Sorgentelefon bei Demenz
Ausgebildete Personen hören unter der Rufnummer 333 298 6884 zu, beraten, informieren und unterstützen.
Vinschgau - Die Lebensbedingungen für Menschen mit Demenz verbessern, Betroffene und deren Angehörige unterstützen, den Aufbau von Selbsthilfegruppen fördern, die Gesellschaft mit Kampagnen für das Thema Demenz sensibilisieren und Bildungsangebote schaffen: das sind die Ziele des Netzwerks „Demenzfreundlicher Vinschgau“, das 2018 auf Initiative des KVW Vinschgau, des Vereins ASAA (Alzheimer Südtirol Alto Adige) und der Bezirksgemeinschaft Vinschgau (Sozialdienste) ins Leben gerufen wurde. Aktive Partner sind die 5 Vinschger Seniorenwohnheime in Mals, Schluderns, Laas, Schlanders und Latsch sowie der Sanitätsbetrieb (Gesundheitsbezirk Meran). „Demenz ist eine gesellschaftliche Herausforderung, der wir gemeinsam begegnen wollen und müssen,“ sagte Robert Peer, die treibende Kraft des Netzwerks, als er am 15. Juni im Haus der Bezirksgemeinschaft in Schlanders gemeinsam mit Vertretern der Partnerorganisationen die neueste Initiative des „Demenzfreundlichen Vinschgaus“ vorstellte. Es ist dies das „Sorgentelefon bei Demenz - Telefono amico Demenza“.
Jeden Dienstag und Donnerstag
Jeden Dienstag von 9 bis 11 Uhr und jeden Donnerstag von 17 bis 19 Uhr kann ab sofort unter der kostenfreien Telefonnummer 333 298 6884 angerufen werden. Ist der Dienstag oder Donnerstag ein Feiertag, fällt der Telefondienst aus. Der neue Dienst soll in erster Linie als „offenes Ohr für die Anliegen rund um die Demenz“ dienen. „Wir möchten den Anrufern die Möglichkeit bieten, sich ihre Sorgen frei von der Seele zu reden, wobei die Anonymität gewahrt bleibt,“ präzisierten Robert Peer und der KVW-Bezirksobmann Heinrich Fliri. 8 Personen hatten sich im Vorfeld für die Entgegenahme der Anrufe ausbilden lassen. Der KVW-Bezirk Vinschgau hatte hierfür in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk eine Ausschreibung veröffentlicht. Die strukturierte Schulung umfasste mehrere Module: Grundlagen der Telefonberatung, Grundkenntnisse der Krankheit Demenz, häufige Probleme bei der Betreuung von Demenzkranken sowie Einblicke in die Dienste im sozialen Bereich und im Gesundheitsbereich. Die Anrufer werden auch darüber informiert, welche Dienste und Hilfestellungen zur Verfügung stehen und wo sie erreichbar sind.
Viele einsame Menschen
Ulrich Seitz, der Präsident des Vereins ASAA, bezeichnete das Sorgentelefon als Vorzeigeprojekt für Südtirol. Besonders erfreut zeigte er sich davon, dass es dem Netzwerk gelungen ist, „die Institutionen mit ins Boot zu holen“. Sein Wunsch sei es, im Bereich der privaten Altenpflege eine Weiterbildung anzubieten, speziell für ausländische Hilfskräfte (Badante). Die Institutionen rief Seitz dazu auf, dafür zu sorgen, dass die Menschen korrekt über Rechte und Pflichten informiert werden, vor allem auch über vermögensrechtliche Fragen: „Nicht alle Sachwalter sind der Situation immer gewachsen.“ Der ASAA-Präsident gab zu bedenken, dass es viele einsame und alleinstehende Menschen gibt: „Wir müssen die Leute aus dem Pandemieschock herausholen.“
Nicht nur Hochbetagte sind betroffen
Laut Seitz trifft Demenz nicht nur hochbetagte Menschen, „sondern immer häufiger auch Menschen zwischen 50 und 60 Jahren, die noch im Beruf stehen.“ Bezirkspräsident Dieter Pinggera lobte das Sorgentelefon. „Ohne das Ehrenamt können wir den demografischen Wandel nicht bewältigen“, sagte Pinggera, der allen Beteiligten dankte. Das Netzwerk erbringe einen wertvollen Dienst. Die Zusammenarbeit zwischen dem Ehrenamt und den Institutionen hält der Bezirkspräsident für unerlässlich. Konrad Raffeiner, der Präsident des Martinsheims, sagte, dass vor allem die Patientenverfügung und die Sachwalterschaft schwierige Themen seien. Es gelte, die Tabus in diesen Bereichen zu brechen. Stellen müsse man sich auch dem Problem, dass die Seniorenwohnheime immer mehr zu Hospizeinrichtungen werden, wo fast nur mehr Bewohnerinnen und Bewohner der 3. und 4. Pflegestufe betreut werden.
„Keine individuelle Herausforderung“
Das Netzwerk „Demenzfreundlicher Vinschgau“ will sich weiterhin für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen mit Demenz einsetzen. Robert Peer: „Wir wollen im Netzwerk eine achtsame Begegnung, Begleitung und würdebewahrende Pflege unterstützen, zur Integration von Menschen mit Demenz beitragen und die Unterstützungsleistungen für die Angehörigen ausbauen.“ Wichtig sei es auch, Demenz zu thematisieren, „denn Demenz kann jede und jeden treffen. Diese Krankheit ist bei weitem nicht nur eine individuelle, sondern auch eine gesellschaftliche Herausforderung, der wir gemeinsam begegnen wollen.“ Seit dem September 2018 bis heute wurden 20 Veranstaltungen in den Ortschaften zwischen Mals, Schluderns, Schlanders, Latsch und Naturns organisiert, um einen Bewusstseinswandel anzuregen, über Demenz zu informieren und die breite Gesellschaft zu sensibilisieren. Wie sich bei den vielen, durchwegs gut besuchten Veranstaltungen zeigte, kommen nicht selten betreuende Angehörige an ihre Grenzen.
