Naturns

Publiziert in 22 / 2004 - Erschienen am 18. November 2004
Fotos: Florian Peer, Text: Andrea Perger [F] Untervinschger Hauptort [/F] [K] Ortsnamensbedeutung: Erstmals urkundlich erwähnt 1178 als "Nocturnes", Mundart: "Natuurns", amtl. ital. Name: "Naturno". Herkunft des Namens unklar. Vermutung der Herkunft im Wort "Anaduron", was "Siedlung am/im Sumpf" bedeuten würde. Quellen: "Die Ortsnamen Südtirols und ihre Geschichte", von Egon Kühebacher 1991; "Vinschgau" von Josef Rampold, Auflage 1997; "Die Wappen der Gemeinden Südtirols" herausgegeben vom Landesverband für Heimatpflege 1972; "Umfahrungsstraße Naturns-Staben. Ein Jahrhundertwerk", Festschrift zur Tunneleröffnung "Naturns und seine Musikkapelle" Wolfgang Duschek und Hermann Wenter 1991; [/K] [F] Historisches [/F] Die Geschichte von Naturns scheint durch seine vier nachgewiesenen Urzeitstätten, die man am Sonnenberghang entdeckte, sehr weit zurückzureichen. Doch sind, wie überall, die Zeugen ältester Geschichte rar. Ab etwa dem 12. Jahrhundert lässt sich ein eindeutiges Bild der historischen Entwicklung des Dorfes und seiner Umgebung zeichnen. So hatten zu dieser Zeit die Abtei Marienberg sowie die welfischen Klöster Steingaden und Weingarten Besitzungen. Oberhalb des Dorfes leben auf dem Schlosse Hochnaturns das Adelsgeschlecht der Herren von Naturns. Naturns gilt als einst langobardischer Grenzort. Dafür spricht die Wahl der Kirchenpatrone St. Prokulus (Veroneser Bischof) sowie St. Zeno (ebenfalls aus Verona). Arg mitgespielt hat dem Dorf in seiner Geschichte die Pest. Zwar blieb das Dorf von kriegerischen Handlungen, jedoch nicht von Dorfbränden und Naturkatastrophen verschont. Das Wappen der Gemeinde Naturns, das seit 1966 amtlich ist, zeigt ein goldenes Dreieck in blauem Feld. Dies war ebenfalls das Wappen der Herren von Naturns, einem sehr alten Adelsgeschlecht, welches 1380 ausgestorben ist. [F] Dorfzahlen [/F] Das Dorf Naturns zählt zurzeit 4.086 Einwohner, die Gemeinde Naturns insgesamt zählt 5.143 Einwohner. 1846 waren es 1.536, Anfang der 70er Jahre bereits 1.800. Naturns wurde 1984 zur Marktgemeinde erhoben. [F] Dorfleben [/F] Naturns hat sich zu einem touristisch und wirtschaftlich interessanten Dorf entwickelt, so wurde es 1996 mit dem europäischen Dorferneuerungspreis ausgezeichnet. Durch den Bau des Umfahrungstunnels wurde der Weg für weiteres Wachstum geebnet, dessen Ansätze bereits erkennbar sind. Naturns ist seit langem das Zentrum des Untervinschgaus, seit 1973 gehört die Gemeinde, ebenso wie die Gemeinden Plaus und Partschins, politisch zum Burggrafenamt. Naturns scheint voller Reize zu sein, denn Gäste aus verschiedenen Ländern strömen haufenweise ins Dorf, so entstanden Bettenburgen von Ausmaßen, wie man sie auf dem Lande und im übrigen Vinschgau selten sieht. Dennoch schaffte es das Dorf zum Glück, sich seinen Charakter mehr oder weniger zu erhalten. Zu sehen und erleben gibt es in Naturns tatsächlich einiges. Dazu gehören das Naturparkhaus, Naturlehrpfade, Möglichkeiten zum Ausüben diverser Sportarten wie Tennis, Schwimmen, Reiten usw., moderne Wellnessanlagen oder für Kulturbewusste zahlreiche historische Kleinode wie etwa das wohl bekannteste Gebäude von Naturns, das Kirchlein St. Prokulus. Dieses frühmittelalterliche Kirchlein besticht außen durch seine Schlichtheit, sowie durch seine Fresken, die leider nicht eindeutig datiert werden konnten. Heute steht St. Prokulus inmitten von Apfelanlagen, vor gar nicht allzu langer Zeit war es von Getreideäckern umringt. Die Umgebung ändert sich, das Kirch-lein steht jedoch seit uralten Zeiten unverändert. Es scheint, als wache es über das Dorf zu seinen Füßen, dessen Rand sich mittlerweile bis hin zu ihm erstreckt. Rund um das Kirchlein fanden Archäologen jede Menge Gräber. Diese traten anlässlich der Grabungen und Untersuchungen, die 1985 vom Landesdenkmalamt durchgeführt wurden, ans Tageslicht. Darunter hauptsächlich Gräber von Opfern der Pest. Wie erwähnt gibt es keine genauen Datierungen für den Bau und seine Fresken, wahrscheinlich wurde St. Prokulus aber um 800 gebaut. Aus dieser Zeit stammt auch der berühmte Wandgemäldezyklus im Inneren, der einer der ältesten, wenn nicht der älteste des heute deutschsprachigen Raumes ist. Am Kirchlein wirkten nachweislich mehrere Epochen mit, so entstand der Turm etwas später. Für weiterführende Berichte sei auf die Veröffentlichungen des Landesdenkmalamtes verwiesen. Neben dem Prokuluskirchlein ist aber auch die Pfarrkirche zum heiligen Zeno ein beachtenswerter sakraler Bau. Der heilige Zeno war ein Gefährte des heiligen Prokulus. Die Kirche stammt aus den Jahren 1474/75, wurde später einige Male umgestaltet. In Sakristei und Turmfeste stecken vermutliche Reste einer karolingischen Kapelle mit Rundapsis. Der Weiler Kompatsch wurde bereits vor langer Zeit vom Wachstum des Hauptortes eingeholt und ist heute ein Ortsteil des Dorfes. Aus Kompatsch stammt der Barockmaler Simon Ybertrachter (1694 – 1772). Seine Werke sind von Kulturkritikern und Kennern viel geachtet und gelobt worden. Sie sind im Raum Naturns und Umgebung des Öfteren anzutreffen, so gehört auch das Marienbildnis auf der Fassade des "Weißen Rössl" dazu. Das 1979 fertig gestellte Bürger- und Rathaus ist als Treffpunkt, Verwaltungssitz und Vereinshaus konzipiert. Seine eigenwillige Form ist eine Anlehnung an die Architektur von Schloss Hochnaturns. Betrachtet man beide Gebäude genauer, sind die Ähnlichkeiten in der Linienführung tatsächlich kaum von der Hand zu weisen. Da Naturns bereits früher ein Dorf ansehnlichen Ausmaßes war, ist das Vereinsleben seit jeher recht ausgeprägt, so können die großen Vereine auf eine lange Tradition verweisen, wie etwa die Musikkapelle, die 1856 gegründet wurde. Die Feuerwehrwurde 1887 gegründet. Doch Naturns hat nicht nur eine reiche Vergangenheit. Wer das Dorf regelmäßig besucht merkt, dass sich Naturns in einem ständigen Wandel befindet. Naturns, ein Dorf, dessen Leben niemals stillzustehen scheint. [F] Wanderung [/F] Zur oberen Mairalm Am Westende von Naturns beim E-Werk startet die neu errichtete Seilbahn zum Unterstellhof (auf 1330 Metern). Ab dort folgt man dem Weg mit der Markierung 10, vorbei an den Höfen Patleid und Lind und erreicht nach gut einer Stunde den Dickhof. Von dort gelangt man nach einer weiteren guten Stunde zur Dickeralm. Ab dieser führt ein sehr aussichtsreicher Weg nahezu eben in etwa einer halben Stunde zur oberen Mairalm. Wer Rundwanderungen liebt, kann von hier aus in etwa zwei Stunden nach Katharinaberg absteigen und sich dort abholen lassen. Vorschau: 02.12.04 - Tartsch 16.12.04 - Morter
Andrea Perger

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