Staben

Publiziert in 21 / 2004 - Erschienen am 5. November 2004
Fotos: Florian Peer, Text: Andrea Perger [F] Befreites Dorf [/F] [K] Ortsnamensbedeutung: Erstmals urkundlich erwähnt 1237 als "Stovben", Mundart: "Schtaabm", amtl. ital. Name: "Stava". Wahrscheinlich vom lateinischen "Stabulum", was "Stall, Pferch" bedeutet. Quellen: "Die Ortsnamen Südtirols und ihre Geschichte", von Egon Kühebacher 1991 "Vinschgau" von Josef Rampold, Auflage 1997 "Umfahrungsstraße Naturns-Staben. Ein Jahrhundertwerk" Festschrift zur Tunneleröffnung 2003, herausgegeben von der Autonomen Provinz "Die Kirche "Unsere liebe Frau" von Staben", herausgegeben von der Pfarre Tschars 1988 "Einweihung Bürger- und Schulhaus Staben", herausgegeben von der Gemeinde Naturns 1991 Informationen : Josef Hell [/K] [F] Historisches [/F] Der bekannte Heimatforscher J.J. Staffler schreibt über Staben wenig Rühmliches. In seinem Werk: "Tirol und Vorarlberg" aus dem Jahre 1846 finden wir Folgendes: "Die Gemeinde Staben von Tschars abwärts, von der Poststraße durchschnitten, dehnt sich bis an die östliche Grenze des Gerichtsbezirkes von Schlanders aus. Sie hat keine anderen Wohnungen als das enge finstere Dorf Staben, dessen südlich gelegene Häuser sich von den Wellen der Etsch bespülen lassen, während die nördlichen durch das Abrollen der Steine von dem hart anstoßenden Felsgebirge bedroht sind,3/4 Stunden von Tschars und 4 1/2 Stunden von Schlanders entfernt. Hier steht eine Filialkirche, der Muttergottes geweiht, ohne Priester. Für die Seelsorge und den Schulunterricht dieser Gemeinde ist der Pfarrort Tschars bestimmt. Im Westen des Dorfes, am Fuße des Sonnenberges, entspringt ein Mineralwasser mit beträchtlichem Schwefel- Eisen- und Kupfergehalt, das vorzüglich gegen Krätze und andere Hautausschläge, wie überhaupt gegen Unterleibsbeschwerden gerühmt wird. Das dabei befindliche Badehaus "In Kochenmoos", in alten Schriften "Kachelmoos", ist leider in jeder Beziehung so mangelhaft geführt und schlecht bestellt, dass es selbst die mäßigsten Ansprüche unbefriedigt lässt". Wie bei Staffler erwähnt, besuchten bis zum Schuljahr 1905/06 die Kinder aus Staben die Schule in Tschars. Vier Mal täglich mussten sie damals den langen Fußweg auf sich nehmen. Die erste Kindergartengruppe entstand im Jahre 1975. Die Kirche "Unsere liebe Frau" wurde 1638 eingeweiht. Die romanischen Teile dieses wunderschönen Gotteshauses sind jedoch wahrscheinlich die Überreste einer früheren Kapelle. Wie viele andere Dörfer im Vinschgau, wurde auch Staben von einigen verheerenden Bränden heimgesucht. Einem solchen Brand fiel 1867 der Torbogen zum Opfer, den man früher beim Durchqueren des Dorfes passieren musste. Vor den Bränden sollen auch die Häuser enger beieinander gestanden haben, so dass nicht alle Fuhren problemlos das Dorf passieren konnten. Der Zugang ins Schnalstal befand sich früher mitten in Staben, gegenüber der Kirche, wie ein Hinweisschild an jener Stelle bekundet. Vielleicht befand sich an dieser Stelle auch ein Zollhaus. Von historischer Bedeutung ist das Bad Kochenmoos, das laut Staffler in der Vergangenheit anscheinend nicht so gut geführt wurde, wie das heutige Restaurant. Das Bad wurde bereits 1695 als Kurort erwähnt. [F] Dorfzahlen [/F] Staben war bis Ende der 20er Jahre eine eigenständige Gemeinde. Heute leben in Staben 355 Menschen. Um 1850 waren es rund 160 Einwohner, anfangs der 90er noch knapp 300. [F] Dorfleben [/F] "In der ersten Nacht, als die Autos weg waren, haben wir das erste Mal seit langem bei offenem Fenster geschlafen. Die Luft ins Haus gelassen. Aufgeatmet." "Wir hatten die Vorstellung schon verloren, wie das ist." Gemeint ist das Leben ohne Verkehr, ohne das Dröhnen der Lkw, das Gasgeben nach der Engstelle, die Abgase, den Feinstaub… Der Tunnel, eine Revolution für das geplagte Dorf. Als Außenstehende versuche ich zu verstehen, was es für die Menschen in Staben bedeutet hat, mit dem Verkehr zu leben, wie die Menschen ihre "Befreiung" von diesem Übel erlebten und wie sie ihre neue Freiheit gestalten. Eigentlich hatte ich erwartet, dass sich einiges verändert hätte, doch als ich seit langer Zeit das erste Mal wieder in das Dorf komme, fällt mir außer der leeren Straße keine Veränderung auf. Eine ältere Frau drückt sich bei ihrem Gang durch das Dorf eng an die Häuserfront. Wahrscheinlich eine alte Gewohnheit und bis vor gut einem Jahr eine Notwendigkeit, wirkt dies nun fast schon grotesk, denn die Straße ist leer. Ebenfalls geblieben ist die alte Gewohnheit der Stabener, sich vor dem Einbiegen in die Dorfstraße mehr als einmal zu vergewissern, ob die Straße wirklich frei ist. Gerade so, als könnten sie es nicht glauben, dass der Verkehr wirklich weg ist. Nur die Kinder leben ihre neuen Möglichkeiten unbezwungen aus und erobern den neu entstandenen Raum. Als ich seit langer Zeit das erste Mal wieder durch das Dorf fahre, ist es wie ausgestorben. Die Straße wirkt plötzlich so breit, breiter als ich sie in Erinnerung habe. Vielleicht schafft es das Dorf die Veränderung für den wirtschaftlichen und strukturellen Aufschwung zu nutzen und an die rasante Entwicklung der umliegenden Dörfer anzu-schließen. Vor allem touristisch, denn Staben liegt sehr günstig am Ausgangspunkt zahlreicher Wanderwege und auch am neuen Radwegenetz. Momentan drängt sich jedoch eher der Eindruck eines Dorfes im Dornröschenschlaf auf. Die Straße führt wie eh und je schnurgerade auf die alte Wallfahrtskirche zu. Diese kommt jedoch erst jetzt richtig zur Geltung. Sie ist nicht mehr in erster Linie Verkehrshindernis, sondern endlich Kulturobjekt. Auch kann und sollte man sich jetzt die Zeit nehmen, das Kleinod genauer zu betrachten. Es sind wie so oft die kleinen Details, die diesen sakralen Bau einzigartig machen, wie das schön gearbeitete Portal in Marmor, mit den Wappen der Grafen Hendl, der Annaberger und der Jahrzahl 1638, in dem sie erweitert wurde. Bei der Apsis findet sich ein besonders schönes Fenster mit gotischen Elementen. Im Inneren findet man einen barocken Altar, dessen Herkunft und Alter jedoch nicht geklärt sind. Das Patrozinium feiert Staben eher bescheiden. Nach der heiligen Messe findet ein Umtrunk statt. Auf dem Spielplatz wird anschließend eine kleine Feier veranstaltet. Die Feierlichkeiten werden auf den Sonntag verschoben. Am 15. August findet jährlich das Feuerwehrfest statt. Die Feuerwehr, der größte und bedeutendste Verein im Ort, wurde vor rund 110 Jahren gegründet. Die meisten anderen Vereine wie der Sportverein, oder die Musikkapelle bestehen mit Nachbardörfern gemeinsam, wie etwa auch der Chor mit Tabland . Kirchlich gehörte Staben früher zur Pfarre Tschars, jetzt jedoch zu Naturns. Damit sehen sich viele Stabner mit der Frage konfrontiert, ob sie ihre Toten wie bisher in Tschars bestatten oder ob sie neue Gräber in Naturns errichten möchten. Strukturell besteht in Staben Nachholbedarf. So gibt es kein Lebensmittelgeschäft, deswegen fahren die Stabener zum Einkaufen meistens nach Naturns. Die Handwerkerzone entwickelt sich recht gut. Mit dem nun erhofften Wachstum des Dorfes hofft die Bevölkerung auf neue Möglichkeiten. Mit der Öffnung des Tunnels wurden für Staben die Tore in eine bessere Zukunft geöffnet. Eine Zukunft, die es zu gestalten und zu nutzen gilt. [F] Wanderung [/F] Zum Schloss Juval Staben ist ein günstiger Ausgangspunkt für zahlreiche Wanderungen. Empfehlenswert ist im Frühjahr und besonders jetzt im Herbst die Wanderung empor zu Schloss Juval. Dazu folgt man am besten dem markierten Weg, der neben der Kirche im Zentrum von Staben beginnt. Nach Juval verirren sich mehr Touristen als Einheimische, obwohl auch letzteren diese Wanderung empfohlen sei, denn, oben beim Schloss angelangt, hat man einen wunderbaren Ausblick. Ab Juval kann man den reizvollen Waalweg entlang wandern, oder zum Hofe Oberjuval aufsteigen und von dort den Rückweg über den Oberschönegghof und Tschars antreten. Vorschau: 18.11.04 - Naturns

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