„Verkaufte Liebe“ im Vinschgau

Publiziert in 8 / 2003 - Erschienen am 24. April 2003
Kürzlich stellte die Journalistin und erfolgreiche Buchautorin Christine Losso ihr neuestes Buch "Verkaufte Liebe" in der Bibliothek in der Schlandersburg einer zahlreich erschienenen Zuhörerschaft vor. Flankiert vom italienischen Kulturlandesrat Luigi Cigolla, Gaetano Guarrieri und Dunja Tassiello, die auch die italienischen Texte vortrug, erzählte Christine Losso, über die Hintergründ dieser Publikation und wie sie zu diesem Thema kam. Das Buch dokumentiert das Leben zweier Huren in Südtirol. Nach der Präsentation befragten wir Christine Losso zum Thema Prostitution und ihre Beziehung dazu. Was hat Christine Losso so an den Prostituierten fasziniert? Ich habe mir immer schon gewünscht in dieses Milieu hineinzukommen. Und da ich nicht das Zeug zur Prostituierten habe, wollte ich mir das von einer Professionellen hautnah erzählen lassen. Welche Reaktionen gab es auf ihr provokantes Buch? Durchaus positive, wobei man natürlich sagen muss, dass mir die negativen nicht direkt ins Gesicht gesagt wurden. Wir leben halt in einem Land, in dem dieses Thema tabuisiert wird. Es haben mich nicht nur Frauen, sondern auch Männer angesprochen, die mir gratuliert haben: Gott sei Dank traut sich eine endlich, das Thema aufs Tapet zu bringen, die Zeit war reif. Warum meinen Sie, geben die Männer nicht gerne zu, dass sie Huren besuchen? Das ist einfach noch ein Tabu! Logischerweise geben sie das nicht gerne zu, weil das mit Moral und Kirche zu tun hat, und eben Ausdruck einer scheinheiligen Doppelmoral ist. Bei meinen Gesprächen über dieses Buch habe ich vielleicht drei oder vier Männer getroffen, die erklärt haben: Ja, ich gehe zu Huren. Wenn sich die Kirche nicht ändert, wird das weiterhin ein Tabu bleiben. Vertreter der offiziellen Kirche haben sich bei mir nicht gemeldet, was sollen sie denn auch sagen, obwohl Huren in der Bibel eine nicht unwichtige Rolle spielen. Die Psychologie sagt, dass in jeder Frau etwas von einer Hure und etwas von einer Heiligen stecke. Können Sie das bestätigen? Ja, logisch, für den Mann und auch für sich selber soll sie ein bisschen die Hure spielen können und für die Kinder ein bisschen die Heilige sein. Im Leben soll sie ein Mittelding zwischen beiden sein können, wenn sie dazu in der Lage ist. Ich bin für die Gleichberechtigung: Wenn ich meinem Mann damit etwas Gutes tue, tut es mir selbst auch gut. Dafür soll sich keine Frau schämen müssen. Die beiden Prostituierten, deren Leben ich in meinem Buch beschreibe, meinen, dass viele Frauen gerne auch Huren wären, aber sie trauen sich nicht. Weil die "normalen" Frauen auch scheinheilig sind. Interview: ch

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.