„Traue keinem Ort, an dem kein Unkraut wächst“
Elisabeth Pircher referiert über Permakultur im Garten. „Achtet auf samenfeste Sorten.“
Vinschgau - Was ist Permakultur? Wie kann ich meinen Garten permakulturell gestalten? Worauf muss ich bei der Auswahl von Sorten achten? Mit konkreten Antworten auf diese und viele weitere Frage wartete am 14. April die Floristin und Permakultur-Expertin Elisabeth Pircher aus Wangen am Ritten bei einer Online-Veranstaltung auf. Rund 40 Interessierte, fast ausschließlich Frauen, nahmen auf Einladung der Bäuerinnen von Tschars, Kastelbell und Galsaun am Online-Vortrag teil. „Ja, es gibt uns noch, uns Bäuerinnen“, hatte Elisabeth Tappeiner im Namen der Bäuerinnen vorausgeschickt. Weil physische Zusammenkünfte aufgrund der Pandemie leider noch immer nicht möglich seien, habe man sich vor eine virtuelle Veranstaltung entschieden.
Dauerhafte nachhaltige Landwirtschaft
Einleitend führte die Referentin in die Theorie der Permakultur ein. „Permakultur ist dauerhafte nachhaltige Landwirtschaft“, sagte Elisabeth Pircher, die eine dreijährige Ausbildung im Bereich Permakultur absolviert hat und in Wangen schon vor einiger Zeit einen Permakulturgarten angelegt hat. Mittlerweile ist sie hauptsächlich als Hof- und Gartenführerin sowie Referentin tätig. Die ethischen Grundsätze der Permakultur fasste sie so zusammen: trage Sorge für die Erde und für die Menschen, teile gerecht und setze Grenzen für den Konsum. Die Permakultur beschäftige sich mit allem, was notwendig ist, um den zukünftigen Generationen ein Leben in einer intakten Natur zu ermöglichen. „Erst wenn wir spüren, dass wir selbst ein Teil der Natur sind, können wir sie verstehen“, so die Referentin. „Wir müssen von der Natur lernen, Vielfalt ermöglichen, Kreisläufe optimal nutzen und Ressourcen sparen.“ Das Arbeiten im Garten sei manchmal zwar mühsam, „aber sehr befriedigend. Denken wir nur an die Früchte, die uns die Natur schenkt.“
Viele praktische Tipps
Ein Garten muss laut Elisabeth Pircher nicht groß sein, wohl aber braucht er einen schönen, sonnigen Platz. „Einem Garten ist es egal, wie klein er ist. Schafft Euch Euer kleines Paradies und lasst Euch von der Natur reich beschenken.“ In das Anlegen verschiedener Arten von Beeten führte die Expertin ebenso anschaulich ein, wie in die Pflege des Bodens, die richtige Sorte- und Saatgutauswahl, die Pflanzenanzucht, die Stecklingsvermehrung sowie in die pflanzlichen Spritz- und Düngemittel. Die Bodenpflege sei das Um und Auf: „Der Boden sollte immer mit Stroh, Heu oder anderen Naturmaterialien abgedeckt werden.“ Damit werde nicht nur Wasser gespart, sondern die Bildung humusreichen Bodens gefördert. „Bei uns zu Hause gibt es keine Maschinen zur Bodenbearbeitung.“
Schlüsselfrage Saatgut
Bedauerlich sei laut der Referentin, dass von der großen Sorten- und Saatgutauswahl, wie es sie vor rund 120 Jahren gegeben hat, nur mehr ca. ein Viertel übriggeblieben sei: „Es sind schon seit langem große Saatgutfirmen, die sagen, was wir auf dem Teller haben.“ Dabei könne jeder dazu beitragen, die Vielfalt zu erhalten, indem er samenfeste Pflanzensorten kauft und nicht Hybridpflanzen. Elisabeth Pircher: „Zur Saatgutvermehrung im eigenen Garten eignen sich nur samenfeste Pflanzensorten, während Hybridpflanzen Einmalpflanzen sind.“ Abgesehen von einer immer größeren Abhängigkeit von großen Konzernen, gehe Hand in Hand mit dem Verlust der Sortenvielfalt auch ein wichtiger kultureller Wert verloren und zusammen mit ihm auch das Wissen um die Vielfalt und den Erhalt der Sorten. Wer glaubt, die Auswahl an Obst- und Gemüsesorten in den Supermärkten sei groß, liege falsch. Es gebe z. B. eine ganze Fülle an verschiedenen Tomaten, Kartoffeln oder Karotten: „In meinem Garten wachsen zum Beispiel über 80 verschiedene Bohnen.“
Insekten und Unkraut sind willkommen
Auf die Vielfalt sei aber nicht nur beim Anbau von Gemüse und Kräutern zu achten, sondern grundsätzlich und in allen Bereichen: „Auch die Insekten sollen von unserem Garten etwas haben, denn ohne sie haben wir keine Ernte. Einen schön gepflegten Rasen kann ich nicht essen.“ Eine Mischkultur und ein Wechsel seien unabdingbar: „Es braucht auch Blumen, Wildpflanzen und Kräuter. Und irgendwo im Garten sollte es eine ‚wilde’ Ecke geben, wo alles Platz hat. Ein Steinhaufen zum Beispiel ist nützlicher als viele meinen.“ Einem Ort, wo kein Unkraut wächst, traue sie nicht, „und außerdem kann ich fast jedes Unkraut essen.“ Der Einsatz von Pestiziden und Kunstdüngern kommt im Garten der Referentin nicht in Frage. Großen Wert legt sie auch auf die Fruchtfolge und darauf, dass im Garten zu fast allen Jahreszeiten gesunde Nahrungsmittel gedeihen. „Der kürzeste Weg zur Gesundheit ist der Weg in den Garten“, ist Elisabeth Pircher überzeugt. „Selber anbauen ist mehr als Geld sparen. Es macht unabhängig, sorgt für Gesundheit, für körperliches und geistiges Wohlbefinden.“
Brauchen wir alles, was wir kaufen?
Mehrfach rief sie dazu auf, beim Einkaufen darauf zu achten, dass die Produkte in der unmittelbaren Umgebung erzeugt wurden: „Warum muss ich zum Beispiel im April Erdbeeren aus Spanien kaufen und kann nicht warten, bis unsere Erdbeeren reifen?“ Abgesehen davon sollten wir uns vermehrt fragen, „ob wir alles, was wir kaufen, wirklich brauchen.“ Sie rief die Bäuerinnen dazu auf, „selber zu säen und auf die Weitervermehrung zu setzen.“ Auch mit einem Zitat von Charles Dudley Warner wartete die Referentin auf: „Ein Stück Land zu besitzen, es mit der Hacke zu bearbeiten, Samen auszusäen und deren Erneuerung des Lebens zu beobachten – dies ist die befriedigendste Sache, die ein Mensch tun kann.“
„Kein Mittel gegen Schnecken“
Zu den Fragen im Anschluss an den Vortrag gehörte jene, wie sie mit den Schnecken Frieden schließe. Elisabeth Pircher dazu: „Ich habe eigentlich kein Problem mit den Schnecken.“ Sie selbst sammelt sie ein und gibt sie in einen Kanister mit Essig, wo sie schnell und schmerzlos verenden. Zur Thema Kartoffelanbau riet die Referentin, bereits im Herbst bei der Ernte schöne, mittelgroße Kartoffeln abzusondern und sie dann im Frühjahr darauf in den Boden einzubringen. Dass man jedes Jahr Saatkartoffeln kaufen müsse, sei ein Blödsinn.
