„Nur noch einmal …
… und dann ist Schluss“. Thema Glücksspiel im Fokus.
Mals - Wohl alle, die der Glücksspielsucht verfallen sind, werden sich nicht nur einmal gesagt haben: „Jetzt spiele ich nur noch einmal und dann ist Schluss.“ Das Problem ist, dass es in der Regel nie beim „nur noch einmal“ bleibt, sondern immer weitergeht. In welche Abgründe die Spielsucht führen kann, wie man sich davor schützt und wie Betroffenen geholfen werden kann, waren einige der Themen, die am 23. Mai im Kulturhaus in Mals aufs Tapet gebracht wurden. Zum interaktiven Vortrags- und Gesprächsabend eingeladen hatten die Sozialdienste der Bezirksgemeinschaft Vinschgau und die Psychosoziale Beratung der Caritas in Schlanders, die sich heuer in besonderem Maß dem Thema Glücksspiel widmen. Schon allein die Zahlen, die Martin Fronthaler, der Leiter des Therapiezentrums Bad Bachgart, eingangs einblendete, ließen aufhorchen: „In Südtirol werden pro Jahr rund 770.000 Millionen Euro für Glücksspiel ausgegeben. Das sind ca. 1.300 Euro pro Kopf.“ Mittlerweile dürften sich die Zahlen weiter erhöht haben. Die „Spielindustrie“ sei erfinderisch und warte mit immer neuen Verführungs-Taktiken auf, so Fronthaler. Habe es zum Beispiel vor 20 Jahren nur einige Arten von Rubbellosen gegeben, so seien es derzeit Dutzende. Besonders gravierend sie die massive Zunahme von Online-Glückspielen und Börsenspekulationen. Aber auch die Angebote von Sportwetten und vielen anderen Glücksspielarten seien im Steigen begriffen. Bis heute unbestritten und gültig sei der von George B. Show geprägte Satz: „Beim Spielen müssen viele verlieren, damit wenige gewinnen.“ Zu den Gewinnern gehören zweifelsohne die Staaten, „die mit Glücksspielen anständig Geld machen“ und absurderweise vorschreiben, Geld in die Prävention sowie Therapie von Spielsüchtigen zu investieren. Die Anzahl schwersüchtiger Spieler und Spielerinnen in Südtirol würde sich zwar in Grenzen halten, „aber wir dürfen nicht die vielen Menschen vergessen, vor allem die Angehörigen von Spielsüchtigen, die ebenfalls leiden“, sagte Fronthaler. Pro betroffene Person kämen in diesem Sinn bis zu 8, 10 oder mehr Menschen dazu.
Wann wird es kritisch?
Kritisch wird es laut Fronthaler, wenn Menschen häufiger mit höheren Einsätzen spielen, ihre Gedanken sich nur mehr um das Glücksspiel drehen, nicht mehr aufhören können, mit dem Spielen negative Gefühle ausklammern und einen starken Drang verspüren, immer wieder zu spielen. Wie Fronthalers Mitarbeiterin Doris Thaler ergänzte, die in Bad Bachgart spielsüchtige Menschen betreut, berichten viele Betroffene davon, dass ihre Sucht mit einem ersten Gewinn begonnen hat. Sie seien dadurch zur Überzeugung gelangt, noch einmal oder gar regelmäßig gewinnen zu können, was natürlich ein völliger Trugschluss sei. Die Rückfallquote sei im Vergleich zu anderen Süchten, wie etwa Alkohol, etwas höher. Doris Thaler: „Die Leute tun sich schwer zu verstehen, dass sie nicht von Alkohol oder einem anderen Suchtmittel abhängig sind, sondern von einem Verhalten, das im Gehirn verankert ist.“ Häufig komme es auch zu „magischen“ Denkweisen: „Ich spiele nur noch einmal, mache den großen Gewinn und höre dann auf.“ Sozusagen geschürt werde der Traum vom großen Gewinn dadurch, dass Glücksspiele hohe Gewinnchancen vortäuschen und Mechanismen einsetzen, die das Suchtpotential erhöhen. So würden etwa schnelle Auszahlungen bei Spielautomaten Denkpausen verhindern, sodass man automatisch weiterspielt. Sognannte „Fast-Gewinne“ lassen den Gewinn greifbar erscheinen und geben dem Spieler ein gutes Gefühl. Laut Thaler soll man Menschen, die spielsüchtig sind, auf ihr Problem ansprechen. Sie habe erlebt, dass Süchtige im Nachhinein froh darüber waren, dass ihr „Lügengebäude“ zum Einsturz gebracht wurde. Spielsüchtige gebe es quer durch alle Gruppen. Männer können der Sucht ebenso verfallen, wie Frauen, Minderjährige oder Senioren. Betroffene Frauen sind oft stark emotional belastet. In punkto Online-Spiele und Börsenspekulation hielt Frontahler fest, dass sich Süchtige nicht selten für so intelligent, sprich „gscheid“ wähnen, um zu glauben, das System dank ihres „Wissens“ und ihrer „Fähigkeiten“ selber aushebeln zu können.
„Nicht jeder, der spielt,hat ein Problem“
Fronthaler hielt aber auch fest, „dass nicht jeder, der spielt, ein Problem hat.“ Ein solches hätten vielleicht 2 von 100. Was die Behandlung von Spielsüchtigen betrifft, sei neben der professionellen Betreuung vor allem der Austausch spielsüchtiger Menschen untereinander wichtig und hilfreich. Als „Königsdisziplin“ im Kampf gegen Spielsucht nannten Marti Fronthaler und Doris Tahler die Abstinenz. Die beste Prävention sehen sie in der Stärkung der Selbstkompetenz der Menschen. Nachrichten von Gewinnen bei Glücksspielen sollten die Medien laut Thaler besser nicht veröffentlichen. Mit dem Thema Glücksspiel werden sich die Psychosoziale Beratung der Caritas mit der Leiterin Christiane Folie und der Mitarbeiterin Valentine Inderst sowie die Sozialdienste noch mit weiteren Initiativen befassen. Für den Herbst kündigte Folie im Rahmen des Präventionsprojektes die dreiwöchige, interaktive Ausstellung zu Glücksspiel, Täuschung & echten Gewinnchancen „Play Smart!“ am Oberschulzentrum in Mals an.
