Das Land will das Hotel „Paradiso“ in Hintermartell, entworfen vom Stararchitekten Gio Ponti aus Mailand, endlich aus dem Dornröschenschlaf wecken, sanieren und einer Zweckbestimmung zuführen.
Das MEG-Vorstandsmitglied Peter Gamper (rechts) führte durch die „Südtiroler Erdbeerwelt“ und stellte die hochwertigen Erzeugnisse und veredelten Produkte aus Martell und dem gesamten Vinschgau vor, die dort angeboten werden.
Im Bild (v.l.): Albrecht Plangger, Karl Josef Rainer, Dieter Pinggera und Arno Kompatscher.

Nicht alles nach Plan

„In Sachen Nationalpark treten wir seit Jahren auf der Stelle.“ Bundesland Tirol „bremst“ bei Bahnanbindung.

Publiziert in 12 / 2025 - Erschienen am 1. Juli 2025

Martell - Im Anschluss an die Besichtigung der „Südtiroler Erdbeerwelt“ und eine Verkostung frisch geernteter Marteller Erdbeeren ging es am 23. Juni beim Vinschger SVP-Bezirksparteitag im Besucherzentrum „culturamartell“ etwas weniger „süß“ weiter. Weniger „süß“ deshalb, „weil wir bei einigen wichtigen Anliegen seit Jahren auf der Stelle treten“, wie Bezirksobmann Albrecht „Abi“ Plangger im Beisein des Landeshauptmannes Arno Kompatscher einräumte. In Sachen Schülerheim in Mals oder Tiefbauhalle in Schlanders gehe es zwar planmäßig weiter, der Kreisverkehr in Partschins sei fertiggestellt, an der Radbrücke über die Etsch auf der Töll werde gearbeitet, die Umfahrung Kastelbell-Galsaun werde voraussichtlich im Herbst für den Verkehr freigegeben und auch die Gemeindewahlen seien „halbwegs gut verlaufen“, aber in Sachen Nationalparkplan und bei anderen Anliegen gebe es Stillstand. „Was beim Nationalpark fehlt, ist die Rechtssicherheit. In Rom geht es eher zurück als nach vorne“, so Plangger. Der Landeshauptmann bedauerte, dass es immer wieder einen Strategiewechsel gab und gestand offen ein, „dass wir selbst schuld sind.“ Es sei nicht verwunderlich, dass die Bevölkerung, die im Nationalpark lebt und wirtschaftet, „stuff ist, weil sie seit Jahren nur vertröstet wird.“ Kompatscher schlug vor, einen neuen Anlauf zu unternehmen: „Wir müssen hier bei uns zu einer  klaren Linie kommen und dann in Rom mit einer Stimme auftreten.“ Bei der Diskussion gaben der Marteller Bürgermeister Georg Altststätter, seines Zeichens auch Präsident des Nationalpark-Führungsausschusses, HGV-Präsident Manfred Pinzger und weitere Diskussionsteilnehmer zu bedenken, dass man bald nicht mehr im Stande sein werde, „den Nationalpark der Bevölkerung zu ‚verkaufen‘“. Viele Leute seien verzweifelt. „Mit irgendwelchen Zwischenlösungen kann ich als Bürgermeister nicht leben“, ergänzte Altstätter. Die Genehmigung von Einzel-Projekten sei der falsche Weg: „Es braucht dieselbe Rechtssicherheit für alle. Für den Bauer, der einen Laufstall bauen will, den Hotelier, der seinen Betrieb erweitern möchte und für viele weitere Betroffene.“

„Kontrollierte touristische Entwicklung“

Ein weiteres Thema, über das Klartext gesprochen wurde, war die touristische Entwicklung. Von einem Overtourismus im Vinschgau könne keine Rede sein. „In punkto Übernachtungen ist es so, dass der Vinschgau mit seinen rund 2 Millionen Nächtigungen im Gegensatz zu anderen Landesteilen stagniert“, stellte Manfred Pinzger fest. In bestimmten Gebieten im Vinschgau sollten Entwicklungen zugelassen werden, „vor allem die Erweiterung bestehender Betriebe.“ Pinzger mahnte die Unterstützung strukturschwacher Gebiete an. Gustav Tappeiner, Bürgermeister von Kastelbell-Tschars, plädierte für eine „gemeinsame, kontrollierte touristische Entwicklung.“ Rund die Hälfte der Vinschger Gemeinden sei zu wenig entwickelt. „Wir haben kein Interesse an Hotspots und dergleichen, wohl aber an bescheidenen und kontrollierten Entwicklungen.“ Wichtig seien die Gemeindeentwicklungsprogramme sowie die Tourismuskonzepte, wobei es eine Abstimmung zwischen Land und Gemeinden geben sollte. Kompatscher räumte ein, dass in Sachen Bettenstopp nicht alles ideal verlaufen ist, „wenngleich die Grundidee nach wie vor richtig ist.“ Für strukturschwache Gebiete werde es zusätzliche Betten geben, möglicherweise aus dem Landeskontingent. Den Gemeinden wolle man auch insofern entgegenkommen, als dass die Entscheidung, die 4-jährige Frist für die Bebauung ausgewiesener Tourismuszonen bei Bedarf zu verlängern, den Gemeinderäten übertragen werden soll. Die Bezirkspräsidentin Roselinde Gunsch und weitere Diskussionsteilnehmer riefen die Gemeindeverwaltungen dazu auf, für die touristische Entwicklung selbst Leiplanken zu setzen, etwa mit den Tourismuskonzepten. Kompatscher sagte: „Meldet euch, wenn etwas geplant oder projektiert wird.“ Der Latscher Bürgermeister Mauro Dalla Barba meinte, dass es in seiner Gemeinde derzeit zwar keine Großprojekte gebe, „wohl aber mehrere kleinere Projekte, bei denen es um Erweiterungen geht, wobei auch die Betriebsnachfolge eine Rolle spielt.“ David Frank regte an, den Vinschgau mit seiner einzigartigen Vielfalt als Modell zu etablieren, wobei die regionale wirtschaftliche Wertschöpfung im Mittelpunkt stehen sollte. Der Tourismus und die Landwirtschaft seien noch enger zusammenzuführen.

 Wird aus dem „Paradiso“ ein Paradies?

 Bestätigt hat Arno Kompatscher, dass das Land der Bierbrauerei Forst die Immobilie „Josefsberg“ in Algund abtritt und im Gegenzug das ehemalige Hotel „Paradiso“ in Hintermartell erhält. Das einstige Luxus-Hotel modert seit Jahrzehnten vor sich hin. Der Landeshauptmann hofft, „dass das ‚Paradiso‘ endlich zu einem Paradies wird.“ Details seien noch festzulegen: „Vielleicht findet sich ein Investor, vielleicht wird die Immobilie in Form eines PPP-Projektes erneuert.“ Die Kernidee sei es, den Denkmal- und Naturschutz in Einklang zu bringen und gemeinsam mit der Gemeinde Martell eine Struktur zu schaffen, die für Aufbruchstimmung im Tal sorgen soll. Der genaue Verwendungszweck für das „Paradiso“ ist noch nicht festgelegt.

Warten auf Bahn-Variante

Am 11. September 2020 hatten politische Verantwortungsträger der Regionen Südtirol, Tirol, Graubünden und der Lombardei in Graun zwar feierlich eine Absichtserklärung für die Schaffung eines Alpenbahnkreuzes im Dreiländereck unterzeichnet, um eine Anbindung an das internationale Bahnnetz zu erreichen, doch geschehen ist bisher nicht viel. Derzeit sei das Bundesland Tirol turnusmäßig für das Vorhaben zuständig, „aber die Tiroler Landesregierung hat offensichtlich kein Interesse, dass wir in dieser Sache weiterkommen“, ärgerte sich Arno Kompatscher. Man habe viel Zeit verloren, auch was die geologischen Untersuchungen für die Ermittlung der besten Variante betrifft: „Ob die Variante über den Reschen oder in die Schweiz führt, ist egal. Wichtig ist, dass es eine endgültige Variante festgelegt wird, denn ohne eine solche kommen wir nicht weiter.“ Was es jetzt unmittelbar brauche, sei ein Landeshauptleute-Treffen. Auch Roselinde Gunsch, Albrecht Plangger und weitere Diskussionsteilnehmer drängten auf eine möglichst rasche Festlegung einer Variante und auf die Bereitstellung ausreichender Geldmittel für die geologischen Untersuchungen. Zur Elektrifizierung der Vinschger Bahn merkte der Landeshauptmann an, dass es sich zwar und ein komplexes Vorhaben handle, „aber es ging und geht sehr langsam voran,“ obwohl die ersten Arbeiten schon vor 10 (!)
Jahren begonnen haben. Weitere Versammlungsthemen waren u.a. die geplante Erhöhung der Amtsentschädigungen für die Bürgermeister/innen und eine Änderung des Wahlgesetzes für  die Absicherung der politischen Landtags-Vertretung kleiner Bezirke. Entwarnung in Bezug auf das Thema „Konzession für die Überquerung von Flüssen und Bächen“ gab der Landtagsabgeordnete Sepp Noggler. Es sei ein neues Rundschreiben an die Bürgermeister/innen auf dem Weg, wonach lediglich befahrene Brücken konzessioniert werden müssen.

Edelweiß-Strauß für zwei Ex-Bürgermeister

Mit einem Edelweiß-Strauß und einer Flasche Wein wurde im Rahmen des Bezirksparteitages den ehemaligen Bürgermeistern Karl Josef Rainer (Schnals) und Dieter Pinggera (Schlanders) für ihr jeweils 15-jähriges Engagement als Bürgermeister sowie für ihren noch längerem Einsatz für die Südtiroler Volkspartei gedankt. „Wir haben in beiden Gemeinden vieles gemeinsam ausgemacht und auch umgesetzt, wobei einiges noch zu verwirklichen ist“, sagte der Landeshauptmann. In Bezug auf den Rekurs von Umweltverbänden gegen den Ausbau des Skigebietes in Schnals, den das Verwaltungsgericht kürzlich angenommen hat, kündigte Kompatscher am Rande an, dass sich das Land vor Gericht wehren werden. Mit dem Urteil hatte das Verwaltungsgericht einen Beschluss der Landesregierung annulliert, mit dem diese am 5. März 2024 den Ausbaus des Skigebietes festgeschrieben hatte. Auch die Bezirkspräsidentin Roselinde Gunsch und der SVP-Bezirksobmann bedankten sich bei Dieter Pinggera und Karl Josef Rainer. 

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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