Stilfserjoch als Erlebnisraum
Potential der legendären Passstraße soll ausgeschöpft werden. Ein Projekt dazu wurde in Prad vorgestellt.
PRAD - „Es ist eine Perle, welche die Einheimischen noch nicht als solche erkannt haben“. Dieses Zitat stammt aus dem Munde des Architekten Arnold Gapp. Gemeint ist damit das Stilfserjoch. Der Pass und die Straße hinauf auf das Joch sollen aufgewertet werden. Diese Aufwertung, an der öffentliche Institutionen und Arbeitsgruppen seit Jahren feilen, nimmt immer konkretere Formen an. Nach dem überaus erfolgreichen ersten Vortrags- und Diskussionsabend zum Stilfserjoch im Oktober hat in der vergangenen Woche ein zweiter Infoabend mit anschließender Podiumsdiskussion stattgefunden. Dabei ging es um das Projekt „Erlebnisraum Stilfserjoch“. Die Initiative geht auf das Jahr 2006 zurück. Damals wurde von der Provinz Bozen bereits eine Studie in Auftrag gegeben, um die Straße weiter aufzuwerten. Ideen, die anschließend jedoch lange in der Schublade verschwanden. Vor Jahren wurde das Projekt wieder konkret. Arbeitsgruppen wurden gebildet, und zwar im Vinschgau, in Bormio und im schweizerischen Val Müstair. „Eine Zusammenarbeit der Grenzregionen ist von großer Bedeutung. Das Denken soll nicht auf der Passhöhe aufhören. Denn, auch der Gast sieht das große Ganze“, betonte Vinschgau Marketing-Direktor Kurt Sagmeister. Neben ihm waren vor allem Architekt Arnold Gapp und Stephan Gander in der Steuerungsgruppe zum Projekt „Stilfserjoch-Aufwertung der Pass-Straße“ aktiv.
„Nicht zu billig verkaufen“
Gander stellte dem zahlreich erschienenen Publikum im „aquaprad“ konkrete Ergebnisse der Arbeitsgruppe vor. Demnach gebe es bereits viel Positives. Die Kulisse, die einmalige Landschaft, die spektakuläre Straße, König Ortler und die internationale Bekanntheit des „Stelvio“ seien hervorragende Voraussetzungen, um das Potential weiter auszuschöpfen. Jedoch sei in den vergangenen Jahrzehnten kaum in das Stilfserjoch investiert worden, die Passhöhe wurde vernachlässigt, die Straße selbst sei nur begrenzt erlebbar. Hier gelte es anzusetzen. „Aber, wir dürfen uns nicht zu billig verkaufen“, betonte Gander. Darin seien sich die verschiedenen Arbeitsgruppen einig gewesen. So denke man nicht an eine Maut, sondern mehr an einen Eintritt in eine Erlebniswelt. Eine Erlebniswelt mit verschiedenen Attraktionen. Man wolle investieren, das Gebiet aufwerten, und einen Erlebnisraum schaffen. Dabei sollen unter anderem sanitäre Einrichtungen auf der Passhöhe entstehen. Die Saison solle bis zu sieben Monate dauern, ein fixer Start sowie ein fixer Endtermin sollen festgelegt werden. Eine bereits konkrete Idee sei auch eine Art Museum auf der Passhöhe. „Man muss versuchen, die Leute oben zu behalten“, betonte Architekt Gapp. Der Eintritt in diesen Erlebnisraum auf Südtiroler Seite solle bei Gomagoi liegen.
Drei Millionen Umsatz
„Welches Potential da ist, zeigen die jährlich bis zu 450.000 Personen, die sich am Stilfserjoch bewegen“, betonte Kurt Sagmeister. Mit dem Erlebnisraum wolle man keineswegs noch mehr Verkehr erzeugen, sondern vielmehr „eine gute Auslastung über die gesamte Saison“ anstreben. Noch mehr Besucher an Spitzentagen seien hingegen nicht gewünscht. „Durch das Einheben einer Eintrittsgebühr könnte ohne zusätzliches bzw. mit weniger Verkehrs-
aufkommen ein Umsatz von 2,5 bis 3 Millionen Euro generiert werden“, rechnete Sagmeister vor. Der Umsatz könne ausgegeben werden für Produktentwicklung, Marketing, Personalkosten sowie Betriebskosten. Der ganze Vinschgau könne davon profitieren, freute sich Sagmeister. „Und nicht zuletzt geht es um viele Arbeitsplätze“, lobte der Prader Bürgermeister Karl Bernhart. Er selbst zeigte sich vom Projekt begeistert. „Die Stilfserjochstraße prägt uns Prader und die Stilfser seit jeher“, waren sich Bernhart und der Stilfser Bürgermeister Hartwig Tschenett einig. Der Prader Gemeindereferent und Event-Organisator Gerald Burger sprach über die möglichen Veranstaltungen entlang der Passstraße. Mit dem Stilfserjoch/Stelvio Marathon habe man im heurigen Sommer erstmals erfolgreich einen Berglauf hinauf auf die Passhöhe organisiert. Ein Erlebnisraum biete Potential für viele weitere Höhepunkte.
2019 hinein in die Erlebniswelt?
Bereits im Frühjahr 2018 wolle man eine GmbH für den Erlebnisraum Stilfserjoch gründen. Dann könnte alles schnell gehen und die Pläne verwirklicht werden. Schon 2019 könnten die Besucher in die Erlebniswelt eintauchen. Die Voraussetzung dafür dürfte dann eine Art Vignette sein, die für eine Gebühr erhältlich ist. Dafür soll den Gästen auch jede Menge geboten bekommen. Ängste der Einheimischen, dass der Verkehr noch unerträglicher werde, konnten in der Podiumsdiskussion zu einem großen Teil aus dem Weg geräumt werden. „Ich bin mit einem mulmigen Gefühl gekommen und gehe sehr zuversichtlich“, brachte es ein Besucher auf den Punkt.
