„Wir sind ganz vorne dabei“
Kastelbell - So etwas hört sich positiv an. Die „Provincia autonoma“ hört dies gern im Zusammenhang mit der Südtiroler Lebensqualität. Diesmal war es aber ein dunkler Fleck, ein beschämend dunkler, den die international tätige Fotografin Franziska Gilli damit ansprach. Zusammen mit der mehrfach prämierten Journalistin Barbara Bachmann war sie in die Bibliothek Kastelbell geladen worden, das Buch „Hure oder Heilige. Frau sein in Italien“ vorzustellen. Die druckfrische Ausgabe war auf Anregung von Kathi Doná, bis vor kurzem ehrenamtlich Bibliotheksleiterin, zum Lesestoff in den Bibliotheken von Kastelbell-Tschars geworden. Ihre Nachfolgerin, Deborah Wallnöfer, hatte dann die Vorstellung in Kastelbell organisiert. Nach Rückmeldungen der Besucher durchaus mit Wirkung. Dass das „Heilige Land Tirol“ bei Gewalt an Frauen oder bei Frauenmorden dem abschätzend gesehenen Süden Italiens in nichts nachsteht, hat dann doch viele der Besucherinnen und Besucher – vier Männer und 18 Frauen – überrascht. Drei Jahre lang sind die beiden Autorinnen durch das „Land der Kavaliere und Charmeure“ gereist und haben festgestellt, dass Frauen zwar als „Mama“ und „Nonna“ in den Stand der Heiligkeit kommen können, aber auch von Ehemännern und Lebenspartnern erniedrigt und geschlagen werden. Ausdruckstark und prägnant in der Sprache und bewegend in Bildsequenzen nahmen sie das Frauenbild des Vatikans aufs Korn und das Phänomen des Showgirls unter die Lupe. In „Disziplin & Völlerei“, dem 1. der sieben Kapitel, analysierten sie die Rolle der permanenten Berieselung durch Unterhaltungssendungen mit ergrauten Moderatoren und leicht bekleideten „Veline“. Das Buch „Hure oder Heilige“, 221 Seiten, ist im Raetia-Verlag erschienen und ist in allen Buchhandlungen erhältlich.