Mehr Platz für Bäume
Schlanders - Die negativen Folgen der zum Großteil vom Menschen verursachten Erderwärmung werden immer sichtbarer und dramatischer, auch in Südtirol. Um noch Schlimmeres zu verhindern, „müssen wir unser gesamtes Gesellschaftssystem radikal ändern.“ Mit diesem Zitat der Klimaforschers Georg Kaser aus einem Interview mit dem der Vinschger (Ausgabe Nr. 14/2022) eröffnete Helmut Schönthaler am 9. September im Namen der Umweltschutzgruppe Vinschgau einen Vortrags- und Diskussionsabend im Kulturhaus in Schlanders. Als Referenten konnte er Florin Florineth begrüßen, der seit 2015 emeritierter Professor an der Universität für Bodenkultur Wien ist. Der gebürtige Vinschger hatte sich als Ingenieurbiologe, Vegetationstechniker, Experte für die Renaturierung von Bächen und Flüssen sowie Autor wissenschaftlicher Publikationen internationale Anerkennung erworben. Schönthaler erinnerte u.a. an sein Standartwerk „Pflanzen statt Beton“ (2012). Einleitend verwies Florin Florineth auf den steten Anstieg der Temperaturen, den dramatischen Gletscherschwund am Beispiel des Ortlers, der Königsspitze und anderer Berge in den Alpen sowie auf den Rückgang der Niederschläge: „Auch im Vinschgau wird es immer wärmer. Es gibt weniger Niederschläge und mehr Trockenheit, vor allem in den Herbstmonaten.“ Die meisten Niederschläge werden von Dezember bis Februar verzeichnet, „wenn es sie für die Vegetation eigentlich nicht braucht.“ Ausdrücklich gewarnt hat Florineth vor großen Hangschuttmengen, die abgeschmolzene Gletscher im Ortlergebiet hinterlassen: „Wenn zum Beispiel auch nur 10 Prozent zu Tal kommen, kann der Suldenbach diese Mengen nicht schlucken und Prad hat es dann nicht leicht.“ Den Fokus seines Vortrags richtete Florineth aber auf die Maßnahmen, welche die Gemeinden und die Bürgerinnen und Bürger setzen können und sollen, um den Folgen des Klimawandels entgegenzuwirken. Als konkrete Maßnahmen in diesem Sinn nannte er das richtige Pflanzen von richtigen Bäumen und die fachgerechte Pflege derselben. In diesem Bereich ortet Florineth einen Nachholbedarf im Vinschgau und speziell auch in Schlanders. Bezüglich Baumschnitt merkte er an, dass wenige und starke Äste für den Baum die beste Lebensversicherung sind. Nicht selten verkannt werde, dass Bäume mit großen, runden Kronen den größten Kühleffekt bringen. Bäume sollte man pflanzen, wo immer es möglich ist, denn sie kühlen ab, beschatten und binden Staub. Mit Ratschlägen zur richtigen Pflanzung von Bäumen wartete der Fachmann ebenso auf wie mit Tipps zur Auswahl: „Viele heimische Laubhölzer, wie etwa der Spitzahorn oder bestimmte Lindenarten, werden die Erwärmung und Trockenheit, wie sie in Zukunft zu erwarten sind, nicht aushalten.“ Da hatten Zürgelbäume und andere hitze- und trockenresistente Baumarten bessere Karten in der Hand. Angesehen hatte sich Florineth auch den Baumbestand auf dem Areal der Ex-Drusus-Kaserne: „Es können nicht alle Bäume erhalten werden, sondern nur standortsichere, wie etwa die Platanen. Abgestorbene Bäume, wie zum Beispiel jener am Hauptplatz in Schlanders, seien aus Sicherheitsgründen zu fällen, während auf andere besonders zu achten sei, wie etwa auf die imposante Zeder im Plawennpark. Auch auf die Bedeutung von Dach- und Fassadenbegrünungen wies Florineth anhand konkreter Beispiel hin. Sein zusammenfassender Schlussappell lautete: „Mehr Grün- statt Asphaltflächen, mehr Platz für Bäche und Flüsse.“