Was hat eine Frau von der Treue?
Schlanders - Gar nichts! Wenn Ehemänner ihre Frauen betrügen, dann zählt das höchstens als Kavaliersdelikt, im umgekehrten Fall jedoch als Skandal. In der Jazz-Operette „Ball im Savoy“ von Paul Abraham, ein Meisterwerk der 1930er Jahre und vergangene Woche im Kulturhaus von Schlanders aufgeführt, wagt die Frau die Revanche: Kaum ist Marquis Aristide von der Hochzeitsreise zurück, trifft er sich heimlich mit seiner alten Flamme Tangolita auf dem Ball im Savoy, doch seine clevere Frau Madeleine ist ihm längst auf der Spur und revanchiert sich unter falschem Namen. Denn schließlich - was darf er, was sie nicht darf? Die Inszenierung der Operette „Ball im Savoy“ durch die Kammeroper Köln und das Orchester der Kölner Symphoniker ist voll von grenzenloser Lust, frivoler Lebensfreude und einem unersättlichen Lebenshunger. Nichts an ihr ist brav: furchtlose, selbstbewusste Frauen, viel Tanz und lange Beine, eine Vielzahl teils schriller, teils locker an die Mode der 20er Jahre angepasste Kostüme, Verführung, Komik und Leichtlebigkeit prägen die Operette, die eine Brücke zum modernen Musical schlägt. In den bekannten Liedern der Operette wie „Am schönsten war es in Sevilla“, „Toujours l`amour!“, „Oh, Mister Brown“, „Es ist so schön, am Abend bummeln zu gehen“ oder „Was hat die Frau von der Treue“ entfalteten die Musicaldarstellerinnen und -darsteller ihr breites gesangliches Vermögen. 1932 uraufgeführt, hat Paul Abrahams freizügige Revue auch nach 94 Jahren nichts von ihrem Charme verloren, auch wenn deren Aufführung bereits ein Jahr darauf, im unheilvollen Jahr 1933, von den Nationalsozialisten verboten wurde. Der jüdisch-ungarisch-österreichische Operettenkomponist wurde ins Exil vertrieben und mit ihm verschwand jener legendär-swingende Sound, der Berlin in den 1920er Jahren so unwiderstehlich gemacht hatte. Ein Dank gebührt dem Kulturhaus Karl Schönherr für dieses glamouröse Musikerlebnis mit dem Revival des mondänen, eleganten Berlins der 1930er Jahre.
