Ein Teil des Gemeinderates mit Beharrungsvermögen (v.l.): Barbara Wieser, Sekretär Urban Rinner, Andreas Heidegger, Helmut Müller, Michael Ganthaler, Hans Pöll, Margot Tschager, Annelies Fliri, Kurt Fliri, Evi Prader, Natascha Santer und Benjamin Theiner.

Zähes Ringen im Gemeinderat

Publiziert in 16 / 2016 - Erschienen am 27. April 2016
Der Gemeinderat von Naturns hat nachgewiesen, dass Demokratie und Diskussionskultur auf jeden Fall zeitaufwändig sind. Naturns - Niemand der 17 ­Rätinnen und Räte ahnte knapp nach 19 Uhr, dass man sich für fast 5 Stunden in einem „Minenfeld“ bewegen würde. Es begann ruhig und unscheinbar mit der Frohbotschaft von Bürgermeister Andreas Heidegger, dass sich beim 2. Anlauf nun doch eine Kandidatin um den vakanten Sekretärs-Stuhl in der Gemeinde Naturns bewerben würde. Sportreferentin Astrid Pichler ersuchte um die Vertagung der Vorstandsernennung der Natur & Freizeit GmbH. Der Thermal-Wasserfund „Kochenmoos 2“ erfordere ein Gesamtkonzept, erst dann könne man über den Vorstand nachdenken. Weiter ging es in der bewährten Naturnser Tradition, die Fragen der Gemeinderäte zu notieren und sie nach der Pause um 21 Uhr zu beantworten. Ruckzuck war man bei Punkt 6 „Bauleitplanänderungen“. Dahinter steckten aber gleich 8 Änderungsanträge. 2 wurden einstimmig genehmigt. Zu 2 Umwidmungen am August Kleeberg-Weg musste der Bürgermeister eine Stellungnahme verlesen. Es kam zu Diskussionen um Baudichte und um Befangenheit, die aus einem Protokoll nicht eindeutig hervorging. Zudem musste berücksichtigt werden, dass der Rat nur drei Mal in zwei Jahren Änderungen am Bauleitplan genehmigen könne. Dadurch bestehe die Gefahr, bei Vertagungen das Kontingent sehr früh auszuschöpfen, meinte der Bürgermeister. Es herrschte spürbare Ratlosigkeit. Fürs Publikum auch im Absenken der Stimme und im unverständlichen Tuscheln festzustellen. Die Diskussionen ebbten nicht ab. Kurz vor 21 Uhr wurden über die „qualitativ- und quantitativen Erweiterungen“ zweier Vorzeigehäuser beraten. Die Hotels „Preidlhof“ und „Lindenhof“ hatten ebenfalls um eine Bauleitplanänderung angesucht. In beiden Fällen wurde den Bauherren empfohlen, die Begleitung durch den Landesbeirat für Baukultur und Landschaft anzunehmen. Im Rat erhoffte man sich auch dadurch besser informiert zu werden. Referentin Pichler und Rat Zeno Christanell machten in beiden Fällen auf „die Aufwertung und Verbesserung der Struktur“ aufmerksam. Während dem „Preidlhof“ mit einer Enthaltung die Bauleitplanänderung gewährt wurde, fand Valentin Stocker im Falle der Erweiterung des „Lindenhofes“ „große Unsicherheit im Rat“ vor. Margot Tschager sah das präsentierte Modell als zu vage an. Hans Pöll möchte Ansichten, aus denen auch die Lage des Kriegerdenkmals ersichtlich sei. Vizebürgermeister Helmut Müller warnte davor, „im Rat Architekten zu spielen“. In der Causa „Lindenhof“ empfahl der Bürgermeister um 22.33 Uhr die Vertagung. Die Stunde der Opposition Beim unscheinbaren Punkt der Tagesordnung „Abänderung der Satzung der Gemeinde“ kam die Stunde der Opposition. 10 Vertretern der Südtiroler Volkspartei saßen 5 der „Zukunft Naturns“ und 2 der „Süd-Tiroler Freiheit“ gegenüber. Nur mit einer 2-Drittel-Mehrheit - in diesem Fall 12 Räte - konnte die Satzung geändert und der 5. Referent wieder aus Haushaltsmitteln bezahlt und nicht von den 4 anderen Referenten „erhalten“ werden. Nach einem tiefgründigen Plädoyer von Stocker mit dem Hauptgedanken, dass es nicht um Geld, sondern um Wertschätzung gehe, erbat sich die Opposition eine Auszeit. Mit den Stimmen von Hans Pöll und Kurt Fliri (Zukunft Naturns) wurde um 23.36 Uhr die Gesetzesänderung angenommen. Tschager wollte den Kuhhandel nicht mittragen und enthielt sich der Stimme. Kurt Fliri zu Stocker: „Deine Rede war ein richtiges Gelottere“. Wie in einer Zeitung angekündigt, stimmten Natascha Santer und Benjamin Theiner (STF) gegen „die Rücknahme der einst hochgelobten Sparmaßnahme“. Konstruktiver ging es beim „Entwässerungsplan“ des Sonnenbergs zu. Pöll zeigte sich zufrieden mit den Ergebnissen einer Studie und Helmut Müller mit der Zusammensetzung einer Arbeitsgruppe. „Es können sich jederzeit Interessierte melden“, meinte er, „dann bekommen die Leute endlich mehr Bezug zum Leben am Sonnenberg.“ 2 Minuten vor Mitternacht wurde der Beschlussantrag der STF „für ein Nein zum Flughafen“ mit 2 zu 14 Stimmen abgelehnt. Die Abstimmung beziehe sich nur auf den Beschlussantrag, wollte Bürgermeister Heidegger geklärt haben, und gäbe keine Einstellung zum Flughafen wider. s
Günther Schöpf
Günther Schöpf

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