SVP-Ortsobmann Erwin Dilitz steigt aus
Der scheidende SVP-Ortsobmann Erwin Dilitz

„An die SVP glaube ich nach wie vor, an die derzeitige Führung nicht“

Publiziert in 6 / 2009 - Erschienen am 18. Februar 2009
Schlanders – Paukenschlag in der SVP Schlanders: Der derzeitige Ortsobmann Erwin Dilitz stellt sich bei der anstehenden Neuwahl des Ortsausschusses nicht mehr der Wahl. „Am meisten enttäuscht bin ich, dass die Führung der Sammelpartei aus bisherigen Fehlern nichts gelernt hat,“ sagt der scheidende Orts­obmann, der im folgenden Interview auch in Bezug auf andere „Edelweiß-Krankheiten“ kein Blatt vor den Mund nimmt. Landesobmann Elmar Pichler Rolle und Parteisekretär ­Alexander ­Mittermaier sollten endlich ihre Hüte nehmen „Der Vinschger“: Im März ist die Neuwahl des SVP-Ortsausschusses von Schlanders fällig. Stimmt es, dass Sie nicht mehr kandidieren? Erwin Dilitz: Ja. Sie sind seit 3 Jahren Ort­sobmann von Schlanders. Angetreten sind Sie mit einer gehörigen Portion Idealismus. Was ist daraus geworden? Erwin Dilitz: Ein Idealist war ich insofern, als dass ich mithelfen wollte, ein paar Dinge, vor allem parteipolitischer Natur, zu ändern, einmal auf der Ebene der Gemeinde – Schlanders ist immerhin der Hauptort des Vinschgaus – und einmal auf Bezirksebene. Alles ist nicht gelungen, einiges aber schon. Was ist gelungen? Erwin Dilitz: Die Initiative zur Abhaltung der Vorwahlen unter den SVP-Mitgliedern des Bezirkes im Vorfeld der Landtagswahlen ist maßgeblich vom Ortsausschuss Schlanders ausgegangen. Ich halte diese Vorwahlen ausschlaggebend dafür, dass der SVP Bezirk Vinschgau im Herbst 2008 zusätzlich zu Richard Theiner einen zweiten Landtagskandidaten nach Bozen schicken konnte, nämlich Josef Noggler. Ich bin froh darüber, dass das Modell „Vorwahlen“ zur Ermittlung der Kandidaten nun auch Eingang in das Parteistatut der SVP finden wird. Was Schlanders betrifft, so konnten wir kürzlich die Bezirkspräsidentschaft wieder nach Schlanders holen. Nach mehr als 30 Jahren ist der Bürgermeister von Schlanders wiederum Bezirkspräsident. Was hat sich in Schlanders sachpolitisch getan bzw. was steht an? Erwin Dilitz: Auf Gemeinde­ebene sollen zwei Großprojekte nach einer längeren Planungsphase verwirklicht werden: die Sanierung des „Bürgerheimes“ sowie der Umbau und die Neugestaltung des Freibades. Welchen Standpunkt vertritt die SVP Schlanders in punkto Mandatsbeschränkung? Erwin Dilitz: Zum Thema der zeitlichen Beschränkung der politischen Mandate auf 15 Jahre hat der Ortsausschuss Schlanders schon vor knapp 2 Jahren beschlossen, dass die Beschränkung nicht nur für die Bürgermeister und die Gemeindereferenten gelten, sondern auf alle Regierungsämter der Provinz ausgedehnt werden soll. Dass die Mandatsbeschränkung, welche sowohl auf Bezirks- als auch auf Landesebene geklärt und definitiv verankert schien, nun von der Parteispitze wieder in Frage gestellt wird, ist für mich nicht nachvollziehbar. Was ist nicht gelungen? Erwin Dilitz: Umsonst gekämpft haben wir zum Beispiel dafür, dass ein Mitglied des SVP Ortsausschusses ­Schlanders Vize­obmann der SVP Vinschgau wird. Da hat uns Senator Manfred Pinzger mit seinem Vorpreschen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Apropos Vizeobmann Manfred Pinzger und Obfrau Roselinde Gunsch Koch: Wissen sie, dass Sie nicht mehr kandidieren wollen? Erwin Dilitz: Ja, ich habe beide über meine Entscheidung persönlich in Kenntnis gesetzt. Sie Sind auch Mitglied des SVP-Parteiausschusses und haben als solches die großen Schlappen der Sammelpartei, ich denke etwa an die Niederlage bei den Parlamentswahlen 2008 oder an die historische Watschen bei den Landtagswahlen im vergangenen Ok­tober, besonders hautnah miterlebt. Glauben sie noch an die Sammelpartei oder geben Sie auch das Partei-Kartl zurück? Erwin Dilitz: An die Zukunft der Sammelpartei glaube ich weiterhin. Das Partei-Kartl gebe ich nicht zurück und werde auch mein Amt als Mitglied des Parteiausschusses weiterhin ausüben. Woran ich nicht glaube, ist die derzeitige ­Führung der Partei. Am meisten enttäuscht bin ich, dass die obersten Exponenten unserer Partei aus Fehlern offensichtlich nichts lernen. Außerdem ist es wohl einmalig, dass ein scheidender Obmann noch die Reform der Partei in die Hände nehmen soll. Landesobmann Elmar Pichler Rolle hat vor kurzem gesagt, er habe sich in seiner politischen Laufbahn bisher noch nie so unwohl gefühlt wie jetzt. Er bezog sich damit auf das Thema der Politikergehälter. Im Wahlkampf haben auch Vertreter ­Ihrer Partei breitspurig versprochen, dass es Kürzungen geben wird, und zwar schnell. Den Antrag der Freiheitlichen aber, den satten Salair der Landtagsabgeordneten um 20 Prozent zu stutzen, lehnten Ihre Partei und auch der ­Partito Democratico ab. Bei der Bevölkerung hat dies für mächtig Ärger und Zorn gesorgt. Erwin Dilitz: In diesem Punkt hat die SVP, allen voran der Obmann und SVP-Fraktionsvorsitzende im Landtag Elmar Pichler Rolle, aus meiner Sicht einen folgenschweren taktischen Fehler gemacht. Hätte die SVP Landtagsfraktion den Mut gehabt, eine mindestens 25-prozentige Kürzung der Gehälter vorzuschlagen, wäre dieses leidige Thema ein für ­allemal vom Tisch gewesen und die Südtiroler Bevölkerung hätte das klare Signal bekommen, dass die Sammelpartei den populistischen Sprüchen der Opposition ein Ende setzt und es mit den Kürzungen wirklich ernst meint. Mit „Sonderkommissionen“ und peinlichen Kostenrechnungen in „Cent“, wie sie einige Landtagsabgeordneten in aller ­Öffentlichkeit präsentiert haben, ist der Glaubwürdigkeit und dem Ansehen der SVP in der Bevölkerung überhaupt nicht gedient. Auch die öffentlichen Rügen des Parteiobmannes an den Chef der JG Philipp ­Achhammer, der sich redlich und überzeugt für eine sofortige Kürzung der Politikergehälter eingesetzt hat, waren alles eher als angebracht. Gibt es noch andere Fehler in Ihrer Partei? Erwin Dilitz: Die Marsch­route der Partei wird von einigen wenigen Funktionären in Bozen vorgegeben, denen oft der direkte Draht zur Basis fehlt. Die Ortsausschüsse werden in die Entscheidungsfindung der SVP-Führung nicht direkt eingebunden und zu „Parteikartl-Sammlern“ und „Blitz­ableitern“ für die Mitglieder nach Fehlentscheidungen der Parteispitze degradiert. Der Informationsfluss und die Kommunikation zwischen Parteileitung bzw. Parteizentrale in Bozen und den Ortsgruppen sind unzureichend. Den Ortsobleuten fehlen dadurch die Instrumente, ihre eigentliche Funktion als unmittelbares „Sprachrohr der Basis“ auszuüben. Die interne Verwaltungsstruktur der Partei ist veraltert und nicht mehr zeitgemäß. Bürgermeister Johann ­Wallnöfer, Ihr derzeitiger Stellvertreter Paul Tappeiner und viele andere möchten nicht, dass Sie gehen. Wird es mög­licherweise einen Rücktritt vom Rücktritt geben? Erwin Diltz: Nein. Wie war während Ihrer Amtszeit die Zusammenarbeit mit der Gemeindeverwaltung? Erwin Dilitz: Die Zusammenarbeit zwischen dem Ortsausschuss und der Verwaltung der Gemeinde war sehr gut. Mit dem Bürgermeister Johann Wallnöfer sowie mit einigen Referenten habe ich mich mindestens einmal in der Woche getroffen, um die politischen „Neuigkeiten“ auf Gemeindeebene zu besprechen und den Kontakt mit den Verantwortlichen der Gemeinde zu pflegen. Ich habe in meiner 3- jährigen Amtszeit an fast allen Sitzungen des Koordinierungsausschusses, des Wirtschaftsausschusses und des Gemeinderates teilgenommen und mich auch der politischen Diskussion mit den Vertretern der Opposition gestellt. Im Ortsausschuss haben wir uns intensiv mit den verschiedensten Themen der Gemeindepolitik befasst, so z.B. dem Verkehrskonzept, der Sanierung des Freibades, der Übernahme des Militärareals, dem Umbau bzw. Sanierung des Bürgerheimes, der Errichtung einer Tiefgarage, dem Orts­marketing, um nur einige zu nennen. Was erwarten Sie sich vom SVP-Reformparteitag im März? Erwin Dilitz: Es ist endlich Klarheit in punkto Mandatsbeschränkung zu schaffen. An dieser Beschränkung darf nicht mehr gerüttelt werden. Die Unvereinbarkeit zwischen Mandatsträgern und Parteifunktionen ist aufzuheben. Natürlich ist auch das Thema der Amtsentschädigungen der Mandatare auf allen Ebenen (Bozen, Rom und Brüssel) ernsthaft anzugehen und eine klare Entscheidung zu treffen. Die „Vorwahlen“ nach unserem Vinschger-Muster sollen im Parteistatut verankert werden. Die Position der JG ist zu stärken. Was ich mir noch erwarte, ist, dass Elmar Pilchler Rolle und Parteisekretär Alexander Mittermaier endlich ihren unwiderruflichen und bedingungslosen Rücktritt erklären, damit eine neue Führungsmannschaft umgehend mit dem Wiederaufbau der Partei und der Rückgewinnung des Vertrauens bei der Bevöl­kerung beginnen kann. Es ist gelungen, während Ihrer Amtszeit ziemlich viele junge Leute zur SVP zu bringen. Bringen die Jungen tatsächlich frischen Wind in die Stube? Erwin Dilitz: Während meiner Amtszeit konnte unter der Federführung von Werner Wallnöfer eine neue Orts­jugendgruppe in Schlanders auf die Beine gestellt werden. Junge Menschen bringen frischen Wind in die Stuben, nur ist es leider so, dass ihnen innerhalb unserer Partei nicht jener ­Stellenwert zuerkannt wird, den sie sich verdienen. Dem Verwaltungsrat des Kulturhauses „Karl Schönherr“ stehen Sie seit 13 Jahren als Präsident vor. Dass es dem Kulturhaus gelungen ist, hochkarätige Kulturangebote in den Vinschger Hauptort zu bringen - es sei hier nur die Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Kulturinstitut genannt - bestreitet niemand. Werden Sie auch diesen „Job“ an den Nagel hängen? Erwin Dilitz: 2010 finden die Gemeinderatswahlen statt und in der Folge wird auch der Verwaltungsrat des Kulturhauses neu zu bestellen sein. Weil ich für eine „Mandatsbeschränkung“ auf allen Ebenen ein­stehe, werde ich für dieses Amt, das ich immer mit Freude und Begeisterung ausgeübt habe, nicht mehr zur Verfügung ­stehen. Von Johann Wallnöfer weiß man, dass er 2010 nicht mehr als Bürgermeisterkandidat antritt, auch wenn die Mandatsbeschränkung im letzten Moment noch fallen sollte. Wer wird sein Nachfolger bzw. seine Nachfolgerin? Erwin Dilitz: Es gibt mehrere fähige Personen, die als Kandidaten in Frage kommen. Mit der weiteren Arbeit in diese Richtung wird sich der neue Ortsausschuss zu befassen haben. Genügend Zeit dazu hat er, denn er wird in Kürze neu bestellt. Interview: Sepp Laner
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.