Mit schwarz-weiß Denken kommt man nicht voran
Publiziert in 13 / 2014 - Erschienen am 9. April 2014
Von der Podiumsdiskussion über „Die Freiheit der Bauern“ erwartete
man sich Ratschläge und Empfehlungen für den Obervinschgau.
Mals - Der „alternative Anbauer“ Daniel Primisser aus Prad war bestrebt, die Veranstaltung in sachbezogene Bahnen zu bringen. In seiner Einleitung vermied er kämpferische Töne, sprach von der Notwendigkeit, sich mit „den Konsumenten zu beschäftigen“ und erwähnte die „regionalen Kreisläufe als Zukunft der Landwirtschaft“. Moderatorin Gudrun Esser leitete mit dem Wunschbild des getreidebewachsenen Obervinschgaus über zum Referat von Berthold Ketterer. Der Verwaltungsratspräsident der „Tschlin Biereria“ im Unterengadin erinnerte an die „unternehmerische Freiheit“ des Bauern, an seine Verantwortung als „bedeutendster Naturpfleger“ und empfahl kritisches Prüfen von Trends. Im Schlusswort setzte er Freiheit mit Recht gleich: „Sie haben ein Recht auf ihren Erwerbsraum, aber anerkennen Sie die Gedanken Andersmeinender“. Friedensfähigkeit habe er durch die Realteilung auf seinem Bio-Hof im hessischen Bad Schwalbach gelernt, meinte der zweite Referent Wolfgang Keller, der über „seine Geschichten“ versuchte aufzuzeigen, dass es „immer Möglichkeiten und Chancen“ gebe. Er nannte die Wahlfreiheit des Konsumenten als wesentlich. Die Ultner Biobäuerin Traudl Schwienbacher sah in der Entscheidung zum schonenden Anbau Ausdruck von Freiheit. Bio-Gastronom Friedrich Steiner aus Mals machte klar, dass ein Bio-Bauer nur leben könne, wenn man ihm die Produkte auch abnehme. Laut Ketterer sei die Einkaufsliste als Abstimmungszettel des Konsumenten maßgebend für Entscheidungen des Bauern. Als aus dem Publikum auf die durchaus bestehende Vielfalt im Obstbau, auf die Gefahr des „Auseinanderdividierens“ der Bauern hingewiesen wurde und das Stichwort „Hetzkampagne“ fiel, waren der weitere Verlauf des Abends vorgegeben und die Trennlinien klar. Bauernbundbezirksobmann Raimund Prugger versuchte „den Ball niedrig zu halten“, indem er auf mögliche Maßnahmen gegen die Abdrift hinwies, darunter das Anbringen von Schutzpflanzungen. Die Folgen waren recht emotionale Vorwürfe, dass man im Obervinschgau noch keinen Obstbauer beim Pflanzen von Hecken gesehen habe. Auch wurde Prugger die Frage gestellt, ob er etwas gegen den Bio-Anbau habe, weil er ihn nicht praktiziere. Eine weitere Wortmeldung bezog sich auf das zerstörte Vertrauen und auf die Angst um die Gesundheit der Kinder. Bierbrauer Ketterer empfahl, nicht in der großen Gruppe nach Lösungen zu suchen und sich vor Augen zu halten, dass es mit Schwarz-Weiß-Denken nicht gelingen werde. Biobauer Keller ließ ein Kompliment vom Stapel: „Gratuliere zum geschärften Problembewusstsein“. Obwohl Raimund Prugger vor überzogenen Erwartungen an den Bauernbund warnte, wurde er „Hoffnungsträger und Lichtgestalt“ genannt. s

Günther Schöpf