Wie sicher ist der Vinschgau?
Statistisch gesehen ist die Situation beruhigender als „gefühlt“. Neue Mustervereinbarung für den übergemeindlichen Polizeidienst.
Schlanders - „Wenn man sich die nackten Zahlen anschaut, ist es um die Sicherheit im Vinschgau besser bestellt als ‚gefühlt’“, sagte Bezirkspräsident Dieter Pinggera, als er am 6. März zusammen mit dem Kommandanten des übergemeindlichen Polizeidienstes, Major Christian Carli, und dem Generalsekretär der Bezirksgemeinschaft Vinschgau, Urban Rinner, vor die Presse trat, um über mehrere Aspekte und Themen rund um das Thema Sicherheit zu informieren. Wenige Tage zuvor hatte es in Schlanders eine „Sicherheitskonferenz“ gegeben, an der neben dem Regierungskommissär und dem Quästor auch Vertreter sämtlicher staatlicher Sicherheitskräfte und der Ortspolizei sowie fast alle Vinschger Bürgermeister und Bürgermeisterinnen teilgenommen hatten. „Statistisch gesehen wurde uns ein beruhigendes Gesamtbild präsentiert“, so Pinggera. So sei die Zahl fast aller Straftaten im 5-jährigen Vergleich zurückgegangen. Angesichts der jüngsten Einbruchserien, vor allem im Untervinschgau, des zunehmenden Drogenkonsums und spezieller Situationen, wie es die häufigen Brandstiftungen in Prad sind, seien die Verunsicherung und Besorgnis dennoch bei vielen Menschen zurecht beachtlich.
Einbrüche
Zum Thema Einbrüche präzisierte Carli, dass es unlängst eine Aussprache mit den Carabinieri gegeben hat. Es sei vereinbart worden, sich gegenseitig zu informieren und in betroffenen Gebieten verstärkt präsent zu sein, und zwar als Streifen in Uniform, aber auch in Zivilkleidung. Die meisten Einbrüche werden in den frühen Abend- und Nachtstunden verübt. Verdächtige Personen oder Vorgänge sollten von der Bevölkerung sofort gemeldet werden. Die Hinweise seitens der Bevölkerung seien entscheidend. Die Nummer 112 kann rund um die Uhr angerufen werden. Wie Pinggera in diesem Zusammenhang unterstrich, antworten unter dieser Nummer auch deutschsprachige Ansprechpartner: „Bei der deutschsprachigen Bevölkerung gibt es zum Teil immer noch eine bestimmte Hemmschwelle, wonach manche glauben, dass einem nur in italienischer Sprache geantwortet wird.“
Belästigungen
Sofort nachgegangen ist die Ortspolizei in Zusammenarbeit mit den Carabinieri den mutmaßlichen sexuellen Belästigungen und Übergriffen, zu denen es unlängst in der Vinschger Bahn gekommen sein soll. Carli: „Es gab eine Aussprache mit der betroffenen Schulklasse in Mals, dem Schuldirektor und den betroffenen Mädchen.“ Mit den Carabinieri sei vereinbart worden, dass Ordnungskräfte künftig sporadisch im Zug mitfahren, besonders bei den letzten Fahrten an den Wochenenden.
Drogenkonsum ist besorgniserregend
Besorgniserregend ist laut Pinggera und Carli der steigende Drogenkonsum im Vinschgau. Laut dem Major werden auch im Vinschgau nicht „nur“ Haschisch und Marihuana konsumiert, sondern auch Kokain und andere schwere Drogen bis hin zu Crystal Meth und weiteren sehr gefährlichen Stoffen. „Die Carabinieri und auch wir setzen zwar manchmal auch Drogenhunde ein, aber es ist nicht leicht, Drogenhändler auf frischer Tat zu ertappen“, sagte Carli. Auch in diesem Bereich setze die Ortspolizei vor allem auch Prävention und Information, speziell bei den Jugendlichen. Der Drogenkonsum ist laut Pinggera besorgniserregend: „Seitens der Sozialdienste wird uns von Menschen berichtet, die infolge des Drogenkonsums gesundheitlich, psychisch und auch sozial schwer angeschlagen sind.“ Zu Drogen zu kommen, ist laut Carli nicht schwer: „Wer Drogen will, bekommt sie, auch im Vinschgau.“ Nicht zu unterschätzen sei auch das Problem des übermäßigen Konsums von legalen Drogen, Stichwort Alkohol am Steuer.
Bezirksweite Videoüberwachung
Was die schon seit langem geplante bezirksweite Videoüberwachung entlang der Hauptdurchzugsstraßen sowie an den Einfahrten in die Seitentäler betrifft, so wurde vereinbart, das Konzept Hand in Hand mit der vom Land geplanten landesweiten Erfassung der Fahrzeugkennzeichen und Erhebung der Verkehrsflüsse umzusetzen. „Wir können dabei auf viele Synergien bauen, Infrastrukturen gemeinsam nutzen und so auch Kosten sparen“, sagten Pinggera und Rinner. Die Details mit dem Land seien zum Großteil abgeklärt. In den Gemeinden der Bezirksgemeinschaft Unterland-Überetsch, wo Südtirols erstes bezirksweites Überwachungskonzept umgesetzt wurde, gebe es durchwegs positive Rückmeldungen.
Neue Mustervereinbarung für Polizeidienst
Weiter fortgeschritten ist die Umsetzung des übergemeindlichen Polizeidienstes, der neben allen 13 Vinschger Gemeinden auch die Gemeinden Plaus und Naturns umfasst. Laut Pinggera konnte ein Finanzierungsschlüssel vereinbart werden. Die Umsetzung des Konzeptes befinde sich in der Endphase. Die ursprüngliche Vereinbarung sei überarbeitet und angepasst worden. Nun liegt eine neue Mustervereinbarung vor, die von den Gemeinderäten innerhalb April genehmigt werden soll. „Alle 15 Bürgermeister und Bürgermeisterinnen sind mit der neuen Vereinbarung einverstanden und akzeptieren auch die Führungsfunktion von Christian Carli“, präzisierte Pinggera. Das letzte Wort liege natürlich bei den Gemeinderäten. Die Koordinierungsstelle des Polizeidienstes, die bei der Bezirksgemeinschaft angesiedelt ist, wird personell verstärkt. Zusätzlich zur bestehenden Vollzeitkraft soll eine Teilzeitkraft (60 Prozent) eingestellt werden. Das Land finanziert den übergemeindlichen Polizeidienst mit 250.000 Euro pro Jahr mit.