Die Expertenrunde (v.l.): Hanna Bliem, Bernhard Wöll, Gerald Holzer, Walter Zischg, Ruth Engl und Horst Ortler.
Die Autorin Karin Ortler (links) mit ihrem Neffen und Hüttenwirt Bernhard Wöll und ihrer Schwester Filomena Ortler, die gemeinsam mit ihrem verstorbenen Mann Hermann Wöll über Jahrzehnte die Hütte geführt hat.
Experten unter sich (v.l.): Ruth Engl vom Touriseum, Walter Zischg aus Stilfs und Stephan Gander

Mikrokosmos Payerhütte

Publiziert in 11 / 2025 - Erschienen am 11. Juni 2025

Trafoi - Zu einer Buchvorstellung mit einer Expertenrunde lud unlängst Karin Ortler ins Nationalparkhaus „naturatrafoi“ ein. Sie ist die Autorin der über 200 Seiten starken Publikation zum 150-Jahr-Jubiläum der Payerhütte. Vor einem Jahr auf einer Familienfeier auf das Jubiläum angesprochen, entstand die Idee, die Geschichte zur Payerhütte unterm Ortler aufzuschreiben. Die Familie Ortler führt nämlich seit 105 Jahren wohl eine der ältesten Schutzhütten der Alpen. Karin Ortler sichtete in einer knapp einjährigen, intensiven Recherchearbeit über 1.200 Zeitungsberichte, zahllose Fotos und Originaldokumente und führte viele Gespräche mit Zeitzeugen. Ihre Geschichte spannt sich von den Anfängen 1875 als Selbstversorgerhütte und den baulichen Veränderungen im nahezu 10-Jahres-Rhythmus bis zur Erweiterung der Zufahrts- und Zustiegswege. Anhand der wechselhaften Besitzergeschichte können auch weltpolitische Veränderungen abgelesen werden: Von der Sektion Prag zum CAI Mailand und letztlich 1999 zum Land Südtirol. Als Experten und Zeitzeugen erzählten Walter Zischg und Horst Ortler von den Mühsalen der „Mullibuam“, die Waren mit Mullis und Pferden zur Hütte bzw. zur Materialseilbahn brachten. Sogar ein 147 kg schweres Klavier wurde auf dem Rücken zur Hütte getragen. Gerald Holzer erläuterte die besondere Stellung der Hütte während des Ersten Weltkrieges, die von den Italienern zwar beschossen, aber nie getroffen wurde. Ruth Engl vom Touriseum weitete mit Fakten aus der Tourismusgeschichte den Blick. Stephan Gander vom Hotel Schöne Aussichte Bella Vista ergänzte, wie die tragischen Auswirkungen der Option den Wechsel der Hüttenwirtsfamilie Ortler von der „Schönen Aussicht“ zu jenen Ortlers von „Tannenheim“ zur Folge hatte. Der Bezirksvertreter des AVS, Albert Platter, wies auf das Ende der Alpenerschließung hin, so die Meinung der alpinen Vereine. Hanna Bliem, seit fünf Jahren bergbegeisterte Mitarbeiterin auf der Payerhütte, und Bernhard Wöll ließen kurz in ihren Arbeitsalltag auf über 3.000 m Höhe blicken. Den Begriff „Mikrokosmos“, von Karin Ortler in Diskussion gebracht, übernahm auch Wöll. „Das Wetter entscheidet über den Tagesablauf. Es gibt kaum Ablenkung von außen und so ist es wie eine eigene Welt, in der man sich zwei bis drei Monate lang bewegt“, so Wöll, der inzwischen das 36. Jahr mit viel Freude auf der Hütte arbeitet und damit die lange Hüttenwirte-Tradition in der nächsten Generation fortführt. Das Buch ist im effekt!Buch Verlag erschienen und in zahlreichen Buchläden erhält. 

Andrea Kuntner
Andrea Kuntner
Vinschger Sonderausgabe

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