Der Luis

Publiziert in 8 / 2017 - Erschienen am 8. März 2017
Nur keine Angst. Es geht hier nicht um den Luis, an den Sie vielleicht denken. Es geht um viele, die Luis heißen. Und doch um einen ganz besondern. Und genau das ist unser Luis. Er weiß zwar, dass er auf Luis getauft wurde und auch von allen so angesprochen wird, doch unlängst hat er sich von sich selbst ein bisschen entfernt. Eigentlich ein bisschen viel. Er hob ­irgendwie ab und sprach sich selbst als Luis an: Mein Gott Luis, was hast du gestern wieder aufgeführt! Nur unscharf erkennt er den Luis im Spiegel. Zwischen eingetrockneten Zahnpastaflecken, hängengebliebenen Stoppelbarthaaren und drei Rasierwassertropfen blinzelt er ihm entgegen. Der Luis. Ja, er ist es. Die Augen sind schon halb offen. Er lebt noch. Immerhin. Guten Morgen Luis. Bei jedem Öffnen und Schließen der Augenlider kommt ein Bruchteil der Nacht zurück. Zuerst die rote Ampel. Dann die rote Kelle der Carabinieri. Und dann? Dann das Übliche. Nach Hause gebracht hat ihn ein Taxi. Luis, wie kannst du nur so dumm sein? Erst vor einer Woche hast du mir versprochen, in Zukunft aufzupassen. Damit so etwas ja nicht wieder passiert. Und jetzt ist es erneut geschehen. Der Luis ist wieder einmal schwach geworden. Der erste Sonnenstrahl fällt ins Bad und der Spiegel schlägt zurück: Was soll ich nur mit dir anfangen? Und erst jetzt geht dem Luis das Lichtchen auf: Der Mann im Spiegel ist gar nicht der Luis, ich bin es. Der Luis. redaktion@dervinschger.it
Josef Laner
Josef Laner

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