„Vergesst nie, die EU ist ein Friedensprojekt“
Am europäischen Haus wird gerüttelt. Mögliche Beschützer formieren sich nur zögernd. 33 Jugendliche suchten den Durchblick.
Mals - 31 Schülerinnen und 2 Schüler der 4. Klassen des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums Mals wollten der Sache auf den Grund gehen. Lehrer der Fächer Volkswirtschaft- und Rechtskunde, Philosophie, Deutsch und Italienisch koordinierten und gaben Hilfestellung. Das Projekt aus Volkswirtschaft „Die EU und wir“ war Praxis bezogen und fächerübergreifend. Koordiniert von Martin Daniel wurden in 30 Unterrichtsstunden und nach einer mehrtägigen Fahrt nach Brüssel 7 Unterthemen festgelegt, recherchiert und in einem Thesenpapier festgehalten. Direktor Werner Oberthaler konnte zum Auftakt der Präsentation „ganz speziell zu diesem Projekt beglückwünschen“. „Es war euch wichtig, eine Haltung einzunehmen und euch vor Ort zu informieren“, meinte er und sagte sinngemäß: „Vergesst nie, dass die EU als Friedensprojekt ein großer Erfolg war und ist.“
Fragwürdiges Wirtschaften
Zum Thema „Die Konzerne in Europa und ihr Umgang mit den Ressourcen“ hatten sich 5 Schülerinnen mit Lehrerin Maria Kuppelwieser in einen Bereich gewagt, in dem zwei grundlegende Werte – Transparenz und Vertrauen – durch weltweit agierende Textilkonzerne aus Europa mit Füßen getreten werden. Trotzdem wurde dem Bürger auf der Straße empfohlen, das eigene Konsumverhalten zu hinterfragen. „Erst durch unsere Recherchearbeiten ist uns bewusst geworden, wie viele Angebote uns die Europäische Union bietet“, erklärte zusammenfassend die Gruppe mit Lehrerin Barbara Wallnöfer. Sie hatten sich in die von der EU geförderten Jugendprogramme eingearbeitet und dadurch erfahren, dass ihre Schule schon mehrmals daran beteiligt war. Ob „der Euro als Erfolgsgeschichte oder als Fehlentscheidung“ zu gelten habe, untersuchte eine Gruppe um Lehrer Roland Rungg. Schwerpunkte waren die Perspektiven Italiens in oder außerhalb der Eurozone und die nüchterne Erkenntnis, dass sich mit der Anti-Krisen-Strategie der drittgrößten, europäischen Volkswirtschaft die Probleme nur aufschieben, aber nicht lösen lassen.
Hoffnung Bürgerinitiativen
Zum Thema „Bürgerinitiativen als politisches Instrument“ wählten 5 Schülerinnen mit Vizedirektorin Bernadette Höllrigl den aufrüttelnden Titel „Jeder Einzelne von uns ist gefragt“. Sie ließen sich vom Sprecher der Bürgerinitiative Mals, Johannes Fragner Unterpertinger, das Entstehen der Initiative als „Versagen von politischen Planern und Parteien“ erläutern, um dann auf die Bürgerbewegung „Pulse of Europe“ einzugehen. Deren erste von 10 Zielsetzungen lautet: „Europa darf nicht scheitern“. Zweisprachig, aber nicht als Übersetzung gestaltet war das Thesenblatt der Schülerinnen um Italienischlehrerin Marika Ceol. Sie stellten fest, dass das Sprachen- und Minderheitendickicht ein erhaltenswertes Kleinod in Europa sei, dass Sprachen lernen Brücken bauen heißt und dass Mehrsprachigkeit nicht nur Minderheiten Vorteile bringt. Mit dem „Brexit“ und seinen möglichen Folgen für Großbritannien und Europa befassten sich 3 Schülerinnen und ein Schüler mit Lehrerin Christiane Patscheider. Sie entlockten Südtirols Europa-Parlamentarier Herbert Dorfmann die Aussage, dass der Brexit zwar eine Gefahr für die EU darstelle, dass er aber kaum Nachahmer finden werde.
Europa am Scheideweg
Nachdenklich stimmten mögliche Zukunftsszenarien für Europa. Das Schülerinnen-Quartett um Lehrer Helmut Ausserer sah als positive Weiterentwicklung nur den Weg hin zu den „Vereinigten Staaten von Europa“, allerdings mit demokratischer Legitimation durch die Direktwahl. Den Zerfall der EU könnten eine in Schwierigkeiten gelangte Wirtschaftspolitik, als zu hoch empfundene Abgaben an die EU, der Druck der Großmächte und natürlich das Beispiel von Großbritannien einleiten. Es könnten sich dann
Blöcke bilden in Osteuropa, in Skandinavien, in Südeuropa oder aus dem Zusammenschluss starker Volkswirtschaften. In der kurzen Podiumsdiskussion im Plenum kam immer wieder die desolate und für die EU so gefährliche Staatsverschuldung Italiens zur Sprache. Übereinstimmten Direktor, Lehrer und Pressevertreter, dass Schülerinnen und Schüler in der Lage waren, mit Recherche- und Präsentationskompetenz die EU aus 7 Blickwinkeln tiefgründig darzustellen und zu beleuchten.
