Die Tierärztin Marianna Frena

Tierärztin schlägt Alarm: „Milchwirtschaft am Abgrund“

Publiziert in 7 / 2022 - Erschienen am 12. April 2022

Vinschgau/Südtirol - Die von der Tierärztin Marianna Frena, die in ganz Südtirol in der Bestandsbetreuung tätig ist, ins Leben gerufene Online-Petition für die Berglandwirtschaft (www.petitionen.com/hilfe_fuer_milch-_mast-_und_zuchtbetriebe) hat viel Staub aufgewirbelt, auch im Vinschgau. Wie Frena selbst schreibt, sei sie „nur eine kleine, unbedeutende Tierärztin“, die es wagt, in unserem schönen Land ‚laut zu denken’.“ Bei ihrer Arbeit sehe sie viel Schönes und erlebe viel Freude, „aber ich sehe auch immer mehr Leid und Verzweiflung.“ Das mache sie traurig und zugleich wütend, „da ich sehe, dass es in unserem Land nicht an Geld mangelt, sondern an Unverständnis dem Nächsten gegenüber. Es wird zwar immer viel geredet, aber keiner nimmt sich die Zeit, auch mal hinter die Kulissen zu blicken.“ In den Zeitungen lese man immer wieder, „wieviel die Bauern für alles Mögliche Beiträge bekommen und wieviel Geld sie kassieren.“ Aber auch die „Anderen“ bekommen Beiträge für vieles „und brauchen kein Gebäude für Kühe samt artgerechter Einrichtung, keinen Stadel samt Heukran, keine Melkmaschine, keinen Milchtank, keine Entmistungsanlage, keinen Maschinenraum samt Werkstatt, keinen Traktor usw.“ Da diese Maschinen aber alle nötig sind um die Arbeit überhaupt verrichten zu können und nebenher noch viel Geld kosten, „ist es nur gut und richtig, dass es hierfür Beiträge gibt.“ Den Großteil bezahlen die Bauern aus eigener Tasche. Auch auf den großen Arbeitsaufwand der Bauern verweist die Tierärztin. Außerdem brauche es viel Wissen, um gesunde, nährstoffreiche und hygienisch einwandfreie Milch zu produzieren. Das alles sei mit Kosten verbunden, „die ohne zweites Einkommen niemals zu stemmen wären.“ Hinzu komme jede Menge an Auflagen, die eingehalten werden müssen, Stichwort Tierwohl oder „ClassyFarm“. Das sei zwar begrüßenswert, „aber wiederum mit enormen Kosten verbunden.“ Dabei hänge alles zusammen, „denn wir sind alle voneinander abhängig und profitieren dadurch gegenseitig“, angefangen von der Politik, Bauernbund, Universität, EURAC, Beratungsring Bring, Sennereiverband, Milchhöfe, Schlachthöfe, Tierzuchtverbände, Touristiker, Handwerker, Tierärzte, Seucheninstitut, Futtermittelunternehmen usw. Frena vermisst einen allgemeinen „Aufschrei“ und appelliert u.a. an die Verantwortlichen in der Politik, „die dafür gewählt und fürstlich bezahlt werden, um genau in dieser Situation Lösungen zu suchen.“ Wie soll ein Bauer seine Tätigkeit finanzieren, „wenn 1 kg Kraftfutter bereits mehr kostet, als für 1 Liter Milch ausbezahlt wird!“ Von den Gas, Strom- und Treibstoffpreisen ganz abgesehen. Die Milchwirtschaft stünde am Abgrund. Laut Bauernbund (28.05.2020) hätten seit 2000 nicht weniger als 1.644 bäuerliche Familien die Milchlieferung aufgegeben. Dabei gebe es laut der Tierärztin sehr wohl Möglichkeiten, um den Bauern unter die Arme zu greifen: als Soforthilfe eine Unterstützung, um die Futtermittelpreise etwas abzufedern; Erhöhung des Milchpreises, der auch bei den Bauern ankommt; Verpflichtung für Mensen, Ausspeisungsstätten und die gesamte Sanität, nur hochwertige einheimische Bauernprodukte zu verwenden; 1 bis 1,5 Euro Kurtaxe auch für die Bauern, denn die Landschaft pflegt sich nicht von alleine. Es sei an der Zeit, aufzuwachen und die Realität zu sehen: „Die Milchbauern brauchen jetzt Hilfe, denn sonst ist es zu spät, aber nicht nur für die Bauern“, appelliert Frena an „die Vernunft und an unseren Hausverstand.“

Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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