Mit Unterschrift und Handschlag
Publiziert in 38 / 2013 - Erschienen am 30. Oktober 2013
Vinschger Stromstreit nach 15 Jahren beigelegt. „Mit Resultat zufrieden“
Bozen/Vinschgau - Eine Beteiligung von 25% am Wasserkraftwerk Laas/Martell, die sofortige Zahlung der Umweltgelder an die Anrainergemeinden Martell, Laas und Latsch sowie die Lösung noch offener Energiefragen im Vinschgau: Das sind die wesentlichen Inhalte der Vereinbarungen zur Beilegung des Vinschger Stromstreites. Es sind zwar noch einige Folgebeschlüsse seitens des Landes und der SEL zu fassen, doch im Kern ist der seit rund 15 Jahren anhaltende Stromstreit nun endlich und wohl endgültig vom Tisch. Besiegelt wurde die „Streitbeilegung“ just zwei Tage vor den Landtagswahlen im Büro des scheidenden Landeshauptmannes Luis Durnwalder sowie anschließend am Sitz der SEL. „Es wurde von allen Seiten guter Wille und Einsicht an den Tag gelegt, sodass ein guter Kompromiss erzielt werden konnte“, sagte Durnwalder. Die Einigung sei für den Vinschgau ebenso wichtig wie für das Land und die SEL. „Was gewesen ist, ist gewesen. Jetzt ist dieser Streit vorbei und es kann eine neue Art der Zusammenarbeit mit der SEL beginnen“, freute sich der Kammerabgeordnete und VEK-Obmann Albrecht Plangger, der die Verhandlungen koordiniert hatte. „Alle Kompromisse tun weh. Wir als Vinschger sind mit dem Resultat zufrieden“, so Plangger. Für ihn war es wichtig, dass die „Streitbeilegung“ nicht nur mit den Unterschriften, sondern auch mit einem Tiroler Handschlag besiegelt wurde. Auch Andreas Tappeiner, Bezirkspräsident und Bürgermeister von Laas, sprach von einem historischen Moment. Es sei gelungen, mit einem allumfassenden Kompromiss ein „Vinschger Energiepaket“ zu schnüren, mit dem auch der Weg für weitere Vorhaben geebnet werde, nämlich für die Netzübernahme und die eigenständige Stromverteilung auf Genossenschaftsbasis. Auch die Landesräte Richard Theiner und Florian Mussner freuten sich, dass ein neues Kapitel der Zusammenarbeit aufgeschlagen werden kann. SEL-Präsident Wolfram Sparber sprach von intensiven und energieraubenden Verhandlungen, die aber zu einem „guten Kompromiss“ geführt hätten. Dank gebührt laut Theiner auch Georg Wunderer, dem Präsidenten des E-Werks Prad, sowie dem Landtagsabgeordneten Sepp Noggler.
Umweltgelder und mehr
Die Unterschriften, die im Büro von Durnwalder getätigt wurden, ebnen den Weg für die Zahlung der Umweltgelder an Martell, Laas und Latsch. Die längst überfälligen Gelder im Ausmaß von 1,8 Mio. Euro für die Jahre 2011 und 2012 sollen unverzüglich fließen. Insgesamt stehen den drei Gemeinden für die Dauer von 30 Jahren rund 900.000 Euro pro Jahr zur Verfügung. Das am Sitz der SEL unterschriebene Einvernehmensprotokoll zwischen SEL (Präsident Wolfram Sparber), Hydros (Präsident Giovanni Polonioli) und Vinschgauer Energiekonsortium (Obmann Albrecht Plangger) sieht Strombezugsrechte am Kraftwerk Laas/Martell vor, die Klärung in Bezug auf die Zuleitungen Melz/Arunda, eine Kooperation in den Bereichen Übernahme von Netzteilen und Karlinbach sowie die Evaluierung der Entwicklung gemeinsamer Projekte für die Zukunft. Von der 25-prozentigen Beteiligung am Kraftwerk Laas/Martell sollen mindestens 15% auf die drei Anrainergemeinden entfallen. Das „Energiepaket“ soll demnächst auch in den Gemeinderäten von Martell, Laas und Latsch behandelt werden. Wie es in einer Pressemitteilung von SEL und Hydros heißt, „wird das VEK seinerseits alle angestrengten Rekurse unwiderruflich und bedingungslos gegenüber Hydros sowie jeder weiteren Gesellschaft der SEL Gruppe zurückziehen.“ Gemeint ist vor allem der Rekurs, den das VEK beim obersten Wassermagistrat in Rom gegen die Vergabe der Marteller Konzession an die Hydros eingebracht hatte. Der nächste Verhandlungstermin ist für den 27. November angesetzt. Zurück zu ziehen ist der Rekurs spätestens 10 Tage vorher. Das und alles weitere, was von den Beteiligten aufgrund des Kompromisses zu tun ist, dürften aber nur mehr reine Formsachen sein. Vorausgesetzt natürlich, dass ein Handschlag das ist und bleibt, für das ein Handschlag steht. Wenn dem so ist, „bekommen wir den Kopf endlich für andere Anliegen frei, die wir im Vinschgau weiterbringen möchten“, sagte Plangger.
Der Weg hin zu günstigeren Stromtarifen ist noch weit. Ein großer Brocken ist die Übernahme des teuren Verteilernetzes. „An einer eigenständigen Verteilung halten wir nach wie vor fest“, so Tappeiner. Begonnen werden könnte damit frühestens 2015.
Das Strafverfahren gegen den Ex-Landesrat Michl Laimer und den Ex-SEL-Direktor Maximilian Rainer im Zusammenhang mit der Vergabe der „Marteller Konzession“ hat auf die nunmehr erzielte Einigung laut Plangger keinen Einfluss. Laimer und Rainer werden Amtsmissbrauch und Wettbewerbsverzerrung zur Last gelegt. Sie sollen Dokumente ausgetauscht haben. sepp

Josef Laner