetzt

Der zweiteilige Film „Bauer.Sein – gestern und heute“ zeichnet die Geschichte der Landwirtschaft nach.

Publiziert in 15 / 2017 - Erschienen am 25. April 2017

Bozen/Vinschgau - Bozen/Vinschgau - Vor vielen Jahrzehnten waren die Bauern in Südtirol mehr oder weniger Selbstversorger. Mit dem, was sie produzierten, wurden in erster Linie die meistens kinderreichen Familien ernährt. Erst später entwickelten die Bauern ihre Höfe Schritt für Schritt zu marktorientierten Betrieben. Dass die Landwirtschaft in Südtirol im Vergleich zu Gebieten außerhalb des Landes heutzutage relativ gut dasteht, ist dem Fleiß der Bauern und Bäuerinnen zu verdanken, der Mechanisierung, der Ausbildung und auch den Maßnahmen, die von der Politik gesetzt wurden. Wie sich die Südtiroler Landwirtschaft im vergangenen Jahrhundert entwickelt hat, zeigt der zweiteilige Film „Bauer.Sein – gestern und heute“ nach.

Die Mechanisierung und andere Meilensteine

Das Filmprojekt sowie die neue Internetseite www.zeitzeugen.it wurden am 20. April bei der Pressekonferenz im Filmclub Bozen vorgestellt. „Der Film und die Internetseite sollen aufzeigen, wie sich unsere Landwirtschaft und die Gesellschaft insgesamt entwickelt haben, um zwar vom Einsatz der ersten Traktoren und der Erschließung der Höfe bis hin zur marktorientierten Landwirtschaft und zu den neuen Arbeitsweisen in sämtlichen Sektoren“, sagte Bauerbundobmann Leo Tiefenthaler. Für das Filmprojekt konnte der Bauernbund die zwei Zeithistoriker und Filmemacher Hansjörg Stecher aus St. Valentin a.d.H. und Martin Hanni aus Eppan gewinnen. Bereits im Sommer 2016 hatten sie damit begonnen, über 100 historische Filme zu sichten. Ausschnitte daraus werden mit aktuellen Aufnahmen ergänzt, sodass sich das Gestern gut mit dem Heute vergleichen lässt. Ausgehend vom Fundus der historischen Filme haben die zwei Filmemacher nicht nur darin vorkommende Bauernhöfe im ganzen Land „ausgeforscht“ und besucht, sondern auch mit 24 Zeitzeugen gesprochen. Mit älteren und jungen Bauersleuten ebenso wie mit Genossenschaftsobmännern, Politikern, Bauernfunktionären und anderen Personen, welche die Entwicklung der Landwirtschaft miterlebt bzw. mitgestaltet haben.

Bauernportraits aus dem Vinschgau

Auch historisches Filmmaterial aus dem Vinschgau wurde ausgewertet. Hansjörg Stecher und Martin Hanni waren zu Besuch am St. Luzienhof in Kortsch und haben mit Hermann und Christoph Schuster gesprochen. Auch der Biobauer, Käseproduzent und Direktvermarkter Robert Hohenegger vom Gamsegghof in Melag in Langtaufers wird im Film portraitiert. „Es ist wichtig, dass die Jugend von heute sieht, wie es einmal war und auf welcher Basis sie heute weiterarbeiten kann“, freute sich Gottfried Oberstaller, der Präsident der Seniorenvereinigung im SBB. Die Seniorenvereinigung habe gerne mitgeholfen, die Kontakte zu den Zeitzeugen zu vermitteln. Zu diesen gehört auch Georg Stillebacher, der ehemalige Bürgermeister von Prad. Wie er bei der Pressekonferenz erzählte, war vor allem der Obervinschgau in früheren Zeiten eine arme Gegend. Man war froh, „wenn einige der Kinder von der Schüssel weg kamen.“

„Weg von der Schüssel“

Viele junge Männer suchten Arbeit in der Schweiz, viele Mädchen zogen in italienische Großstädte, um als Kindermädchen oder Haushaltsgehilfen zu arbeiten. Vieles bewegt habe die Eröffnung der Fachschule Fürstenburg. Auch die Ortsgruppen der Bauernjugend hätten vielerorts für Aufschwung und Aufbruchsstimmung gesorgt. Weitere große Schritte waren die Erschließung der Höfe, die Vermarktung der Milch sowie der Anbau von Gemüse und Obst. Maria Gufler Leiner, Südtirols erste Landesbäuerin, erinnerte an die Entstehung der Bäuerinnenorganisation: „Der Druck kam von den Bäuerinnen selbst, denn sie hatten wenig Mitsprache und ihre Arbeit am Hof erfuhr wenig Wertschätzung.“ Das Ziel der Organisation sei es nach wie vor, das Berufsbild der Bäuerin aufzuwerten und die Bäuerinnen auf allen Ebenen zu unterstützen und zu stärken.

Zwei Sendetermine

Der zweiteilige Film, den der Bauernbund in Zusammenarbeit mit Rai Südtirol und mit Unterstützung des Landesamtes für Kultur produziert hat, wird am 28. April und am 5. Mai um 20.20 Uhr auf Rai Südtirol in zwei Folgen zu je 30 Minuten ausgestrahlt. Wie SBB-Mitarbeiter Tobias Egger, der Leiter der Film- und Internet-Projektes, mitteilte, sind die Erzählungen der 24 Zeitzeugen ab sofort auf der neuen Internetseite www.zeitzeugen.it als Videoaufnahmen in der Mediathek abrufbar. Die Internetseite beinhaltet auch eine historische Übersicht über die Landwirtschaftsgeschichte und Videoclips mit historischen Aufnahmen. Leo Tiefenthaler fasste das Ziel des Projektes so zusammen: „Mit diesem Film und den Videoaufnahmen bringen wir die Geschichte der Südtiroler Landwirtschaft einem breiten Publikum näher. Darin zeigen wir, wie sich die Landwirtschaft im Laufe der Jahrzehnte gewandelt hat und dass ihre Weiterentwicklung auch immer notwendig war.“ Detail am Rande: Hansjörg Stecher arbeitet bereits an einem weiteren Filmprojekt. Worum es geht, verrät schon der Titel des Films, der im Herbst vorgestellt werden soll: „Das versunkene Dorf“. Es geht um die Seestauung am Reschen. Auch in diesem Film greift Stecher auf historische Aufnahmen sowie Zeitzeugenberichte zurück. An der Herausgabe eines Buches mit demselben Titel wird ebenfalls schon gearbeitet.

Josef Laner
Josef Laner

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.