Schnalser Neustart im hintersten Ötztal
Publiziert in 30 / 2012 - Erschienen am 29. August 2012
Weil die alte „Schaferhütt“ lawinengefährdet war, wurde sie verlegt und am „Ochsen Kaser“ als Niedertal Alm-Hütte neu errichtet.
Schnals/Vent im Ötztal - Es herrschten turbulente Zeiten, als 1415 die Vertreter der Schnalser Bauern in der Tiroler Landeshauptstadt Meran vorstellig wurden und um Weidegründe und Weiderechte im innersten Ötztal ansuchten. Ihr Landesherr, „Friedel mit der leeren Tasche“, war vom Kaiser geächtet worden; im Westen gaben die Eidgenossen keine Ruhe und die Venezianer im Süden marschierten in das Gebiet des Hochstifts Trient ein. Die gut stehenden Schnalser, die 60 Jahre zuvor schon den Rofenberg übernommen hatten, erhielten ihre Grund- und Weiderechte auch im Niedertal. Seither haben sie Tausende und Abertausende Rinder, Pferde, Schafe und Ziegen durchs Tisental und über den Niederjochferner zur bescheidenen Schäferhütte auf 2.230 Metern getrieben. „Nun hat der Sepp sich mit Leib und Seele dafür eingesetzt, dass die Hirten endlich eine richtige Behausung haben und den 2.150 Schafen, 280 Ziegen und neun Pferden von Bauern zwischen Brixen und Stilfs nachgehen können“, meinte eines der 21 Mitglieder der Alp-Interessentschaft Niedertal. Gemeint war Josef Götsch vom Gurschl-Hof, seit 2007 Obmann der Niedertalalm und seither unermüdlich und zielstrebig am Werk, eine „menschenwürdige Wohnstatt“ für die Hirten zu errichten. Im Söldener Gemeinderat und in der Abteilung Agrarwirtschaft der Tiroler Landesregierung fand er schnell Rückhalt. Pfarrer Franz Messner drückte es bei der kurzen Predigt so aus: „Jetzt hat der Hirte ein Haus, in dem er wohnen kann und nicht nur hausen muss.“ Derzeit ist Johann Götsch Herr und Hirte über 2.170 Hektar Eigenfläche, 360 Hektar, die mit der Agrargemeinschaft Vent Ramol geteilt werden, 380 Hektar, die von einem Rofenhofbauer zur „einfachen Behirtung“ und über 3.500 Hektar „alpines Grün“ (Rückzugsflächen der Gletscher), die von den Österreichischen Bundesforsten zugepachtet wurden. Zur Segnungs- und Eröffnungsfeier der neuen Hütte, die drei Kilometer näher zu Vent von Südtiroler Handwerkern errichtet worden ist, waren neben den gut 100 Gästen auch Bürgermeister Karl Josef Rainer, Schnals, Andreas Tappeiner, Laas, auch als Präsident des Bauernbundbezirks Vinschgau, und die Vertreterin der Gemeinde Sölden, Angelika Krismer, erschienen. In ihren Grußworten meinte sie: „Die neu erbaute Niedertal-Alm auf der Kaser ist ein neuzeitliches Beispiel für gelungene, gelebte Tradition, Kultur und Völkerverbindung über die Jöcher und Grenzen, so wie es schon seit Tausenden von Jahren bei uns praktiziert wird.“
Günther Schöpf

Günther Schöpf