Im Bild (v.l.): Renata Bott, Peter Häberlin und Ernst T.A. Schweizer.

„Macht und Pracht“

Publiziert in 31 / 2017 - Erschienen am 19. September 2017

Sta. Maria -  - Wer vom Vinschgau kommend durch das Münstertal Richtung Ofenpass fährt, gewahrt gleich eingangs des Dorfes Sta. Maria zur Rechten ein mächtiges und prachtvoll verziertes mittelalterliches Gebäude mit angegliederter Kapelle – die Chasa de Capol. Heute ein einladendes, dem illustren Kreis der Swiss Historic Hotels angehörendes Hotel und Restaurant, hatte der ehemalige Adelssitz, dessen Fundamente bis in karolingische Zeit zurückreichen, nach dem Tod des letzten Mitglieds der gräflichen Familie de Capol (1838) rund 115 Jahre lang leer gestanden und galt vielen Dorfbewohnern als eher unheimlicher Ort.
Anlässlich der Europäischen Tage des Denkmals, die heuer unter dem Motto „Macht und Pracht“ standen, gelangte am 9. September im hauseigenen Theater Scena Capol ein vom Hausherrn Ernst T. A. Schweizer verfasster, mehrstimmiger, bebilderter und mit Musik unterlegter „Essay“ zur jüngeren und älteren Geschichte des Hauses zum Vortrag. Renata Bott aus Tschierv, der langjährige Stammgast Peter Häberlin sowie Ernst T. A. ­Schweizer selbst evozierten zunächst aus verschiedenen Perspektiven die ersten Annäherungen und Begegnungen des jungen Musikstudenten „Severin“ aus Basel mit dem geheimnisvollen und geschichtsträchtigen Bau. Anfang der fünfziger Jahre verbrachte der junge Mann die Sommerferien mit seiner Familie in Sta. Maria. Vom Fenster seines Hotelzimmers aus sah er jeden Tag auf das große unbewohnte Gebäude, das ihn mehr und mehr in seinen Bann zog. Nachts meinte der Musiker gleichsam die alten Mauern raunen zu hören, Töne und Musik aus ihnen zu vernehmen, und es wuchs der Wunsch, dieses Haus selbst zu bewohnen. In diesem sehr persönlich gehaltenen ersten Teil des Abends erhielten die Zuhörer einen Eindruck von der tiefen Faszination des geschichtsträchtigen Gebäudes auf seinen Wiederentdecker Ernst T. A. Schweizer, der die Chasa de Capol schließlich vor nunmehr 64 Jahren bezog, alsbald mit neuem Leben erfüllte und zu einem weitherum bekannten Ort der Gastfreundschaft machte.  Der zweite Teil des Essays nahm das Publikum mit auf einen historischen Streifzug vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert durch die eng mit der Geschichte des Münstertals, des ehemaligen Wallfahrtsortes Sta. Maria und der ursprünglich aus Venedig stammenden Adelsfamilie de Capol (Polo) verbundenen Historie des Hauses und seiner vielen illustren Bewohner und Gäste.
Der Abend klang aus auf einer kulinarischen Note bei einem exquisiten Diner aus der auf regionale Produkte und Eigenanbau setzenden Küche von Ernsts Sohn Ramun Schweizer, dem der Pionier vor ein paar Jahren die Chasa de Capol und die Pflege ihres reichen Erbes übertragen hat. Ein Besuch lohnt sich für Kultur- und Genussfreunde nicht nur an den Tagen des Denkmals.

Thomas Hidber, Zürich

Redaktion
Vinschger Sonderausgabe

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