Mahnmalspaltung

Publiziert in 39 / 2017 - Erschienen am 14. November 2017

Vinschgau - „Kein Mensch hat das Recht zu gehorchen.“ Die vor kurzem enthüllte Entschärfung des Piffrader-Reliefs mit dem genannten Zitat drängt mich zu ein paar Gedanken. Vor fast 30 Jahren hat mir ein Bekannter erzählt, dass er und seine Mitschüler von einem Lehrer gefragt worden waren, was sie denn mit dem Erlös ihres Maturaballes machen würden. Die lapidare Antwort: Sprengstoff für das Siegesdenkmal kaufen. Der Lehrer meinte daraufhin, dann würde er auf dem Ball besonders viel Geld ausgeben. Diese Zeiten sind vorbei. Das Bozner Siegesdenkmal mit Dokumentationszentrum ist heute ein Mahnmal gegen Faschismus und Nationalsozialismus. Aber halten solche Mahnmale auch tatsächlich von totalitären Ideologien ab? Angesichts der politischen Entwicklungen in Europa hat man nicht den Eindruck. Von Mussolini-Kalendern und -CDs etc. ganz zu schweigen. Als ich das letzte Mal am Siegesdenkmal vorbeigegangen bin, habe ich mich gefragt, was passiert wäre, wenn man es unmittelbar nach Ende des 2. Weltkrieges abgetragen und daraus Grabsteine für die Gefallenen gemacht hätte. Oder wenn es heute jemand in die Luft sprengen würde? Wer würde dem Denkmal, wer dem Mahnmal nachtrauern und einen Wiederaufbau fordern?

Christian Zelger
Christian Zelger

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