„Sonst können wir die Autonomie ‚einstampfen’“
Seit 2003 ist Andreas Tappeiner Bürgermeister der „marmorweißen“ Gemeinde Laas.

Andreas Tappeiner denkt an’s Weitermachen

Publiziert in 34 / 2014 - Erschienen am 1. Oktober 2014
Laaser Bürgermeister fordert mehr Gestaltungs-Freiraum für das Land und die Gemeinden Seit 2003 ist Andreas Tappeiner Bürgermeister in Laas. Im Interview mit dem der Vinschger kündigt er an, sich eine erneute Kandidatur im Jahr 2015 vorstellen zu können. der Vinschger: Herr Tappeiner, Sie traten im Mai 2003 als Nachfolger von Wolfgang Platter als Bürgermeister an. 2005 und 2010 wurden Sie in Ihrem Amt bestätigt. Wollen Sie im Mai 2015 erneut antreten? Andreas Tappeiner: Wenn es gewünscht ist und der Rahmen insgesamt stimmt, würde es mich schon reizen, noch einmal als Bürgermeisterkandidat anzutreten. Mit Rahmen meine ich nicht Mitstreiter oder Gefolgsleute, sondern ein geeignetes Umfeld, um als Verwalter die Entwicklung der Gemeinde mitgestalten zu können. Wie ist dieses Umfeld derzeit? Gemeindeverwalter tun sich zurzeit sehr schwer, Vorhaben in bestimmten Zeiträumen umzusetzen. Der Gestaltungsspielraum ist eng bemessen. Das Problem liegt zum Teil beim Land, in erster Linie aber beim Staat. Wenn wir als Land nicht imstande sind, uns von staatlichen Bestimmungen und Fesseln loszureißen und uns den nötigen Freiraum zu verschaffen, können wir die Autonomie „einstampfen“. Das mag zwar provokant klingen, ist aber eines der Grundübel, unter denen wir leiden. Ich erinnere nur an die von Rom angestoßenen Sparzwänge im Gesundheitswesen. Wenn die Idee eines Freistaates immer stärker aufblüht, ist das nicht verwunderlich, wenngleich ich nicht glaube, dass diese Idee umsetzbar ist. Falls Sie als Bürgermeister wiedergewählt werden, erreichen Sie im Mai 2018 eine 15-jährige Amtszeit und nach 15 Jahren müsste laut Mandatsbeschränkung eigentlich Schluss sein. Gilt das in Ihrem Fall nicht? Nach meinem Kenntnisstand können Verwalter, die zum Stichtag der Wahl noch nicht 15 Verwaltungsjahre hinter sich haben, erneut zur Wahl antreten und die neue Periode auch zu Ende führen. Die Opposition im Laaser Gemeinderat war schon zu Platters Zeiten stark und ist es heute noch. Hat sich im Umgang der Regierungspartei mit der Opposition etwas geändert? Wir pflegen bei strategischen Entscheidungen seit jeher den Dialog mit der Opposition. So wurde zum Beispiel erst kürzlich im Gemeinderat eine Änderung der Gemeindesatzung einstimmig beschlossen. Es ging um die Anpassung an das Regionalgesetz, das die Reduzierung der Zahl der Rats- und Ausschussmitglieder vorsieht. Derzeit ­sitzen 7 Personen im Ausschuss, künftig werden es nur mehr 5 sein. Um das Vertretungsrecht der Fraktionen Eyrs und ­Tschengls sowie des Gebietes Allitz und Tanas zu sichern, haben wir im Vorfeld einvernehmlich vereinbart, dass mindestens zwei Vertreter aus den Fraktionen stammen müssen und dass Eyrs, Tschengls sowie Allitz/Tanas jeweils höchstens für eine Periode ohne direkte Vertretung bleiben dürfen. Ob es möglich sein wird, ein weiteres Mitglied in den Ausschuss zu holen, ohne dass dabei das Entschädigungsbudget für die gesamte Verwaltung angehoben wird, bleibt abzuwarten. Überhaupt keinen Sinn, auch nicht den einer Einsparung, sehe ich in der Reduzierung der Zahl der Ratsmitglieder von 20 auf 18. Auch neue Bestimmungen in punkto direkte Demokratie und Volks­abstimmung hat der Gemeinderat beschlossen. In diesem Bereich gab es im Vorfeld ebenfalls ein Einvernehmen mit der Opposition. Zu den Neuerungen, denen der Gemeinderat einhellig ­zustimmte, gehört u.a. die Herabsetzung des Beteiligungsquorums von 40% auf Null. Die zeitlichen Abläufe für die Abhaltung von Volksbefragungen wurden verkürzt. Wahlberechtigt sind alle über 16-Jährigen. Um eine Abstimmung in die Wege zu leiten, braucht es die Unterschriften von 7% der Wahlberechtigten. Trügt der Schein, oder entspricht es der Wahrheit, dass öffentliche Bauvorhaben in der Gemeinde Laas in der Regel relativ rasch umgesetzt werden? Ich nenne etwas das Wohn- und Pflegeheim, den Kindergarten in Laas oder die Grundschule. Wir haben versucht, uns als Verwalter bereits zu Beginn der jeweiligen Periode auf Schwerpunktthemen und Vorhaben zu konzentrieren und uns darauf vorzubereiten. Die Vorbereitung von Vorhaben läuft intern ab und wird außen oft nicht gesehen, obwohl es schon längst so ist, dass die Vorarbeiten sehr viel Zeit in Anspruch nehmen und mit vielen Hürden verbunden sind. Wenn der Bagger endlich auffahren kann, ist das für uns als Verwalter die eigentliche Firstbaumfeier. Ich will damit sagen, dass die lange Vorlaufzeit das Problem ist, und nicht die Arbeiten bis hin zum Aufsetzen des Dachstuhls. Der Zeitraum zwischen dem Auftauchen einer Idee und der Umsetzung ist viel zu lang. Die Leute haben dafür zu Recht kein Verständnis. Ein Thema, das Sie seit Jahr­zehnten beschäftigt und seit 2003 in erster Linie auch als Bürgermeister, ist der Marmorabtransport. Wann wird das Kriegsbeil mit den Nachbarn in Schlanders endlich und endgültig begraben? Ich hoffe, dass die Bemühungen von Landeshauptmann Arno Kompatscher und Landesrat Arnold Schuler fruchten und dass es zu einer Lösung kommt, bei der die Interessen beider Seite berücksichtigt werden und eine Kostengleichheit zustande kommt. Können Sie etwas konkreter werden? Der Marmor aus Göflan soll weiterhin über die Straße abtransportiert werden und der Marmor aus Laas weiterhin über die Schrägbahn, allerdings unter dem Dach eines übergeordneten Konsortiums, sodass Wettbewerbsverzerrungen ein Riegel vorgeschoben wird. Über weitere Details wird Ende Oktober bei einem Treffen diskutiert, an dem neben Kompatscher und Schuler auch Vertreter der zwei Gemeinden sowie der Fraktionen Laas und Göflan teilnehmen werden. In welchen Bereichen konnte Ihre Gemeinde seit 2003 bis jetzt punkten? Was die baulichen Vorhaben betrifft, so haben wir doch - ohne Selbstlob betreiben zu wollen - einiges umsetzen können. Ich nenne etwa das Wohn- und Pflegeheim in Laas, den Kindergarten und die Schule, das Zivilschutzzentrum, Wohnbauzonen in Eyrs und in anderen Dörfern, das Mehrzweckgebäude in Tschengls, die Trink­wasserversorgung in Tanas oder das Feuerwehrgebäude in Allitz. Einiges getan hat sich auch im Bereich der Energie. Auch in diesem Punkt ist es uns gelungen, überparteilich zu agieren und Beteiligungen an Wassergroßableitungen einzuhandeln. Es handelt sich um Einnahmen, die im Gemeindehaushalt mehr als willkommen sind, denn in unserer Kasse wird es immer enger. Wir als Verwalter müssen ehrlich genug sein und den Bürgern nicht Dinge versprechen, die nicht finanzierbar sind. Wenn wir das täten, wären wir andererseits gezwungen, die Steuerschraube nach oben zu drehen. Nach wie vor sehr gut aufgestellt ist das Vereins- und Verbandswesen in unserer Gemeinde, vor allem auch im sozialen Bereich. Das ehrenamtliche Engagement ist ein wahrer Reichtum und verdient größte Wertschätzung. Wo gibt es in Ihrer Gemeinde Defizite? Von Laaser Bürgern habe ich gehört, dass es in Laas zum Teil an Lebensqualität fehle. Viel zu tun gibt es sicher noch in Bezug auf die Nutzung leer stehender Bausubstanz in den Dörfern. Einen Mangel an ­Naherholungszonen sehe ich nicht. Wir haben das Laaser Tal als beliebtes Rückzugsgebiet, das „Litzer Waldele“, Teile des Etschdamms, Bereiche entlang des Radweges und weitere Zonen und Gebiete. Außerdem entsteht in absehbarer Zeit ein zentraler Spielplatz zwischen dem Altersheim und dem „Arzthaus“. Um die Lebensqualität darf es insgesamt nicht schlecht bestellt sein, denn wir verzeichnen steigende Geburtenzahlen und seit heuer gibt es übrigens eine 5. Kindergartensektion. Stichwort Verkehr im Laaser Ortszentrum. Es gibt schon seit einiger Zeit Bestrebungen, im Ortskern von Laas eine Art Fußgängerzone zu schaffen. Ich persönlich stehe diesem Vorschlag eher skeptisch gegenüber, weil damit die ört­liche Verkaufsstruktur gelähmt würde. Mein Vorschlag ist: be­ruhigen ja, ausgrenzen nein. Sie sind zugleich auch Präsident der Bezirksgemeinschaft. Schlägt sich diese zusätzliche Aufgabe auf das Arbeitspensum Ihrer Referenten nieder? Diese Frage müssten Sie den Referenten selbst stellen. Als Bürgermeister habe ich immer versucht, die Referenten eigenständig arbeiten zu lassen. Meine Aufgabe als Bezirkspräsident hindert mich nicht daran, auch meine Zuständigkeiten im Rathaus ernst und möglichst gut zu bewältigen. Werden die Grünwiesen am Laaser Sonnenberg in Zukunft alle in Kirsch-Anlagen verwandelt und mit Netzen überzogen? Der Laaser Sonnenberg ist im Wesentlichen von einer ­Steppenvegetation geprägt. Das wird auch in Zukunft so bleiben. Wenn Bauern am Sonnenberg sich vermehrt dem Kirschenanbau oder anderen Formen der intensiven Landwirtschaft zuwenden, ist das nur zu be­grüßen. Ein großes Problem haben wir, wenn die Leute abwandern. Der Sonnenberg steht und fällt mit dem Leben auf den Höfen. Touristisch gesehen ist Laas nach wie vor eher schwach aufgestellt. Was ist notwendig, damit sich das ändert? Touristisch gesehen hat unsere Gemeinde tatsächlich noch Nachholbedarf. Bereits vorhandene Ansätze für eine bessere touristische Nutzung unseres Markenzeichens Marmor sind fortzusetzen. Besonders wichtig für den Hauptort wäre ein ­größerer Beherbergungsbetrieb mit 50 oder mehr Betten.
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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