Serie CAPUT von Reinhold Tappeiner
Laas/Innsbruck - Reinhold Tappeiners Serie CAPUT zeigt vor allem eines: die Bandbreite unterschiedlicher Emotionen. Sie zeigt sich in der verwunderten Bestürzung im Gesicht des älteren Mannes, wie festgehalten in der langen Belichtungszeit der Daguerreotypie. Oder in diesem unglücklichen Blick zurück von einer, die die Vergangenheit lieber weit hinter sich ließe. Wir sehen sie bei einer jungen Frau, die porträtiert wird und sich dafür in vorteilhafte Position dreht. Und doch zeigt der Maler mehr als emotionale Vielfalt. Denn nicht alle der minimalistischen Kohlezeichnungen der Köpfe von Reinhold Tappeiner zeigen eindeutig, welcher Ausdruck menschlicher Regung ihnen zugrunde liegt. Gemeinsam ist ihnen jedoch die Reduktion auf wenige Linien. Sie bilden die Abstraktion eines Ausdrucks, in einigen Fällen sogar die Nuance desselben, alle entstanden mit Kohle. Ein Material, das leicht zu verwischen, schwierig zu handhaben – und jederzeit zu bröckeln bereit ist. Kohle ist somit für den Maler ideal für „eine denkbar reine Zeichnung“, die sich von den Eindrücken des Gesehenen und Gespürten leiten lässt. Nach jahrelanger Beschäftigung mit dem Körper wendet sich Reinhold Tappeiner in CAPUT dem unerschöpflichen Thema des menschlichen Kopfes zu – in wenigen Ausnahmen finden Kopf und Körper zusammen. Er erschafft eine kleine Typologie jener Emotionen, die uns in Bildern – real oder virtuell, in Fantasie oder gelebter Vergangenheit – bereits begegnet sind. Auch die auf Marmorsand, mit Tempera und Kohle geschaffenen Arbeiten folgen der Vereinfachung eines Ausdrucks, spielen mit der Erfahrung oder Vorstellungskraft von Betrachter*innen und Maler zugleich, leiten sich ab auch aus den zahlreichen Bildern, die als Blaupausen der Erinnerung im Kopf gespeichert wurden. Die Skizzen geben einen Einblick in den Prozess der Vereinfachung, der den Arbeiten innewohnt und verdeutlichen, wie elementar die Kenntnisse von Proportion, Harmonie und Ausgewogenheit für die individuelle Handschrift einer abstrakten Arbeit sind. Auch der Titel der Serie lässt die Annahme zu, dass Gefühlsregungen nicht nur individuell und gemeinschaftlich zugleich, sondern vielmehr auch ursprünglich und wesentlich sind. Und so bilden sich etliche Fragen, die, anstelle von Haarsträhnen, das Gesicht umrahmen: Woher kommt das Entsetzen? Wohin führt diese Hochnäsigkeit? Was hat jenen Menschen veranlasst, so aufgeregt und verwundert zugleich zu sein? - In Zeiten einer allumfassenden, gesellschaftlichen Verunsicherung ist es die menschliche Emotion, die auf ihre Auswirkungen in den verschiedensten Formen reagiert. Gerade deswegen kann sie auch mit kollektivem Verstehen gesehen werden. Die Vernissage zur Ausstellung „Innere Bilder“ findet am Dienstag, 6. April 2021 von 16 bis 19 Uhr in der Galerie Nothburga in Innsbruck statt. Die Arbeiten von Christa Zeitlhofer und Reinhold Tappeiner sind bis 30. April zu sehen.