Leben in schwierigen Zeiten
Schlanders - Krisen und Katastrophen sind für die Menschheit nichts Neues. Schon im Altertum und Mittelalter gab es zum Beispiel verheerende Seuchen und Pandemien. Weitgehend geändert haben sich das Verhalten und die Einstellung der Menschen beim Auftreten von Krisen. Wie es den Menschen als Einzelpersonen und auch als Gemeinschaft gelingen kann, schwierige Zeiten heutzutage gut zu überstehen, war das Hauptthema des Vortrags „Leben in schwierigen Zeiten – ein philosophischer Leitfaden“, der am 6. April in der Bibliothek Schlandersburg stattfand. Der Vortagsabend mit dem Philosophen Nikil Mukerji war die letzte Veranstaltung im Rahmen der „Bücherwelten 2022“. Die Veranstaltung war Teil der Reihe „Philosophicum Autonomia: Philosophische Gespräche über Autonomie“, organisiert von Eurac Research und „Autonomy Experience“. Vorgestellt wurde der Referent von Michael de Rachewiltz (Eurac Research). Nikil Mukerji ist seit Jahren in der Krisen- und Katastrophenforschung tätig und hat mehrere Bücher veröffentlicht, so etwa „Die 10 Gebote des gesunden Menschenverstands“ oder „Covid-19: Was in der Krise zählt. Über Philosophie in Echtzeit.“ Als eklatanten Denkfehler, dem zu Beginn der Covid-19-Krise viele aufgesessen sind, nannte Mukerji den Truthahn-Fehlschluss. Man habe die Gefahr unterschätzt und nicht erwartet, „dass der Bauer dem Truthahn eines Tages den Hals umdrehen würde.“ Wer keine Erfahrungen mit Krisen habe, neige dazu, sie zu verleugnen und wolle portout nicht wahrhaben, dass es auch ihn treffen könnte. Ausgehend von der Leitmetapher, wonach der Mensch noch immer nach einem Modell handelt, das er vor rund 300.000 Jahren in Afrika entwickelt hat und das seither aber nicht „generalünerholt“ wurde, lenkte Mukerji den Blick auf mögliche Handlungsfelder und wartete am Ende mit Schlussfolgerungen auf. Ein wichtiger Faktor zur Bewältigung von Krisen sei die Gelassenheit. Mukerji zitierte hierzu ein Gebet des US-amerikanischen Theologen Reinhold Niebuhr: „Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ Auch zur Suche nach dem eigenen Ikigai rief der Referent auf. Der Begriff Ikigai stammt aus dem Japanischen und bedeutet Lebenssinn, salopp ausgedrückt „das Gefühl, etwas zu haben, für das es sich lohnt, morgens aufzustehen“. Auf die eigene Gesundheit zu achten, sei nicht nur besonnen, sondern auch moralisch wünschenswert: „Wenn Sie gesund sind, können Sie Ihren Mitmenschen helfen. Wenn Sie krank sind, fallen Sie Ihren Mitmenschen zur Last.“ Und auch mit ganz konkreten Tipps wartete Mukerji auf: „Schlafen Sie gut und regelmäßig. Essen Sie ausgewogen und nicht zu viel. Betreiben Sie Sport. Sitzen Sie nicht zu viel.“ Wenn es schwierig wird, sollte man sich fragen, was wirklich zählt, sich auf das Wesentliche konzentrieren, Optionen wahren, Hilfe suchen und akzeptieren. Um Krisen zu meistern, brauche es Vorsorge und Absicherung auf allen Ebenen: Beziehungen, Beruf, Gesundheit und Geld.
