Rund 250 Personen waren zur Podiumsdiskussion gekommen.

Wie lange noch Ruh am Gletscher?

Publiziert in 8 / 2005 - Erschienen am 29. April 2005
Kurz vor den Gemeinderatswahlen brachten der Alpenverein Südtirol und die Umweltschutzgruppe Vinschgau (USG) das Thema „Gletschererschließung Lantgaufers – Wie viele Skigebiete braucht das Oberland?“ aufs Tapet. Rund 250 Personen lockte das Thema in den Gemeindesaal von Graun. Am Podium begrüßte USG-Vorsitzender Peter Gasser den Präsidenten der Wirtschaftsgruppierung „WIR“, den Langtauferer Hotelier Josef Thöni, den AVS-Vorsitzenden Luis Vonmetz, den Grauner Bürgermeister Albrecht Plangger und den Präsidenten der Schöneben AG, Oswald Folie. Warum der Umweltschutzbeauftragte des Österreichischen Alpenvereins, Peter Hasslacher, fehlte, konnten die Organisatoren nicht begründen. Josef Thöni sieht in einer Anbindung an das Kaunertaler Gletscherskigebiet eine zusätzliche Chance für alle Skigebiete der Region rund um den Reschenpass. Es könnte so das erste grenzüberschreitende Skigebiet entstehen. Die derzeit schwache Auslastung der Gästebetten könnte verbessert werden. Als Kostenrichtwert für den Bau einer Bahn, die von Langtaufers aus auf den Gepatschferner (Weißseespitze) führen würde, nannte Thöni 20 Millionen Euro. „Wir können es uns nicht leisten, die letzten noch verbliebenen Gletscher zu erschließen“, warnte Luis Vonmetz. „Die Politiker reden die Sachen oft klein, aber diese Gletschererschließung wird ein Problem. Wir und auch die anderen Alpenvereine des Alpenbogens werden die Erschließung mit allen legalen Mittel verhindern“, kündigte der AVS-Vorsitzende an. Albrecht Plangger holte weit aus und erinnerte an die vom Gemeinderat im Jahr 1999 vorgegebene Marschrichtung. Stolz sein dürfe man darauf, „dass es zunächst gelungen ist, das Skigebiet Haider Alm mit damals sechs Milliarden Lire aus eigener Kraft zu sanieren, ohne uns gegenseitig die Köpfe einzuschlagen“. In den Bemühungen um eine skitechnische Anbindung der Haider Alm mit Schöneben habe es erstmals gemeinsame Beschlüsse der Gesellschaften gegeben. „In Bozen wurde diese Abänderung des Skipistenplanes nicht abgelehnt, sondern eine Prüfung der Umweltverträglichkeit empfohlen, wobei wir versucht haben, von Anfang an Landesbeamte mit einzubinden“, sagte der Bürgermeister. Zur Anbindung mit dem Kaunertal meinte er, dass der Weg für Studien und Projekte immer für alle offen war und offen ist: „Jeder kann Vorschläge machen und Studien vorlegen, derzeit aber ist kaum etwas Konkretes da; keiner kann etwas Genaues sagen und jeder alles“. Auch er sei dafür, dass eine Entscheidung fällt, „aber wir müssen auch wissen, worüber: Wo genau soll die Bahn gebaut werden, was ist mit dem Parkplatz und mit dem Verkehr, ist die Wirtschaftlichkeit gegeben, wo soll das Geld herkommen?“. Das vorrangige politische Ziel sei es, „die Haider Alm und Schöneben zusammenzubringen“. Nicht zu vergessen sei weiters, dass im Skigebiet Maseben in Langtaufers die große Revision ansteht. Diese „Geschichte“ werde auch zu lösen sein. „Seit zehn Jahren wird über einen Anschluss mit dem Kaunertal diskutiert und ein konkretes Ergebnis gibt es nach wie vor nicht“, hielt Oswald Folie fest. Die Schöneben AG sei „unwillentlich“ in die Diskussion hineingezogen worden. Alle drei Skigebiete in der Gemeinde kämpften um das Überleben. Laut Folie sei bei einer Gletscheranbindung mit 50 Millionen Euro zu rechnen. Die Schöneben AG sei primär am Erhalt, an der Verbesserung, am Ausbau und an der Verbindung mit der Haider Alm interessiert, und mittelfristig auch an einer Verbindung mit Nauders (Bergkastel). Einen Zusammenschluss Langtaufers-Kaunertal könne die Schöneben AG beim derzeitigen Wissensstand nicht befürworten. Es fehlten nicht nur die Geldmittel, „sondern die Gletschererschließung ist vollkommen unrealistisch, weil kein Gästeaustausch möglich ist“. Angesichts der rund 2500 Gästebetten in der Gemeinde Graun „haben wir schon jetzt zu viele Lifte“. Bei der von Ludwig Schöpf geleiteten, sachlichen Diskussion führten Skeptiker bzw. klare Gegner des Zusammenschlusses wie etwa Valentin Paulmichl, Albert Pritzi und Peter Gasser vor allem ökologische Argumente zu Feld. Die Weißseespitze sei ein einmaliges, schützenswertes Gletschergebiet und auch Langtaufers sei schönes, natürliches Tal. Aber auch auf Alternativen eines sanften Tourismus in Langtaufers wurde verwiesen: Erlebnisschule, „allergiefreies Langtaufers“. Bestehende Skigebiete könnten überdies unter der Gletschererschließung leiden. Auch vor einer möglichen Spekulation und vor einer „Fremdkapitalisierung“ wurde gewarnt. Auch eine Bürgerbefragung wurde von Hanspeter Staffler aus Mals angeregt. Wer nur baut und zerstört, denkt nicht an die nächste Generation, meinte Theo Noggler. Stimmen für einen Zusammenschluss wurden aus dem Publikum nur seitens einiger Tourismustreibenden aus Nauders und aus dem Kaunertal laut. Für Karl Hafele aus dem Kaunertal etwa könnte die Erschließung sehr wohl eine wirtschaftliche Chance sein. Es gelte, das Thema richtig aufzuarbeiten. Die Unterstützung der Gemeinde Graun fehle. „Was hier bei euch fehlt, ist eine Visionsfigur, ihr braucht nur schauen, wie sich Serfaus, Ischgl und andere Orte gemacht haben“, meinte auch Karl Ploner aus Nauders. „Natürlich wollen alle eine Entscheidung, auch ich will eine, und zwar rasch; ich bin aber ein Diktator, sondern stehe für demokratische Entscheidungen ein; zuerst aber müssen wir wissen, worüber zu entscheiden ist“, sagte Albrecht Plangger.
Josef Laner
Josef Laner

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