Vinschger Bildungszug
Publiziert in 2 / 2003 - Erschienen am 30. Januar 2003
[F] BiA Laas - Buchvorstellung [/F]
Silvano Neri, 1938 in Laas geboren, Sohn des Santino Neri, eines Marmorarbeiters aus den Apuanischen Alpen, dem Marmorgebiet in der Toskana, schrieb schon mit 13 Jahren Gedichte.
In dem Sammelbändchen “Sentimenti”, welches am 18. Jänner 2003 im Saal der Raiffeisenkasse Laas präsentiert wurde, beschreibt er seinen Werdegang, die Gefühle und Erfahrungen eines Menschen, der als Arbeitersohn italienischer Muttersprache in der ländlichen Umgebung eines vinschger Dorfes seinen Weg und seine Heimat gefunden hat. Kein leichter Weg im Konfliktbereich zwischen Eingesessenen und Zugewanderten, aber am Ende bestanden.
In berührender Zuneigung zum Ort, zu den Bewohnern, mit Verständnis für beide Seiten, mit offenem Blick für das Vielfältige, ist das Buch geschrieben, das neben seinem literarischen Wert Dokumentcharakter besitzt, Zeugnis einer Zeit, wo vieles anders war als heute, eine Zeit der Dörfer, die nicht mehr sind. Das geben auch die Zeichnungen des Autors wieder, wo das alte Dorf detailgenau in Erinnerung gebracht ist, bemerkenswert auch die Zitate der alten Namen von Familien, Plätzen, Gassen.
Zur Übersetzung schreibt Silvano Neri: “Ich danke dem Übersetzer Günther Vanzo, der einfühlsam und sprachgewandt die italienischen Texte ins Deutsche übertragen hat. Nur so, durch seine Übersetzung, ist mein Vorhaben erst verwirklicht worden.”
Tatsächlich ist durch die Übersetzung von Günther Vanzo Bedeutendes geschehen: Neben der bewusst gesetzten Zweisprachigkeit des Buches, ist gerade wegen der akribischen Genauigkeit gegenüber dem Original, ein Sprachakt mit eigenem poetischen Charakter entstanden.
Der Inhalt basiert auf einem bewegten Leben, dem Dorf, seinen Festen, der Familie, auf Freundschaften, der Erfahrung und dem Wissen wie schwer es ist, aufgenommen, angenommen zu werden. Und dann das Leben der Arbeiter im Marmorwerk, die sozialen Gemeinsamkeiten zwischen deutschen und italienischen Arbeitern, der Kampf um das tägliche Brot, der überall stattfindet in der alten Heimat Toskana und in Laas.
Der Einband des Buches, schiefergrau mit kalkweißer Schrift, weist auf das Stein - und Marmordorf Laas, auf sein Eigentliches hin: Dorf mit den zwei Gesichtern - Ort für den Bauer, Ort für den Arbeiter. Im Gedicht “Simboli a Lasa” (Symbole in Laas), wird dieses Zweigesichtige zum Ausdruck gebracht. Eine Reihe von Pfeilern, jeder für sich und in sich gegründet, tragen miteinander das Wasser über die Talebene, über die Etsch hinüber auf die trockene Sonnenseite. Elemente, verschieden in ihrer Art, finden zu einer Sache, die alle angeht, die allen gemeinsam ist, ihr Ziel, das am Ende Gegensätze überbrückt. Daher auch der Ausschnitt mit den Pfeilern aus einer alten Postkarte genommen und in die Mitte des Einbandes gesetzt.
Die Vorstellung des Buches verlief in herzlicher gelöster Atmosphäre, ein kleines Fest für Freunde und Interessierte. Es wurde sehr spät, und die Gastfreundschaft des Hausherrn, die kulinarischen Genüsse nach Rezepten aus der Toskana und dem Vinschgau, von den Damen des Bildungsausschusses serviert, übertrafen das Übliche; Dankbarkeit und Wertschätzung dem Autor, entgegengebracht, der einer bewegten Zeit, seinen Teil an ihr, mit Gespür und Liebe zu den Dingen, die seine Jugend und sein Leben weiter umgaben, zur Sprache gebracht hat.
[F] FELICITÀ [/F]
Piena è la luna,
limpido,
limpidissimo è il cielo.
Le strade,
le case,
gli alberi,
i prati,
tutte le cose
sono ammantate di neve.
Silenzio assoluto d’intorno.
In questa nottata
d’argento,
in questo paesaggio
d’incanto,
io,
solo,
cammino,
contento,
felice,
ma molto felice!
Guardo... penso;
riguardo... penso.
D’un tratto,
senza un motivo preciso,
sento una lacrima
rigarmi il viso.
[F] GLÜCKSELIGKEIT [/F]
Voll ist der Mond,
klar,
sternklar ist der Himmel.
Die Wege,
die Häuser,
die Bäume,
die Wiesen,
alles
ist mit Schnee bedeckt.
Völlige Stille ringsum.
Durch diese Silbernacht,
durch diese Zauberlandschaft
schreite
ich
allein,
zufrieden,
glücklich,
ja, überaus glücklich!
Ich schaue... ich denke;
ich betrachte... ich denke nach.
Plötzlich,
ohne einen bestimmten Grund,
spüre ich eine Träne
an meinem Mund.
[F] ÜBERLAGERUNGEN [/F]
Frühe Erinnerung
an dürre Sommer:
Meine kleinen Füße
in offenen Sandalen
von immer demselben Staub bedeckt,
die gleichen weißen Gassen hindurch,
auch wenn diese weit auseinander liegen,
unterschiedliche Landschaften
und Geschichten durchquerend.
Frühe Erinnerung
An dürre Sommer:
einfache Männer,
kräftig und zäh,
staubig
innen und außen,
dieselben weißen
Gesichter und Kleider,
verdienten sich das Brot
mit den Fingernägeln,
mit den Zähnen,
weiße Blöcke entreißend,
den sich gleichenden mächtigen Bergen,
den gleichnamigen Gipfeln,
fern voneinander:
Die Vinschgauer Alpen,
die Apuanischen Alpen.
Frühe Erinnerung
an dürre Sommer:
Überlagerungen
von Weiß.
Spur
meines Lebens.
Der Gedichteband “SENTIMENTI” wurde mit Unterstützung des Bildungsausschusses Laas und der Raiffeisenkasse Laas veröffentlicht. Viele Interessierte fanden sich zur Vorstellung des Gedichtebandes in den Raiffeisensaal von Laas ein.
Wilfried Stimpfl (Bildungsausschuss), Ludwig Platter (Raiffeisnkasse) und eine Klarinettengruppe der Musikkapelle Laas gestalteten den Abend.
[F] SOVRAPPOSIZIONI [/F]
Memoria antica
di secche estati:
piccoli piedi miei
in sandali aperti,
dallo stesso elemento
ognor coperti
per viottoli uguali,
bianchi,
se pur, questi,
tra loro distanti
e percorrenti
paesaggi, storie
differenti.
Memoria antica
di secche estati:
uomini semplici,
forti, tenaci,
fuori e dentro
impolverati,
visi e panni uguali,
bianchi,
cercavano il pane
con I’unghie,
coi denti,
strappando volumi,
bianchi,
a monti maestosi
perfin somiglianti;
a omonime creste
tra loro lontane:
le Alpi venoste,
le Alpi apuane.
Memoria antica
di secche estati:
sovrapposizioni
tra il bianco,
impronta
della mia vita.
[F] SIMBOLI A LASA [/F]
Pilastri dei tempi andati !
Molti uomini
dal marmo imbiancati,
da tanto sudore salati,
simili,
ma separati come voi siete,
qui sono stati.
Simili:
per colore e odore dei panni,
dagli stessi problemi assillati.
Separati:
...non sol per gl’idiomi parlati... .
Li univa però, come voi,
uno scopo comune;
come voi svolsero,
insieme,
i compiti ardui assegnati
e ottennero risultati,
da singoli mai vagheggiati.
[F] SYMBOLE IN LAAS [/F]
Pfeiler vergangener Zeiten!
Viele Männer -
vom Marmorstaub weiß,
salzig vom vielen Schweiß
einander ähnlich
doch jeder, so wie ihr seid, für sich -
lebten hier.
Einander ähnlich:
Wegen der Farbe und des Geruchs der Kleider,
wegen der gleichen drückenden Probleme.
Voneinander getrennt:
... nicht nur der Sprache wegen... .
Es einte sie jedoch - so wie euch -
ein gemeinsamer Zweck;
wie ihr erfüllten sie,
miteinander,<
die ihnen zugeteilte schwierige Aufgabe;
sie erreichten Ergebnisse,
die als Einzelne sie
sich nie erträumt hätten.
[F] Veranstaltungskalender: [/F]
14. Goldrainer Dorftage
auf Schloss Goldrain
Freitag, 31.01.03 - 20.00 Uhr
“Gesundheitsvorsorge in die eigenen Hände nehmen”
Dr. Waltraud Lun
Sonntag, 02.02.03 - 10.00 Uhr
Literatur-Matinee
Sepp Mall liest neue Texte
Freitag, 14.02.2003 - 20.00 Uhr
Aula Magna LEWIT -Schlanders
Vorführung des Videofilms
„Hans Dietl - Politiker der Opposition“ mit Diskussion
Regie: Daniel Mahlknecht
Veranstalter: Blue-Star-Film
BIA Schlanders
Ab Mitte Februar:
Deutschkurs für Italiener
Corso di tedesco per italiani
Nähere Informationen:
ulteriori informazioni:
Priska Marx Bachmann 0473 730014 Christine Holzer 0473 730456 ab 13.30 Uhr
Schloss Goldrain
Impressum:
Initiative des Bildungshauses
in Zusammenarbeit mit den Bildungsausschüssen des Vinschgaus / Finanziert durch die Aut.Prov.BZ - Amt für Weiterbildung / Koordination:Ludwig Fabi / Grafik: Anna Zingerle