Verliebt in den Berg
Publiziert in 41 / 2014 - Erschienen am 19. November 2014
Tamara Lunger im Interview
Graun - Auf Einladung des Südtiroler Alpenvereins gab Tamara Lunger, Extrembergsteigerin aus Südtirol, kürzlich im voll besetzten Saal im Vereinshaus Graun einen Überblick über ihre sportliche Laufbahn, vor allem jedoch über ihre bergsteigerischen Ambitionen und Erfolge. Tamara Lunger, Jahrgang 1986, hat Bergsteigergeschichte geschrieben, als es ihr gelang, im vergangenen Juli gemeinsam mit ihrem Seilkollegen Klaus Gruber den K2 zu besteigen. Dieser Berg im Karakorum-Gebirge mit einer Höhe von 8.611 Metern ist der zweithöchste Berg der Welt und gilt als der schwierigste aller Achttausender. Tamara Lunger hat es als erste Südtirolerin geschafft, diesen Berg ohne Zuhilfenahme von Sauerstoff zu besteigen. Zudem war es ihre erste Besteigung eines Achttausenders. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an diesem beeindruckenden Vortragsabend waren ergriffen von der Leistung und der Ausstrahlung dieser außergewöhnlichen jungen Bergsteigerin. Im Anschluss an den Vortrag führte der Vinschger mit Tamara folgendes Gespräch.
der Vinschger: Du hast bei der Präsentation Deiner Expeditionen immer wieder von Gefühlen gesprochen. Welche Rolle spielen für Dich Gefühle beim Bergsteigen?
Tamara Lunger: Für mich bedeuten Gefühle fast alles, weil ich meinen Gefühlen am Berg eine sehr große Bedeutung schenke. Ich muss es spüren, da hilft es nichts, wenn auch die Bedingungen bombig sind: Ich muss es spüren!
Nimmst Du irgendwie mit dem Berg einen gefühlsmäßigen Kontakt auf?
Ja, ich schon. Die Harmonie muss stimmen und sie hat gestimmt.
Auf dem von Dir gezeigten Video vom Gipfel des K2 rannen Dir die Tränen über die Wangen. Kam das vom starken Wind oder von den Emotionen?
Na, na, schon die Emotion! Wie viele Menschen sind fünf-, sechsmal hinüber gefahren zum K2 und sind nicht hinaufgekommen. Den Gipfel zu erreichen ist echt ein Glück und das weiß ich sehr zu schätzen. Allerdings kommt es meiner Meinung schon stark auf die anfängliche Einstellung an. Natürlich nicht wenn das Wetter so gar nicht passt, aber mit positiver Herangehensweise ist schon mal eine gute Basis gelegt.
Welche Motivationen bewegen Dich zum Bergsteigen?
Erstens: Ich tue mir gerne hart. Aber zweitens muss ich sagen: Viele meinen, das ist doch „zach“, auf solche Berge zu steigen. Aber da muss ich sie enttäuschen, denn für mich ist das die pure Leidenschaft und ich fühle mich einfach nur wohl in dem was ich mache. Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll: Ich verliebe mich fast in den Berg, und dann passt das Feeling einfach. Natürlich muss das nicht immer der Fall sein.
Du hast mehrmals gesagt, dass Du einen starken Glauben an Gott hast. Was meinst Du damit?
Ich weiß, dass Gott immer auf mich herunter sieht, ich habe das oft genug erlebt. Ich weiß auch, wenn die Stunde da ist, dann muss ich gehen und das passt für mich.
Du hast bei Deinem Vortrag auch über den Tod gesprochen. Was wolltest Du damit zum Ausdruck bringen?
Ich weiß, dass mir etwas passieren kann, aber ich würde es nicht tun, wenn es das für mich nicht wert wäre. Das Gottvertrauen und meine positive Einstellung sind für mich ein großer Pfeiler des Erfolgs.
Du bist eine Frau, leistest aber beim Bergsteigen das Gleiche wie ein Mann.
Auf dem Berg fühle ich mich nicht als Bergsteiger oder als Bergsteigerin. Das Geschlecht ist dabei total unwichtig. Ich muss gleich viel leisten und ich will gleich viel leisten, ich will die gleiche Verantwortung, die gleichen Entscheidungsmöglichkeiten und die gleiche Entscheidungsfreiheit. Das gilt für mich persönlich so, aber wahrscheinlich nicht für alle Frauen. Ich fühle mich in der Höhe so wohl, dass ich einem „Mandermensch“ da oben in nichts nachstehe.
Du liebst Deine Familie sehr. Wie kann man eine Beziehung zu einem Partner aufbauen bei Deinem Lebensstil?
Man muss einen Partner haben, der das total versteht, was der Berg für mich bedeutet. Es muss vielleicht nicht einmal zwingend sein, dass er das Selbe macht. Und der muss erst Mal gefunden werden!
Wie finanzierst Du Deine Expeditionen?
Durch Arbeit und Sponsoren. Nach diesem starken medialen Aufsehen in Italien ist es für mich viel leichter geworden Sponsoren zu finden. Ich bekomme viel positives Feedback, aber es gibt sicherlich auch diejenigen die anders sehen.
Warum?
Es gibt halt immer Leute, die meinen, was die tut ist ein Sch…
Wie gehst Du mit Deinem Ruhm um?
Ich probiere genau so weiter zu machen wie bisher und jeden Tag so intensiv wie möglich zu leben. Das Leben ist etwas stressiger geworden, weil es nun mehr Termine gibt. Alles eine Frage der Einteilung.
Interview: Friedrich Haring

Friedrich Haring