Mehr Referenten, hitzige Diskussionen
Referenten werden aufgestockt, erhalten aber künftig weniger Geld. Güterwege sorgen im Latscher Gemeinderat für laute Diskussionen.
LATSCH - „Wir sind vollzählig. Das gab es schon lange nicht mehr“, stellte Bürgermeister Helmut Fischer in der vergangenen Woche zu Beginn der Gemeinderatssitzung in Latsch fest. Kein Wunder, schließlich standen einige „heiße Eisen“ auf der Tagesordnung. Die Aufstockung der Gemeindereferenten bei gleichem Gehalt – und somit einer Budgeterhöhung – stand ebenso zur Debatte wie ein seit vielen Jahren schon hitzig diskutiertes Thema: Die endgültige Übertragung der Güterwege im Gemeindegebiet von Latsch an das Bonifizierungskonsortium Vinschgau. Sozusagen zum „Aufwärmen“ war bei der Sitzung erst der Punkt über die Umbenennung der italienischen Bezeichnung des Morterer Äuelewegs von „via Ischietta“ in „vicolo Ischietta“ abgehandelt und einstimmig genehmigt worden. Der Grund: Eine „via Ischietta“ gebe es in Latsch bereits. Laut neuesten Vorschriften dürfe es im Gemeindegebiet nicht zwei Straßen mit der gleichen Bezeichnung geben.
Aufstockung „politisch klug“
Was die Aufstockung der Referenten von vier auf fünf angehe, sprach sich der Gemeinderat klar dafür aus. Somit werden ab der neuen Verwaltungsperiode sechs Personen des 18-köpfigen Rates den Ausschuss bilden, der Bürgermeister und fünf Referenten. Der Tenor: Eine Aufteilung der Arbeit sei sinnvoll. Zudem sei es ein politisch kluger Schachzug. „Bei der Bildung des Gemeindeausschusses müssen die Fraktionen, also Morter, Goldrain und Tarsch bedient werden. Außerdem ist die Frauenquote zu beachten“, erklärte Gemeindereferent Robert Zagler. Der Spielraum sei bei vier Referenten recht gering. Eine Aufstockung schaffe mehr Möglichkeiten. So sei es mit mehr Referenten auch möglich, die verschiedenen Sparten besser zu berücksichtigen. Sepp Kofler, derzeit unabhängiges Ratsmitglied, stimmte dagegen und übte scharfe Kritik: „Bei dem bisher Geleisteten sehe ich keinen Sinn, den Gemeindeausschuss aufzustocken“.
Keine volle Entschädigung
Ein Großteil der Gemeinderäte war der Meinung, dass mit einer Aufstockung des Gemeindeausschusses die einzelnen Referenten entlastet werden würden. Daher sei es auch nicht gerechtfertigt, dass der zusätzliche Referent die volle Entschädigung von jährlich rund 22.000 Euro brutto erhalte. Vielmehr sollten die derzeitigen Ausgaben für den Gemeindeausschuss nicht erhöht werden. Das bedeutet letztendlich, dass diese Mittel künftig unter fünf Referenten aufgeteilt werden, sprich: künftig erhält jeder Referent etwas weniger. Um die Entschädigung der Referenten doch noch aufzustocken, könnte der künftige Bürgermeister auf einen Teil seines Gehaltes verzichten, wie einige Gemeinderäte mit Zwischenrufen meinten. Diese Möglichkeit gelte es zu prüfen. Bei der Abstimmung sprachen sich lediglich zwei Ratsmitglieder für die Zuerkennung der vollen Entschädigung an alle fünf Referenten aus. Bürgermeister Helmut Fischer und Referent Mauro Dalla Barba, die im Mai beide für das erste Amt in der Gemeinde kandidieren, sprachen sich nach der Anhörung der Gemeinderäte wie der Großteil gegen eine Budgeterhöhung aus. Fischer hatte zuvor jedoch betont, dass er auch eine Aufstockung bei gleich bleibenden Bezügen befürwortet hätte.
Streitthema: Güterwege
Enttäuscht zeigte sich Fischer von der Vertagung des Punktes der endgültigen Übertragung der Güterwege an das Bonifizierungskonsortium Vinschgau. Fischer selbst hatte den Punkt auf die Tagesordnung gesetzt. Nach vielen Jahren sei es Zeit für eine Entscheidung. „Lange Zeit war es gar nicht möglich, dass Gemeindewege unentgeltlich an das Bonifizierungskonsortium übergehen können. Nun ist es dank eines Gesetzes, welches es nur in Südtirol gibt, möglich“, erklärte Fischer. Zur Erinnerung: Feldwege und dergleichen, die keinen sozialen oder touristischen Charakter haben und somit nicht von öffentlichem Interesse sind bzw. keine wichtige Verbindung darstellen sowie auch nicht zu Hofstellen oder Wohnhäusern führen, sollten in den Besitz des bäuerlichen Bonifizierungskonsortiums Vinschgau übergehen. Der Hintergrund: Die Wege würden somit auch jenen „gehören“, die hier arbeiten, also den Landwirten – zudem würde es für diese mehr rechtliche Sicherheit geben. Außerdem wäre das Bonifizierungskonsortium für die Instandhaltung der Wege verantwortlich. Als Robert Zagler, der als Bauernvertreter im Gemeindeausschuss sitzt, das Wort ergriff, musste Bürgermeister Fischer wohl kurz schlucken. „Landwirte sind an mich herangetreten und meinten es sei ein ungünstiger Zeitpunkt. Das Thema kam kurzfristig auf die Tagesordnung. Es geht alles zu schnell. Bevor wir hier lange rumdiskutieren, stelle ich den Antrag, den Punkt zu vertagen“, so Zagler. Die Folge waren dennoch Diskussionen: Über politische Spielchen, Keiltreibereien und Versäumnisse.
„Hauruck-Aktion“
Sepp Kofler kritisierte, dass sich in den letzten Jahren wenig getan habe. Zagler entgegnete, dass sich die Fronten seit 2016 verhärtet hätten und das Güterwege-Thema sehr schwierig sei. Unter anderem Vizebürgermeisterin Sonja Platzer und einige Gemeinderäte stimmten dem zu, und sprachen von einer „Hauruck-Aktion“ des Bürgermeisters. „Es ist kompliziert, deshalb möchten wir Bauernvertreter das Thema vertagen und es in Ruhe, ganz ohne Polemiken, weiterbehandeln“, so Christian Stricker. Das Thema geistere bereits seit 20 Jahren im Gemeinderat herum. 2010 sei es wieder konkret geworden, danach habe sich wenig getan. 2014 seien Wahlversprechungen gemacht worden, erinnerte Stricker.
„Ein Vorschlag, der rechtlich hält“
„2010 hat es erste Grundsatzbeschlüsse gegeben. Und mehrere Versuche sie umzusetzen, es war aber rechtlich nicht haltbar“, entgegnete Fischer. Er selbst habe 2014 noch geglaubt, dass man den Landwirten mehr Wege geben könne. „Dem ist aber nicht so. Das hier ist das Limit. Und es ist ein guter Vorschlag“, betonte Fischer nochmals. Den Vorschlag, in dem rund sechs Hektar öffentlicher Grund als Feldwege an die Bonifizierung übergehen sollen, habe er mit den vier Bonifizierungskonsortiums-Vertretern der Katastralgemeinden Latsch, Tarsch, Morter und Goldrain in enger Abstimmung mit dem Land erarbeitet. Joachim Weiss, ein weiterer Bauernvertreter betonte, dass es noch einige Ungereimtheiten gebe. Bürgermeister Helmut Fischer konterte: „Ich habe hier einen Vorschlag, der rechtlich hält und vom Land abgesegnet ist. Es ist eine haarige Geschichte, wir reden von öffentlichem Eigentum, welches an das Bonifizierungskonsortium übergeht. Da wird dann ganz genau hingeschaut. Wenn wir das jetzt vertagen oder versenken, wer weiß was dann passiert“. Schlussendlich wurde der Tagespunkt bei einer Gegenstimme - jener des Bürgermeisters - sowie zwei Enthaltungen vertagt.