Zahlreiche Interessierte ließen sich die Klimashow nicht entgehen.
Verena Gschnell
Thomas Egger

Wir sind zu weit gegangen…

… können uns aber vielleicht noch retten.

Publiziert in 22 / 2023 - Erschienen am 5. Dezember 2023

SCHLANDERS - „Sind wir zu weit gegangen?“, fragten Verena Gschnell von der OEW (Organisation für Eine solidarische Welt) und Thomas Egger vom Klima Klub Südtirol bei der Klimashow am 21. November im Kulturhaus in Schlanders. Betrachtete man die dabei eingangs gezeigten Bilder – Unwetter, Überflutungen, Brände – dann lag die Antwort auf der Hand. „Es ist bittere Realität. Wir stecken mitten in der Klimakrise“, betonte Gschnell.
Mit der Veranstaltung, die treffenderweise den Titel „Heiß. Heißer. Klimashow“ trägt, wolle man ein Bewusstsein für die Klimakrise schaffen. Ein Bewusstsein dafür, „dass uns das Wasser bereits bis zum Hals steht“. Vom Ziel des Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, sei man weit entfernt. Selbst wenn alle Projekte umgesetzt werden, lande man bis 2100 bei 2,8 Grad, „und wenn wir so weitermachen, sind sogar 4 Grad nicht ausgeschlossen“, mahnten die Moderatoren. Dies hätte weitere katastrophale Auswirkungen, große Teile der Erde seien dann nicht mehr bewohnbar, die Ernährungssicherheit weitum nicht mehr gegeben. Naturkatastrophen, Flüchtlingsströme, Hungersnöte würden die Menschheit weiter in Atem halten. „Ein Hin- und Herschieben der Verantwortung hilft nichts, wir müssen vom Reden ins Handeln kommen“, betonte Gschnell. Daher seien praktikable Lösungen gefragt. In fünf „brennenden“ Themenbereichen, der Energie, dem Bausektor, der Mobilität, der Biodiversität und der Ernährung wolle die Klimashow Möglichkeiten aufzeigen, was man auch in Südtirol tun könne. Freilich liege einiges bei der Politik, etwas könne aber jeder auch im Kleinen leisten.

Schluss mit fossiler Energie
Das heißeste Thema sei die Energie. Fossile Brennstoffe seien mitunter hauptverantwortlich für den Klimawandel. Hier gelte es, auf Wasserkraft, Wind und Fotovoltaik zu setzen. Dies sei gut für das Klima und gut für den Geldbeutel. Öl und Gas gelte es zu vermeiden. So begebe man sich auch nicht in Abhängigkeiten zu Staaten mit bedenklichen Ausrichtungen. In Südtirol gebe es viel zu tun, wenn man - wie im Klimaplan des Landes vorgesehen - bis 2040 klimaneutral werden wolle. „Rund 80.000 Heizungen laufen noch mit fossilen Energieträgern, diese müssen bis dahin ausgetauscht werden“, so Egger. Jedoch werden solche immer noch eingebaut. „Da muss die Politik die Rahmenbedingungen ändern“, forderte Egger. Es müsse künftig „absolut unwirtschaftlich“ sein, Gasheizungen einzubauen und zu nutzen. Zudem müsse der motorisierte Individualverkehr um 40 Prozent reduziert werden.

Bausektor „revolutionieren“  
Auch im Bausektor gelte es Maßnahmen zu setzen, ja er müsse „revolutioniert werden“. Die Möglichkeiten seien da. Es gelte auf nachwachsende Baumaterialien zu setzen, Holz, Lehm, Stroh, Bambus, Hanf und Kork. „Wir müssen den Bauwahn in Südtirol stoppen und Wohnen zukunftsfähig und leistbar machen“, forderte Gschnell. Bestand müsse modernisiert und saniert werden. Auch gelte es, die Bodenversieglung zu stoppen. Bozen sei zum Beispiel teils ein abschreckendes Beispiel, ein „zubetoniertes Pflaster“. Ein weiterer wesentlicher Themenbereich im Kampf gegen den Klimawandel ist die Mobilität. „Wir müssen bei der Dorf- und Stadtentwicklung umdenken und sinnvolle, ökologisch nachhaltige Alternativen zum Pkw schaffen“, so Gschnell. Mobilität und Umwelt sollten an die Menschen angepasst werden, und nicht an das Auto. Südtirol habe eine der höchsten Pkw-Dichten in ganz Europa. „Auch die Politik ist hier wiederum gefragt, Rahmenbedingungen zu schaffen. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass ein Flug von Verona nach Wien wesentlich günstiger ist als der Zug“, schimpfte Egger.

Artenvielfalt sichert Überleben
Weiters sei auch auf die Biodiversität zu setzen. Artenvielfalt sichere Überleben. Anstatt versiegelter Böden seien durchlässige Böden eine Lösung. Dies sorge auch für mehr Lebensqualität. „Wir müssen anfangen alles zu begrünen“, forderte Gschnell. Dies sorge auch im Hochsommer für Schatten und angenehme Temperaturen. Bäume seien „natürliche Klimaanlagen“. Im eigenen Garten solle man auf heimische und widerstandsfähige Arten setzen und „es auch mal wild wachsen lassen“.

„Wir haben es in der Hand“
Schlussendlich sei die Ernährung wichtig, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Hier solle man auf biologisch und regional setzen. Das Wegwerfen von Lebensmitteln sei zu vermeiden. „Am meisten Lebensmittel werden im eigenen Haushalt weggeworfen“, unterstrich Egger. Hier müsse sich jeder an die eigene Nase fassen. Gastronomiebetriebe sollen darauf hingewiesen werden, auch vegane Produkte anzubieten, da die Nachfrage das Angebot bestimmt. „Wir alle können etwas bewegen, wir können gemeinsame Schritte setzen, wir müssen sie aber jetzt setzen. Wir haben es in der Hand“, mahnte Verena Gschnell.

Michael Andres
Michael Andres

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