Südtirol als Zukunftswerkstatt
Das Raumordnungsgesetz und dessen Neuerungen
Die Stadt Glurns hat bezüglich der Nutzung alter Bausubstanz schon vor Jahren eine Vorreiterrolle eingenommen. Im Bild das vorbildliche sanierte Söleshaus bei einer Besichtigungstour im Sommer 2017. Im Vorjahr hat die Plattform Land zum „Tag der Innenentwicklung“ nach Glurns eingeladen.
Im Bild (v.l.): Georg Lun, Michl Ebner, Ulrich Höllrigl, Andreas Schatzer, Dieter Pinggera, Hannes Götsch, Frank Weber und Alfred Aberer
Hannes Götsch
Thomas Hickmann

Alles ist Landschaft

Leerstandsmanagement und Siedlungsgrenzen im Fokus

Publiziert in 25 / 2019 - Erschienen am 16. Juli 2019

Schlanders - Im Mittelpunkt der diesjährigen Veranstaltungsreihe „Zukunftswerkstatt Südtirol“ der Handelskammer Bozen standen das neue Raumordnungsgesetz und dessen Neuerungen für die Gemeinden und insbesondere für Südtiroler Unternehmen. Die diesjährige Veranstaltungsreihe wurde in Zusammenarbeit mit der Plattform Land realisiert. Kürzlich fand im BASIS Innovations- und Gründerzentrum in Schlanders der zweite Event statt, wobei der Schwerpunkt auf dem Leerstandsmanagement und der Einführung der Siedlungsgrenzen lag. Handelskammerpräsident Michl Ebner konnte neben zahlreichen interessierten Besuchern Andreas Schatzer, Präsident der Plattform Land, Ulrich Höllrigl, Geschäftsführer der Plattform Land, Frank Weber, Ressortdirektor Raumentwicklung, Landschaft und Denkmalpflege, Georg Lun, Direktor des WIFO und Moderator der Veranstaltung, Alfred Aberer, Generalsekretär der Handelskammer, und Bürgermeister Dieter Pinggera begrüßen. 

Beeindruckt von der Location

Das BASIS Innovations- und Gründerzentrum in Schlanders sei nicht von ungefähr gewählt, so Michl Ebner, denn es sei „Leerstandsmanagement in seiner besten Form“. Er zeigte sich beeindruckt von der Location, die auf der einen Seite den sichtbaren Zusammenbruch dessen, was einmal das Herrschaftssymbol in Südtirol war, darstellt, und auf der anderen Seite zeigt, wie gemeinschaftliches Leben wirkt und was es bewirken kann. „Ich hoffe, dass dieses Beispiel Schule macht, dass es uns gelingt, mit unseren Ressourcen vernünftig umzugehen und dass Sinnvolles entstehen kann“, so Ebner. 

Leerstandsmanagement in seiner besten Form

Einleitend stellte Hannes Götsch das BASIS Innovations- und Gründerzentrum und das entsprechende EFRE1053 Programm als ganzheitlich aufgestelltes Finanzierungsgefüge vor. Das 4 Hektar große ehemalige Militärdorf hat eine strategisch gute Lage: in der Nähe zum Bahnhof, zur Technischen Fachoberschule und zur Landesberufsschule. Ausgehend von der Strukturschwäche und mangelnden Standortattraktivität des Vinschgaus startete BASIS eine Umfrage unter Unternehmen im Tal. 96,2 Prozent aller befragten Unternehmen wünschen sich BASIS als Innovationsprovider und zwei Drittel aller Befragten würden BASIS als Dienstleister nutzen. 

Bestehendes hat Vorrang vor Neuem

Mit dem neuen Landesgesetz Raum und Landschaft, das mit 1. Januar 2020 in Kraft tritt, werden die Raumordnung und der Landschaftsschutz in Südtirol neu geregelt. Ziele des Gesetzes sind unter anderem die Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung sowie die Eindämmung der Zersiedelung und des Flächenverbrauchs. Das Gesetz sieht auch die Erhebung der bestehenden Leerstände in allen Südtiroler Gemeinden vor. Ulrich Höllrigl, Geschäftsführer der Plattform Land, erklärte, dass es beim Leerstandsmanagement um die verantwortungsvolle Nutzung des begrenzten Raums geht. Dies bietet den Gemeinden einen langfristigen Gestaltungsspielraum. Ein Pilotprojekt zum Leerstandsmanagement wurde bislang in den fünf Gemeinden Kaltern, Tramin, Truden, Klausen und St. Leonhard durchgeführt und wird nun auf weitere Gemeinden ausgeweitet. Die Plattform Land ist eine Südtiroler Allianz, die das Ziel hat, mit verschiedenen Initiativen und Maßnahmen den ländlichen Raum zu stärken, um ihn so lebendig und attraktiv zu halten. Gleichzeitig setzt sie sich für eine intelligente Flächennutzung ein. Die Interessensgemeinschaft, die vom Südtiroler Bauernbund und vom Gemeindenverband ins Leben gerufen wurde, hat inzwischen 14 Mitglieder. 

Glurns als gelungenes Beispiel

Als gelungenes Beispiel des Leerstandsmanagements wurden die Stadt Glurns und ihre engagierte Gemeindeverwaltung genannt. „Nach einer gelungenen Renovierung, die einerseits das historische Stadtbild berücksichtigt und andererseits den Ansprüchen an modernes Wohnen gerecht wird, haben sich zunächst vor allem Auswärtige für die sanierten Wohnungen interessiert. Inzwischen sind es hauptsächlich Einheimische, die eine der Wohnungen in dem sanierten Objekt erwerben möchten“, wurde Bürgermeister Alois Frank zitiert. Der Einzug von Geschäften im Erdgeschoss habe zusätzlich zur Belebung des Ortskerns beigetragen. Außerdem hat die Gemeinde durch eine große Tiefgarage ausreichend Parkraum im Ortszentrum geschaffen. Auch in der Gemeinde Taufers läuft eine Bewegung, sanierungsbedürftige Gebäude instand zu setzen. „Leerstandsmanagement kann ein Wirtschaftsmotor sein und zur Stärkung des ländlichen Raumes beitragen“, so Ulrich Höllrigl.

Nutzen und Schützen

Raumplanung und Landschaftsschutz sind zwei Seiten derselben Medaille, es geht immer um die Zukunft des Territoriums: während die Raumplanung das Nutzen vor Augen hat, geht es im Landschaftsschutz um das Schützen. Die Zusammenlegung ermöglicht eine organische Regelung, verhindert Zweigleisigkeiten, weist Zuständigkeiten zu und sorgt so für kürzere, unkompliziertere und transparentere Abläufe für die Bürger. Das Landesgesetz Raum und Landschaft fällt in den Zuständigkeitsbereich des Ressorts Raumentwicklung, Landschaft und Denkmalpflege der Autonomen Provinz Bozen. Der Ressortdirektor Frank Weber sprach als Hauptreferent des Abends über die Festlegung des Siedlungsgebietes und die Neuregelung der Baukommissionen. Unter Einbeziehung von Bürgern und Verbänden grenzen die Gemeinden künftig das Siedlungsgebiet ab, in dem die Bebauung verdichtet und neues Bauland ausgewiesen werden kann. 

Bauen außerhalb der Grenzen wird Ausnahme

Hier können nur Wirtschaftsgebäude für die Landwirtschaft, Tourismuszonen sowie Speise- und Schankbetriebe in Skigebieten geschaffen werden. Der Bauherr hat in Zukunft außerdem die Möglichkeit, sein Projekt bei einem sogenannten Baugespräch zu erklären und einen Lokalaugenschein zu verlangen, bei dem sich die Baukommission vor Ort selbst ein Bild vom Projekt machen kann. „Die Einführung der Siedlungsgrenzen zielt auf die Reduzierung des Flächenverbrauchs und der Zersiedelung ab. Wichtig ist dabei, dass diese Neuerung die wirtschaftliche Tätigkeit der Unternehmen nicht einschränkt und ihnen auch weiterhin Wachstumsmöglichkeiten geboten werden“, unterstrich Handelskammerpräsident Michl Ebner zum Abschluss der Veranstaltung. 

Ingeborg Rainalter Rechenmacher
Ingeborg Rainalter Rechenmacher
Vinschger Sonderausgabe

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