Ohne ein Miteinander gibt es nur Verlierer
Publiziert in 4 / 2015 - Erschienen am 4. Februar 2015
Nachhaltige Produktion von Lebensmitteln wird immer wichtiger. Bauernbund bemüht sich um Finanzierung für das Projekt
„Bioregion Obervinschgau“.
Schlanders - Ein starker Zusammenhalt unter allen Bauern und ein gutes Verhältnis zwischen der Landwirtschaft und der gesamten Gesellschaft. Darin sieht Landesrat Arnold Schuler das Um und Auf einer positiven Zukunft der bäuerlichen Familien und der Landwirtschaft insgesamt. „Wir müssen unsere Hausaufgaben intern machen, uns breit geführten Diskussionen stellen und uns gegen jene in unseren Reihen wehren, die keine Grenzen kennen und dem Image des gesamten Bauernstandes schaden“, sagte Schuler am 26. Jänner bei der gut besuchten Bezirkstagung des Bauernbundes in Schlanders. Mit diesen Aussagen bezog es sich ganz speziell auch auf die Diskussionen rund um das Thema Pflanzenschutzmittel in Mals und Umgebung. Die Diskussionen seien zum Teil auf emotionaler Ebene geführt worden. Schuler gab sich überzeugt, „dass wir dieses Thema gemeinsam in den Griff kriegen werden.“ Landschaft und Umwelt hätten in der heutigen Gesellschaft einen sehr großen Stellenwert, „und das führt zu Spannungen und teilweise zu ganz neuen Situationen.“ Auch die konventionelle Landwirtschaft werde sich verändern müssen, „und zwar in Richtung Ökologisierung und nachhaltige Produktion.“ Als weitere Ziele nannte er die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, die Stärkung der regionalen Kreisläufe und des ländlichen Raums, die Risikovorsorge und mehr Forschung.
Bergbauern stärker unterstützen
An der Ausrichtung der vergangenen Jahre, im Förderwesen vom Obstbau in Richtung Berglandwirtschaft umzuschichten, werde weiterhin festgehalten. Schuler: „Wenn wir als Landesregierung Spielräume haben, werden wir sie zu fast 100% für die Unterstützung der Bergbauern ausnutzen.“ Der Landesrat verwies auch darauf, dass im Landeshaushalt 2014 für die Landwirtschaft mehr Geldmittel vorgesehen waren als 2013 und 2012. Allerdings müssten derzeit vom Gesamtbudget in Höhe von rund 75 Mio. Euro jährlich ca. 20 Mio. verwendet werden, um die vielen bisherigen Gesuche berücksichtigen zu können. Bis 2017 sollen die „Rückstände“ abgebaut sein. Auch über Förderungen des Staates und der EU informierte Schuler. Was die Zukunft der Südtiroler Landwirtschaft insgesamt betrifft, ist er zuversichtlich: „Wir sind sehr vielfältig und es liegt noch Potential brach.“ Sei Südtirol vor ca. 100 Jahren noch außerstande gewesen, genug Lebensmittel für die eigenen Leute zu produzieren, „so exportieren wir heute pro Jahr Lebensmittel im Wert von weit über einer Milliarde Euro.“
„Aufeinander
Rücksicht nehmen“
In seinem Rückblick auf das Landwirtschaftsjahr 2014 erinnerte Bezirksobmann Raimund Prugger an die Nässeschäden und an die damit verbundenen Schäden für die Bergbauern. Schlüssige Antworten auf das, was nach der Milch-Kontingentierung geschieht, die im heurigen Jahr fällt, gebe es zurzeit nicht. Zum Thema Biomilch meinte Prugger, „dass sich die Rechnung jeder selbst machen muss.“ Für den Obstbau sei 2014 zwar ein gutes Jahr in Bezug auf Qualität und Menge gewesen, „doch bei den Preisen schaut es momentan nicht sehr gut aus.“ Eine immer größere Bedeutung komme dem Weinbau im Vinschgau zu. Als interessant bezeichnete der Bezirksobmann den Gemüse-, Beeren- und Kirschenanbau sowie weitere Nischenkulturen. Anlass zur Sorge bereite die Kirschessigfliege. Bezüglich Pflanzenschutz erinnerte Prugger an die Richtlinien des Staates und des Landes sowie an die AGRIOS-Richtlinien. Der Pflanzenschutz sei, ausgehend von Mals, landesweit zu einem großen Thema geworden. Das Problem der Abdrift sei gemeinsam anzugehen: „Es muss niemand Polizei spielen. Wir müssen aufeinander Rücksicht nehmen, miteinander reden und sensibilisieren.“ In diesem Sinn äußerte sich auch Landesobmann Leo Tiefenthaler: „Wir müssen schauen, mit unseren Pflanzenschutzmitteln auf unserem Grund zu bleiben.“ Tiefenthaler rief dazu auf, auf abdriftmindernde Maßnahmen zu setzen.
Für den Erhalt des Krankenhauses
Wenn die Politik vom Erhalt des ländlichen Raums spricht, dann braucht es laut Raimund Prugger neben Arbeitsplätzen, Bildungsstrukturen und anderen Rahmenbedingungen auch das Krankenhaus, „und zwar so eines, wie wir es jetzt haben und nicht ein ‚amputiertes’“. In seinem Schlusswort betonte Prugger, dass der Bauernbund sehr wohl versuche, mitzureden und sich auf verschiedenen Ebenen im Interesse der Landwirtschaft einzubringen. Was nicht angehe, „ist mit Gewalt dahinter gehen“, wie es sich manche wünschen. Um das Projekt „Bioregion Obervinschgau“ weiterzubringen, bemühe man sich derzeit um eine Finanzierung. Bei diesem Vorhaben, das nicht nur die Gemeinde Mals, sondern den gesamten Obervinschgau miteinschließen soll, müssten alle eingebunden werden.
Einstimmung auf die Wahlen
Bauernbunddirektor Siegfried Rinner rief die Bäuerinnen und Bauern im Hinblick auf die Gemeinderatsahlen am 10. Mai zum Zusammenhalt auf. Das Verständnis für die Landwirtschaft innerhalb der Bevölkerung nehme immer mehr ab und die Angriffe auf politischer Ebene, aber auch in den Medien und in der Öffentlichkeit hätten in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Es gebe einen großen Unterschied zwischen der veröffentlichten Meinung und der Meinung der Öffentlichkeit. Aus diesen und weiteren Gründen sei es wichtig, dass viele Bäuerinnen und Bauern kandidieren und sich aktiv einbringen. Es gebe viele Interessen und Anliegen der Landwirtschaft, die es vor allem auch auf Gemeindeebene gemeinsam zu vertreten gelte.
Rotwildruck
und weitere Probleme
Bei der Diskussion wurde u.a. darüber geklagt, dass der Rotwilddruck in manchen Gebieten sehr groß sei, und zwar auch außerhalb des Nationalparks. Das Verhältnis zwischen der Jägerschaft und den Bauern sei nicht immer das beste. Karlheinz Stocker vom Maschinenring rief dazu auf, dass auch Gemeinde- und Fraktionsverwaltungen vermehrt die Dienste und Arbeitsleistungen der SAM (Südtiroler Agrar-Maschinenringservice GmbH) in Anspruch nehmen sollten. Zum sich ausdehnenden Obstbau im Obervinschgau wurde gefordert, „dass auch anderen Kulturen das Überleben ermöglicht werden soll.“ Der Obstbau-Druck steige ständig „und alle anderen müssen weichen.“ Weitere Themen waren die Hofzufahrten, der Erhalt des ländlichen Wegenetzes, ein schnelles Internet auch für entlegene Höfe und Weiler sowie die großen Schwierigkeiten, denen vor allem die Bergbauern nach wie vor ausgesetzt sind. Die Kritik des Bezirksobmann-Stellvertreters Markus Stocker, wonach es bei der Kommunikation zwischen der Verbandsspitze und den Funktionären vor Ort hapere, versuchten Prugger und Tiefenthaler zu entkräften. Sepp

Josef Laner