„Heute wäre die Landwirtschaft ohne Beregnung unvorstellbar“, sagt Hans Niedermair vom Schlanderser Sonnenberg im Interview, das in der Festbroschüre „Wasser ist Wachstum“ nachzulesen ist. Foto: Sepp

Wasser ist Wachstum

Publiziert in 41 / 2014 - Erschienen am 19. November 2014
50 Jahre Bonifizierungskonsortium Vinschgau Prad - Vor über 50 Jahren stand die Landwirtschaft im Vinschgau vor argen Problemen. Die größte Herausforderung war die Versorgung mit Wasser, die aufgrund der Tätigkeiten von Stromgesellschaften eingeschränkt war. Vor diesem Hintergrund wurde das Bonifizierungskonsortium Vinschgau gegründet. „Das Ziel der Gründerväter war es, mit Hilfe einer gemeinschaftlich organisierten Struktur eine effiziente und gerechte Wasserverteilung zu gewährleisten“, sagte Präsident Paul Wellenzohn am 14. November im Nationalparkhaus „aquaprad“, wo das 50-jährige Bestehen des Konsortiums gefeiert wurde. Dank des Weitblicks der Vordenker und des Einsatzes vieler ehrenamtlicher Funktionäre, Katastervertreter und Mitglieder sei es gelungen, einen wesentlichen Beitrag für die sehr positive Entwicklung der Landwirtschaft im Vinschgau in den vergangenen fünf Jahrzehnten zu leisten. Die Hauptaufgaben seien nach wie vor der Bau und Betrieb von Beregnungsanlagen, die Instandhaltung von Konsortialwegen und die Pflege der Entwässerungsgräben. Aber es stehen laut Wellenzohn auch neue Herausforderungen an, zum Beispiel im Bereich der Sicherheit oder der weiteren Modernisierung der Bewässerungstechnik und Konsortialbauten insgesamt. Als derzeit großes Problem nannte Präsident Wellenzohn die langwierigen und mit viel Bürokratie verbundenen Genehmigungsverfahren: „Das kostet Zeit und Geld.“ Mit beeindruckenden Zahlen und Fakten wartete der Geschäftsführer Gottfried Niedermair auf. So gibt es derzeit im Einzugsgebiet von Mals bis Plaus/Partschins 70 autonome Beregnungsanlagen auf ca. 7.400 ha. 65% der Anlagen befinden sich im reinen Obstbaugebiet, rund ein Viertel im Grünlandgebiet und der Rest in der Übergangszone von Futteranbau, Ackerbau, Gemüse und Obst. Außerdem gibt es 17 Frostschutzanlagen für ca. 2.000 ha. Das Wasser dafür wird aus rund 70 Tiefbrunnen bezogen sowie über Ableitungen aus der Etsch und aus dem Sel-Edison- bzw. Hydros-Druckstollen. Außerdem verwaltet das Konsortium 65 km landwirtschaftliche Güterwege und betreut 80 km Gräben und Entwässerungskanäle. Beregnungsanlagen und nicht nur Die Zahl der Konsortiumsmitglieder beläuft sich auf 5.500, der jährliche Wasserverbrauch auf 50 Mio. Kubikmeter. Diese und viele weitere Angaben sind in der handlichen und schön bebilderten Festbroschüre „Wasser ist Wachstum“ nachzulesen, die zum 50-jährigen Bestehen des Konsortiums herausgebracht wurde und in Kürze allen Haushalten des Einzugsgebietes zugeschickt wird. Die Festschrift enthält auch Interviews mit Mitgliedern des Konsortialrates, Obmännern von Beregnungsanlagen und Beregnungswarten. Das frühere und auch jetzige Erfolgsrezept des Konsortiums sieht der Geschäftsführer in der Überzeugungsarbeit vor Ort. Als wichtigste Projekte der vergangenen Jahre im Beregnungsbau nannte er die Anlage „Untere Malser Haide“ (450 ha, Kosten: 17 Mio. Euro), die Frostschutzbewässerung im Mittelvinschgau (600 ha, 10,5 Mio. Euro) und Tropfbewässerungsanlagen in Naturns, Tschirland, Tabland, Staben, Tschars, Latschinig, Goldrain und Eyrs (770 ha, 5,7 Mio. Euro). An neuen Vorhaben fehlt es auch nicht. So hofft etwa der Kammerabgeordnete Albrecht Plangger, „dass bald auch die dringend notwendige Beregnung auf der ‚oberen’ Malser Haide verwirklicht werden kann.“ „Die Landwirtschaft hat dem ganzen Tal viel gebracht“ Landesrat Arnold Schuler sagte in seiner Festrede, „dass der Landwirtschaft derzeit zwar teilweise ein eisiger Wind ins Gesicht bläst, doch es darf nicht vergessen werden, was die Landwirtschaft diesem Tal und der Bevölkerung insgesamt gebracht hat.“ Maßgeblich zur gewaltigen Entwicklung beigetragen habe das Bonifizierungskonsortium. Die Hektar-Erträge seien enorm gestiegen. Auf die Qualität werde in allen Bereichen großer Wert gelegt. Im Vergleich zur Wassernutzung für die Stromerzeugung seien die 50 Mio. Kubikmeter für die Landwirtschaft „nur“ etwa die Hälfte des Rechenstausee-Volumens. Laut Schuler wird es auch in den nächsten 50 Jahren keine Alternative zum Konsortium geben, wohl aber werde man sich den neuen Herausforderungen stellen müssen: neue EU-Vorgaben, neue Beitragsregelungen, Einhaltung der Abstände entlang von Konsortialwegen als Schutz vor der Abdrift. Als weitere Herausforderungen nannte Landesrat Richard Theiner den Klimawandel und die Sicherheit, speziell auch im Zusammenhang mit Kraftwerken. Für 2015 kündigte Theiner einen Wasserschutzplan an. Ein solcher sei schon längst überfällig. Regionalassessor Sepp Noggler und Bauernbund-Bezirksobmann Raimund Prugger riefen in ihren Gruß- und Dankesworten dazu auf, die Berglandwirtschaft in Zukunft mehr zu unter­stützen. „Wenn wir wollen, dass die Bergbauern weiterhin auf ihren Höfen bleiben, müssen wir auf sie schauen“, mahnte Prugger. Bezirkspräsident Andreas Tappeiner überbrachte die Grüße im Namen der Vinschger Bürgermeister und wartete mit einer neuen Idee auf, nämlich der Schaffung einer Art von Kompetenz- und Forschungszentrum für Wasserversorgung im Vinschgau als „Außenstelle“ des Technologieparks in Bozen. Der frühere Präsident Lothar Burger bedauerte, dass die Landwirtschaft zunehmend am Pranger steht. „Wir selbst müssen die Landwirtschaft gestalten und nicht andere.“ Es sei nicht tragbar, „dass man in Bozen vor fünf Schreiern erschrickt.“ Veränderung sei zuzulassen. Gedenken an Opfer des Zugunglücks Die Erinnerung an das Zug­unglück vom 12. April 2010 in der Latschander und das Gedenken an die Opfer und Hinterbliebenen zog sich wie ein roter Faden durch die Reden. Es behängen noch immer straf- und zivilrechtliche Gerichtsverfahren zur Klärung der Haftungsfrage. „Der Ausgang dieses Verfahrens wird entscheidend dafür sein, ob sich in Zukunft noch Personen finden werden, die bestimmte Verantwortungen überhaupt noch übernehmen wollen und können“, sagte Arnold Schuler. Mehrfach gedankt wurde dem gesamten Team (6 Verwaltungsangestellte und 1 Reinigungskraft), das am Sitz des Kon­sortiums in Schlanders arbeitet. Sepp
Josef Laner
Josef Laner

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